Transparenzbericht Juni 2021Unsere Einnahmen und Ausgaben und die andere Seite

Im Juni steckten wir mittendrin in personellen Entscheidungen. Drei Stellen waren ausgeschrieben. Insgesamt erreichten uns über 100 Einsendungen. Wir lasen jede einzelne und sprachen mit einem kleinen Teil davon. Und wenig überraschend: Absagen machen gar keinen Spaß. Zusagen aber umso mehr. Und ich erinnere mich zurück an mein Gespräch vor fünf Jahren.

Eine Brücke, die Lust darauf macht, sie zu überqueren. CC public domain Claude Monet

Ich erinnere mich noch ziemlich genau an mein Vorstellungsgespräch bei netzpolitik.org. Aufgeregt und viel zu früh saß ich im Hof und wurde direkt vom Hausmeister ermahnt, weil ich auf der Treppe saß, die zum Eingang des Hausverwalters führte. Der Hausmeister von damals ist mittlerweile in Rente und seitdem gab es zwei Wechsel. Es gibt also niemanden mehr, der noch von meinem Einstiegsfauxpas weiß.

Im Dachgeschoss nahm mich Markus Beckedahl in Empfang. Ich hatte mir große Gedanken gemacht, was man denn wohl bei einem Vorstellungsgespräch bei netzpolitik.org anzieht. Nicht zu förmlich, aber auch nicht in Jogginghose. Doch selbst mein sportlicher Blazer war vielleicht schon etwas zu formell. Das weiß man vorher nie. Einige Redaktionsmitglieder haben bis heute Alibiblazer im Büro hängen, falls es bei einem Interview oder einer Anhörung doch mal notwendig wird.

Der nullte Tag

Outfit hin oder her: Wir haben schnell festgestellt, dass das passen könnte, wenn ich auch dachte, dass eine halbe Stelle für den Umfang der Aufgabe schwer reichen wird. Nichtsdestotrotz kam es zu einem zweiten Gespräch mit allen Redaktionsmitgliedern von damals: Markus und Markus, Andre, Anna, Constanze und Tomas saßen mir gegenüber. Gut, dass ich keine Ahnung hatte, was auf mich zukommt, denn da saß eine interessante Mischung und wer Constanze kennt, weiß, dass sie berühmt und berüchtigt für ihre scharfen, sehr direkten Fragen ist. Das wusste ich damals noch nicht und dachte mir nur: „Was will sie von mir?“ – Heute sind wir ein Herz und eine Seele.

Nun saß ich also vor ihnen mit meinem auf Papier ausgedruckten Plan, was die ersten Aufgaben und Fragen sein könnten. Und obwohl ich für den Ausdruck auf Papier verschmitzte Reaktion erntete (Beamer ist zu riskant und umständlich), kam schließlich mein erster Arbeitstag im April 2016.

Das erste Mal selbst einstellen

Seitdem haben wir zwölf neue Leute eingestellt, sieben davon sind bis heute da, drei Neue fangen in diesem Sommer und Spätsommer bei uns an, zwei sind zu anderen Ufern aufgebrochen.

War ich bei der Auswahl für neue Redaktionsmitglieder eher Zaungast, weil die Redaktion schließlich zusammen funktionieren muss und wir wenig Schnittpunkte im alltäglichen Geschäft haben, saß ich im Juni 2021 bei der Einstellung einer Leitung für den Bereich Finanzen in der ersten Reihe. Es war sehr spannend, auf der anderen Seite zu sitzen und tatsächlich jemanden einzustellen, nicht selbst eingestellt zu werden. Ich war fast genauso nervös, denn ich wollte einen Menschen einstellen, der fachlich genau das trifft, was ich mir für den Bereich vorstelle und natürlich auch menschlich passen muss. Nicht zuletzt ist ein Vorstellungsgespräch ja eine Vorstellung aller Beteiligten. Auch wir wollen uns in einer Art und Weise darstellen, die Lust macht, hier zu arbeiten.

Soll es ein Abhaken von Fragen sein oder ein offenes, lockeres Gespräch, werden die üblichen Bewerbungsgesprächsfragen gestellt? Ich entschied mich für das offene Gespräch – ohne die Fragen nach den drei größten Schwächen und Stärken. Und nach etwa dreißig gelesenen Bewerbungen und sechs Gesprächen blieb eine Person übrig, die es werden sollte. Und sie wollte auch.

Auch die anderen Stellen haben wir inzwischen besetzt, die neuen Leute fangen nach und nach an. Der Transparenzbericht erscheint ja immer etwas zeitversetzt, doch wir stellen euch später im Jahr alle an geeigneter Stelle vor und dann könnt ihr euch selbst ein Bild machen. Wir freuen uns auf jeden Fall riesig über die Neuzugänge, die dann auch bald in diesem Teambild zu sehen sein werden.

An dieser Stelle schon einmal vielen Dank an euch alle! Ihr macht das alles möglich und wir freuen uns jedes Mal, wenn wir euch hinter die Kulissen mitnehmen können.

