Digitales ScheiternFunklochamt am Ende

Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft sollte 5000 Mobilfunkmasten errichten und den Funklöchern in Deutschland ein Ende bereiten. Vier Jahre später ist das Projekt selbst am Ende – und kein einziger Mast in Betrieb.

Mann mit Brille und offenem Mund
Andreas Scheuer hatte das Funklochamt ins Leben gerufen. (Archivbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Sven Simon

Von Anfang an stand die vom ehemaligen Verkehrs- und Digitalminister Andreas Scheuer (CSU) ins Leben gerufene Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) unter keinem guten Stern. Jetzt beendet die Ampelkoalition das Projekt zum Jahresende aus Wirtschaftlichkeitsgründen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Unionsparteien hervor, über die Heise Online berichtet hat.

In den knapp vier Jahren seiner Existenz hat das Funklochamt, wie die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft auch spöttisch genannt wurde, gerade einmal zwei Funkmasten errichten lassen, von denen heute aber noch kein einziger in Betrieb ist. Das Bauen von Funkmasten war aber genau die Idee hinter der Gesellschaft gewesen. Bis zu 5.000 Mobilfunkmasten mit einem Budget von 1,1 Milliarden Euro sollten in sogenannten „weißen Flecken“ mit staatlicher Hilfe errichtet werden. So hieß es zumindest in einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die heute nicht mehr verfügbar ist.

Doch nach der Gründung Anfang 2021 lief alles erst einmal ganz langsam. Es dauerte fast ein halbes Jahr bis die Gesellschaft, übrigens eine Tochtergesellschaft der skandalumwitterten Toll Collect, die ersten beiden Stellen besetzt hatte. Bis dahin hatte Andreas Scheuer schon mehr als 200.000 Euro für externe Beratung rund um das Funklochamt ausgegeben. Ein paar Monate später kam dann heraus, dass die Stellenbesetzung drei Mal teurer als geplant war, es hagelte zudem Kritik vom Bundesrechnungshof. Laut dem Bericht bei Heise hat das Funklochamt es bis heute immerhin geschafft, 70 der geplanten 100 Stellen zu besetzen, was allerdings auch nicht dabei half, im größeren Stil den Bau von Mobilfunkmasten umzusetzen.

Kein einziger Mast in Betrieb

Die erste Förderung beschloss das Funklochamt übrigens für einen Funkmasten im Wahlkreis des scheidenden CSU-Ministers. Das hatte damals Benedikt Becker vom Stern entdeckt. Andi Scheuer postete diese Neuigkeit stolz auf Instagram. In einer Pressemitteilung aus dem „Neuigkeitenzimmer“ des Bundesverkehrsministeriums hieß es damals:

Das Gebiet rund um Wegscheid ist förderfähig und hat ein besonders hohes Versorgungspotenzial. Die MIG hat festgestellt, dass dort aktuell mehr als 17 km² und 200 Haushalte unterversorgt sind.

Mit Wegscheid wurde am Nikolaustag 2021 ein erster Standort für das Förderprogramm festgelegt. Der Bundesminister sprach von einer „Deutschlandpremiere bei Mobilfunkförderung“. Man schaffe „mehr Anschluss, mehr Lebensqualität und mehr Digitalisierung für Familien, Unternehmen und Tourismus – kurz: für jeden Einzelnen“. In Andi Scheuers Wahlkreis.

Gebaut wurde aber selbst das Scheuersche Abschiedsgeschenk von der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft offenbar nie: Die einzigen jemals gebauten Funkmasten stehen bei Cham und im Landkreis Soest. Inzwischen hat sich Scheuer aus der Politik verabschiedet – er wird vermutlich Unternehmensberater.

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13 Ergänzungen

  1. Eine Schande, was Andreas Scheuer für finanziellen Schaden in unserer Bundesrepublik angerichtet hat und dass er sich einfach so aus der Verantwortung ziehen konnte

    Mich hätte noch interessiert: Woran ist die Infrastrukturgesellschaft letztlich gescheitert? Wie hätte das Vorhaben besser organisiert werden können?

    1. Funkmasten sind Teil der digitalen Infrastruktur. Telefonieren über das Festnetz war sicher bereits vorher möglich. Es wird sicherlich kein reiner 2G-Mast installiert.

