DNA, Gesichtsbilder und FingerabdrückeBiometrische BKA-Systeme enthalten Datenblätter zu zehn Millionen Personen

In zunehmendem Umfang fragen Polizeibehörden biometrische Daten ab, immer öfter auch mit Erfolg. Die Suche erfolgt in deutschen und europäischen Informationssystemen. Nicht immer sind die dabei erzielten Treffer allerdings vertrauenswürdig.

Das Bild zeigt einen Monitor auf dem ein Programm zum FIngerabdruck-Vergleich geöffnet ist.
Im AFIS des BKA sind derzeit Fingerabdruckspuren von 5,5 Millionen Personen gespeichert. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Jochen Tack

Seit 2008 können deutsche Polizeien biometrische Lichtbilder in der INPOL-Datei beim Bundeskriminalamt (BKA) durchsuchen. Hierzu nutzen die Behörden ein Gesichtserkennungssystem (GES), das ebenfalls über das BKA zur Verfügung gestellt wird. Derzeit sind dort rund 5,5 Millionen Portraitbilder von 3,6 Millionen Personen recherchefähig gespeichert. Das schreibt das Bundesinnenministerium in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Neben dem BKA können auch die Bundespolizei und Landeskriminalämter das GES nutzen. 2021 nahmen die Behörden dort insgesamt 90.425 Abfragen vor, gegenüber 2020 ist dies eine Zunahme um etwa 20 Prozent. 4.990 Personen wurden dabei identifiziert, im Jahr zuvor waren es noch 4.403.

Die LINKE-Abgeordneten erkundigen sich jährlich nach Speicherungen in deutschen und europäischen Polizeidatenbanken, deshalb sind die Zahlen mit dem Vorjahr vergleichbar. Demnach ist die Anzahl der Lichtbilder im GES um rund 400.000 gesunken. Als Grund gibt das Ministerium an, dass mehr Einträge gelöscht als hinzugefügt wurden. Die zentral gespeicherten Fotos stammen entweder aus erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach einer Festnahme (3,2 Millionen) oder im Bereich des Asylgesetzes (2,2 Millionen). Alle Schutzsuchenden müssen bei einem Asylantrag in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ihre biometrischen Daten abgeben.

Gesichtserkennungssystem soll erneuert werden

Das seit 2008 genutzte Gesichtserkennungssystem stammt von der Firma Cognitec aus Dresden. Seit Jahren plant das BKA eine Erneuerung und hat hierfür mit dem Fraunhofer-Institut für graphische Datenverarbeitung marktverfügbare Software begutachtet, darunter von den Herstellern Cognitec, NEC, AnyVision, Idemia und VisionLabs.

Die betrachteten Systeme basieren unter anderem auf „Methoden des maschinellen Lernens, insbesondere Deep Convolutional Neural Networks“, schreibt das Innenministerium. Im Ergebnis heißt es, dass die Cognitec-Software in der derzeitigen Version „nicht mehr allein allen polizeilichen Anforderungen gerecht wird“. Ein Ersatz ist aber noch nicht bestellt.

Fingerabdrücke zu 5,5 Millionen Personen

In zunehmenden Umfang machen die Behörden von Bund und Ländern zudem vom einem Vergleich der Fingerabdrücke Gebrauch. Im „Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungs-System“ (AFIS) sind derzeit 5,5 Millionen Personendatensätze gespeichert (2020: 5,3 Millionen), außerdem rund 546.00 ungelöste Tatortspuren. Die ebenfalls beim BKA geführte DNA-Analyse-Datei enthält rund 837.000 Muster identifizierter Tatverdächtiger (2020: 870.000) und 384.000 Datensätze zu unbekannten, gesuchten Personen.

Deutsche Behörden können über ihre Teilnahme an EU-Informationssystemen außerdem auf rund 6,5 Millionen Fingerabdruckblätter in der Eurodac-Datei zugreifen. Deutlich mehr Fingerabdruckdaten enthält das Visa-Informationssystem (VIS), dort liegen rund 55 Millionen Datenblätter. Polizeien aus Deutschland haben für diese Daten im Jahr 2021 insgesamt 1.404 Anträge auf Zugang gestellt.

13 falsche Treffer im Schengener Informationssystem

Seit 2018 bietet auch das Schengener Informationssystem (SIS II) die Möglichkeit, dort gespeicherte Fingerabdrücke mit einem AFIS zu durchsuchen, seit über einem Jahr ist die Anbindung an das SIS-AFIS für alle Schengen-Mitgliedstaaten verpflichtend. Aktuell sind im SIS II rund 294.000 daktyloskopische Datensätze hinterlegt. Letztes Jahr erzielten deutsche Behörden darüber rund 23.800 Treffer, das ist mehr als das Vierfache im Vergleich zum Vorjahr.

Nicht immer erwiesen sich die gefundenen Datenblätter jedoch als korrekt. Nach Abfragen des SIS-AFIS wurden aus Deutschland 13 Treffer als „false hits“ erkannt und an die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-LISA) gemeldet. Weitere drei falsche Treffer wurden von deutschen Behörden in Eurodac erkannt.

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