Der X-Odus von Twitter/X weg und hin zu anderen Plattformen ist auch in Deutschland in vollem Gange. Seit zwei Jahren verlassen Menschen und Institutionen in Wellen das ehemalige Twitter, doch seit der US-Präsidentenwahl rollt die bislang größte Exodus-Welle. Im Rahmen dieser haben nun heute 66 Journalist:innen, Abgeordnete, Gedenkstätten, Wissenschaftler:innen und Autor:innen aus Deutschland das Netzwerk verlassen, unter ihnen Dunja Hayali, Sawsan Chebli und die grünen Bundestagsabgeordneten Jamila Schäfer und Misbah Khan.
In einem offenen Brief schreiben sie:
Seit der Übernahme durch Elon Musk ist Twitter kein Ort mehr für freie und faire Meinungsäußerung und einen offenen Austausch. Schlimmer noch, Twitter ist ein Ort der Zensur, des Rassismus, Antisemitismus und des rechten Agendasettings geworden. Die Abschaffung von Moderationsmechanismen und die gezielte Verstärkung extremistischer Inhalte untergraben die Grundprinzipien einer deliberativen Plattform und machen X zu einem Werkzeug der Polarisierung, der Manipulation und der Menschenfeindlichkeit.
Die Unterzeichnenden begründen ihren Weggang damit, dass die Plattform nicht mehr mit ihren demokratischen und ethischen Werten vereinbar sei. „Wir sind überzeugt, auch die Mittel der zivilgesellschaftlichen Kommunikation sollten demokratischen Standards folgen“, heißt es weiter. Die Unterzeichnenden haben nach eigener Auskunft ihre Accounts entweder gelöscht oder auf privat gestellt und werden diese nicht mehr aktiv nutzen. Initiiert hatten die Aktion die beiden Autoren Jan Skudlarek und Max Czollek.
Bluesky profitiert
Von den Twitter-Alternativen Mastodon, Threads und Bluesky profitiert derzeit Bluesky am meisten von der Austrittswelle. Der Kurznachrichtendienst hatte zuletzt täglich eine Million neue Nutzer:innen gewonnen, er wächst damit gerade ähnlich schnell wie Threads vom Meta-Konzern. Insgesamt hat die Twitter-Alternative mit Stand heute knapp 24 Millionen registrierte Accounts, von denen zwischen 1,2 und 1,5 Millionen täglich auf der Plattform posten.
Dokument
#eXit von Twitter (Offener Abschiedsbrief)
Twitter war lange Zeit ein sehr guter Ort. Ein Ort, wo Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Journalist*innen sich vernetzen, Nachrichten und Erkenntnisse teilen und nebenbei ziemlich viel Spaß haben konnten. Allerdings sind diese Zeiten lange vorbei. Twitter – heute X – ist ein toxischer Ort geworden, eine Brutstätte von Rechtsextremismus, Wissenschaftsleugnung, Hass und Verschwörungserzählungen. Ein Ort, wo der Betreiber der Plattform dergleichen nicht nur duldet, sondern aktiv fördert und propagiert.
Seit der Übernahme durch Elon Musk ist Twitter kein Ort mehr für freie und faire Meinungsäußerung und einen offenen Austausch. Schlimmer noch, Twitter ist ein Ort der Zensur, des Rassismus, Antisemitismus und des rechten Agendasettings geworden. Die Abschaffung von Moderationsmechanismen und die gezielte Verstärkung extremistischer Inhalte untergraben die Grundprinzipien einer deliberativen Plattform und machen X zu einem Werkzeug der Polarisierung, der Manipulation und der Menschenfeindlichkeit.
Das ist nicht mit unseren demokratischen und ethischen Werten vereinbar. Wir sind überzeugt, auch die Mittel der zivilgesellschaftlichen Kommunikation sollten demokratischen Standards folgen.
Momentan kehren immer mehr Menschen Twitter den Rücken und ziehen auf elon-musk-freie Alternativen um. Bluesky etwa hat innerhalb weniger Wochen Millionen Nutzer*innen hinzugewonnen. Der Guardian ging, die österreichische Medien-Bubble hat sich ebenfalls von X verabschiedet. Vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) über die Leipziger Buchmesse bis zum SV Werder Bremen – der Twitter-Exit schreitet auch in Deutschland immer weiter voran.
Wir, die Unterzeichner*innen dieses Briefes, wollen nun auch diesen Schritt gehen: Wir quittieren den Kurznachrichtendienst X und werden unsere Twitter-Accounts entweder löschen oder auf privat stellen (und ruhen lassen).