      Da diese Masten in der Gegend stehen, müssen sie auch Kabel im Boden haben. Vielleicht wurden einige davon schon vergraben; diese würden ebenfalls zur digitalen Infrastruktur gehören, da wahrscheinlich Glasfaser verlegt wurde. Der Artikel geht leider nicht darauf ein, ob beispielsweise der Ort im Rahmen des Abschiedsgeschenks Glasfaser bekommen hat und niemand wirklich den Funkmast wollte.

  2. Immer wieder schön bei der Fahrt mit dem Regio von Berlin nach Rostock vier Stunden lang nur mit kurzen Unterbrechungen kein Internet zu haben, weil man durch große Funklöcher reist und es auch kein WLAN im Zug gibt. Man fühlt sich ins letzte Jahrhundert zurückversetzt. Auch schön zu sehen, dass Scheuer weitere 1,1 Mrd Euro für nichts verbrannt hat. Wir haben es ja. Konsequenzen für den Mann? Er wird vermutlich gut versorgt altern trotz seiner beispiellosen Misere, ohne dass er seine Inkompetenz wieder gutmachen muss. Aber ich kann verstehen, dass es keinen Aufschrei gibt. Frau Merkel war ja eine so tolle Kanzlerin mit ihrer genialen Auswahl von Ministerinnen und Ministern. Die meisten Träume, wie schön Deutschland sein könnte, wenn man es einmal mit Profis gestaltet würde, habe ich eh schon begraben. Ich werde mich nur noch wundern, wenn kein Geld sinnlos verbrannt wurde und MinisterInnen sich als kompetent erweisen. Das Gegenteil wäre ja aufgrund der gemachten Erfahrungen reiner Irrsinn.

  3. Kann man noch bitte im Text ergänzen, wieviel Geld/Steuermittel in der Summe im Zusammenhang mit dem Funklochamt durch Andi Scheuer aufgewendet = verschwendet wurden?

    Gibt es eigtl. schon den Begriff etwas zu Scheuern = in den Sand setzen / Steuergelder zu verschwenden?

    1. > Gibt es eigtl. schon den Begriff etwas zu Scheuern = in den Sand setzen

      Es gibt das Wort bescheuert. Dazu Duden Deutsches Universalwörterbuch:

      bescheuert, Adj. [zu ugs. scheuern = prügeln, eigtl. = jmdn. so lange prügeln, bis er den Verstand verloren hat] (salopp): a) nicht recht bei Verstand: du bist wohl b.!; b) ärgerlich, unerfreulich: eine -e Mitteilung.

      Dann gibt es noch Scheuersand, der in die Augen von Geldgebern gestreut werden kann.

      Der Andi hat es aber wohl mehr mit der Scheuer in die er seine Ernte einfahren möchte.

  4. Der unfähigste Minister die je ein Ministerium inne hatten. Von dem würde ich keine Beratung annehmen. Der soll zum Bau mit der Hand Löcher Schaufeln.

    1. So unfähig war er eben doch nicht, nur nicht im Interesse des Landes und im Sinnes seines Amtseides. Bei genauerem Hinsehen gab es doch Profiteure, denn irgendwo muss das „verschwendete“ Geld ja geblieben sein.

      Das muss einer erst mal fertigbringen, eine doch recht beträchtliche finanzielle Umverteilung als bedauerliches Scheitern aussehen zu lassen.

      Und wie das geht, das dürften sich manche etwas kosten lassen, um das in Variationen nachzuspielen.

    2. Kompetenz wird in den oberen Kreisen der Gesellschaft alleine über persönlichen Erfolg definiert, und persönlicher Erfolg alleine über Geld und Privilegien. Sowas wie Scham oder objektive Fähigkeiten und Resultate sind nur etwas für die unteren Schichten, da steht man souverän drüber.

      In dieser Sicht war Scheuer fähig und erfolgreich, so wie Lindner fähig und erfolgreich ist. Warum die Wähler, die zum allergrößten Teil dadurch Schaden nehmen, solche Leute und deren Parteien wählen, ist mir persönlich unverständlich.

  5. Ist ja, klar bei unserer Bananenrepulblik, das setzt Oberkompetenzen in die Bahn wie den Herrn Mehdorn, und wenn als er da genug kaputt gemacht hat, ging mit dem gleich weiter zur Aufsicht des Baus des Berliner Flughaftens.
    Gleiches Spiel bein Andi Scheuer, erst das Maut-Fiasko, dann ihn die Städte mit Elektroschrott vollmüllen lassen, um ihn anschließend als Abrissbirne im der Funklochgesellschaft zwischen zu parken.

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