Wir bedanken uns für die gemeinsame Zeit – und wir sehen uns andernorts, z.B. auf Bluesky, auf Threads, auf Mastodon oder auf Instagram. Weiter geht’s.
Unterzeichner*innen (66 Einträge, Stand 2.12.24, 9 Uhr):
- Jan Skudlarek, Autor und Dozent (Initiator)
- Max Czollek, Autor (Initiator)
- Dunja Hayali, Journalistin
- Sawsan Chebli, Politikerin und Autorin
- Anne Rabe, Schriftstellerin
- Hanna Herbst, Journalistin
- Arne Semsrott, Journalist
- NS-Dokumentationszentrum München
- Jüdisches Museum München
- Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz
- Seebrücke
- Nabard Faiz, Arzt
- Jamila Schäfer, MdB Bündnis 90/ Die Grünen
- Misbah Khan, MdB, Bündnis 90/Die Grünen
- Johannes Franzen, Autor/Literaturwissenschaftler
- Marcel Lewandowsky, Politikwissenschaftler
- Ari Christmann-Goldzweig, Regisseur
- Bahar Aslan, Lehrerin & politische Bildnerin
- Gudrun Perko, Professorin und Philosophin
- Daniel Kubiak, Sozialwissenschaftler
- Jonas Fegert, Forschungsgruppenleiter
- Benny Fischer, Berater
- Madita Oeming, Autorin
- Pegah Ferydoni, Schauspielerin
- Thomas Stadler, Rechtsanwalt
- Inke Hummel, Autorin und Pädagogin
- Nora Nicklaus, Beraterin
- Julian Schmitz, Psychologieprofessor
- Bob Blume, Autor & Bildungsinfluencer
- Sebastian 23, Autor
- Alexander Roth, Journalist
- Florian Hacke, Kabarettist
- Christian Wobst, Verleger edition claus
- Jo Schück, Journalist und Moderator
- Tommy Krappweis, Autor/Produzent
- Eva Marburg, Kulturjournalistin
- Christian Lübbers, HNO-Arzt
- Tina Absurd, Lehrerin
- Jens Teuber, Pfarrer
- Frederik von Castell, Journalist
- Amrei Bahr, #IchBinHanna-Mitinitiatorin/Philosophin
- Marc Hanefeld, Arzt
- Jan Hegenberg, Buchautor und Blogger
- Oliver Dierssen, Arzt und Autor
- Kristin Eichhorn, #IchBinHanna-Mitinitiatorin/Literaturwissenschaftlerin
- Magda Birkmann, Literaturvermittlerin
- Maximilian Pichl, Rechts- und Politikwissenschaftler
- Marlene Hellene, Autorin
- Eliyah Havemann, Autor
- Florian Kessler, Lektor
- Tom Wannenmacher, mimikama.org
- Haydée Mareike Haass, Vertretungsprofessorin
- Hannah Schmidt, Journalistin
- Jörg Friedrich, Game Designer und Geschäftsführer bei Paintbucket Games
- Jörg Lengersdorf, Geiger und Moderator
- Miriam Buchmann, Lektorin und Korrektorin
- Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss)
- Yannick Haan, Autor und Aktivist
- Michael Kobel, Physikprofessor
- Svenja Hagenhoff, Professorin FAU Erlangen-Nürnberg
- Graduiertenkolleg 2806 der FAU Erlangen-Nürnberg (Account gelöscht am 22.11.2024)
- Jennifer S. Henke, Privatdozentin
- Noa K. Ha, Stadt- und Rassismusforscherin
- Johanna Wenckebach, Gewerkschafterin und Juraprofessorin
- Fabian Eberhard, Journalist
- Stefan Huster, Rechtswissenschaftler
„Seit der Übernahme durch Elon Musk ist Twitter kein Ort mehr für freie und faire Meinungsäußerung und einen offenen Austausch.“ – „… Elon Musk initiated an acquisition of American social media company Twitter, Inc. on April 14, 2022, and concluded it on October 27, 2022.“
Die Zeit bis heute haben zahlreiche Prominente und Intellektuelle benutzt um festzustellen, ob die Plattform mit ihren demokratischen und ethischen Werten vereinbar ist.
Mal davon abgesehen, dass man 25 Monate fuer diese Erkenntnis gebraucht hat… nun die naechste Algorithmenschleider a‘ la Threads zu empfehlen. Ach es ist einfach so anstrengend :/