 

Auf dem Bild sind unsere Redaktionmitglieder:innen abgebildet. (Markus, Andre, Stefanie, Jana, Markus, Övünç, Tomas, Ingo, Constanze, Mark, Alex, Chris, ole, Anna, Daniel)
Unsere feste Redaktion besteht mittlerweile aus 15 Personen, darunter ein Kreativteam, einem IT-ler, eine Büroleitung, verteilt auf 11,9 Vollzeitstellen, plus zwei Praktis und einer Handvoll fester Freier, die kontinuierlich, aber ehrenamtlich mitarbeiten. - CC-BY-NC-SA 4.0 netzpolitik.org - owieole

 

Die harten Zahlen

Im Juni des Vorjahres bekamen wir die größte Spende einer Einzelperson in unserer Geschichte. Daher haben wir im Juni 2021 das erste mal in diesem Jahr die Situation, dass wir weniger Spenden (54.549 Euro) erhielten als im Vorjahresmonat (60.529 Euro). Wenn man auf die wiederkehrenden Spenden, sieht die Situation aber schon etwas anders aus: Die regelmäßigen Spenden sind im Vergleich zum Juni 2020 um 19 Prozent gestiegen. Große, einmalige Spenden sind natürlich sehr erquickend, aber Planungssicherheit bieten uns vor allem die stabilen, regelmäßigen Spenden.

Ganz konkret gehört dazu die Einstellung von neuen Menschen bei uns. Wir haben jeweils eine Stelle für IT und Finanzen ausgeschrieben und mittlerweile besetzt. Wir haben gute Rücklagen aufgebaut, um einen Zeitraum zu kompensieren, in dem die Spenden noch nicht so hoch sind, um die Stellen dauerhaft halten zu können. Die neue Redaktionsstelle füllt eine Lücke, die durch den Weggang von Daniel entstand. Diese Stelle schlägt also nicht zusätzlich zu Buche und ändert an den Personalkosten nichts.

Das Ziel ist, in den nächsten sechs bis zwölf Monaten regelmäßig 60.000 Euro monatliche Spenden zu erhalten. Momentan sind sie sehr stabil zwischen 53.000 und 55.000 Euro und eine Steigerung von 10 Prozent ist denkbar – zumindest wenn man die Entwicklung der letzten zwölf Monate betrachtet.

Die Spendenentwicklung 2020 bis 2021
Die Spendenentwicklung 2020 bis 2021 - CC-BY-NC-SA 4.0 owieole

Den Einnahmen in Höhe von 55.112 Euro im Juni standen 73.846 Euro Ausgaben gegenüber. Das ergibt ein Defizit von 18.734 Euro. Diese Defizite sind für den Moment noch in Ordnung, aber wir streben an, das Defizit mittelfristig zu minimieren. Der größte Posten der Ausgaben ist das Personal mit 59.450 Euro. Dahinter die üblichen Kosten für Miete (4.565 Euro), Infrastruktur (1.597 Euro) sowie für unsere freien Journalistinnen und die externe Buchhaltung (zusammen 2.240 Euro).

Unsere Einnahmen und Ausgaben im Juni 2021
Die Spendenentwicklung 2020 bis 2021 - CC-BY-NC-SA 4.0 owieole

Es gibt jedoch auch einen neuen Posten. Wie schon im Transparenzbericht aus dem Februar beschrieben: Wachstum muss gut gestaltet werden, wenn es nachhaltig sein soll. Was man früher noch im kleinen Kreis entscheiden konnte, braucht heute Strukturen. Seit Juni arbeiten wir deshalb an einer Organisationsentwicklung, um netzpolitik.org gut für die Zukunft aufzustellen und die Spendengelder bestmöglich einzusetzen.

Wie das für wachsende Organisationen üblich ist, haben wir uns dafür Unterstützung von außen geholt. Der hier als Beratungkosten benannte Posten beinhaltet unsere Klausurtagung, bei der sich das gesamte Team von netzpolitik.org e. V. an zwei Tagen mit Begleitung von zwei erfahrenen Organisationsentwicklerinnen traf. Location, Essen, Hygieneausstattung, Anfahrt und Unterkunft für außerhalb von Berlin Wohnende und Tests für 17 Personen ergeben dann zusammen 3.885 Euro. Es war so schön, alle wiederzusehen, manche gar zum ersten Mal – wie Jana Ballweber, die im vergangen Jahr ein digitales Praktikum bei uns absolvierte und nun Werkstudentin bei uns ist.

Vom fünf- zum siebzehnköpfigen Team in fünf Jahren ist es eine sehr spannende und herausfordernde Reise. Vielen Dank, dass ihr ermöglicht, dass es netzpolitik.org schon so lange gibt, dass es sich entwickeln und wachsen kann und wir für Grund- und Freiheitsrechte im digitalen Zeitalter eintreten können!

Danke für Eure Unterstützung!

Wenn ihr uns unterstützen wollt, findet ihr hier alle Möglichkeiten. Am besten ist ein Dauerauftrag. Er ermöglicht uns, langfristig zu planen:

Inhaber: netzpolitik.org e. V.
IBAN: DE62430609671149278400
BIC: GENODEM1GLS
Zweck: Spende netzpolitik.org

Wir freuen uns auch über Spenden via Bitcoin oder Paypal.

Wir sind glücklich, die besten Unterstützerinnen und Unterstützer zu haben.

Unseren Transparenzbericht aus dem Mai findet ihr hier.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

2 Ergänzungen

  1. Ich freue mich über eure Entwicklung, die Themen die ihr angeht (auch wenn ich nur wenige davon lese…. :-o euch aber sehr gern unterstütze.
    Es ist prima, dass ihr euch Unterstützung von außen holt und auf Stabilität und moderate Weiterentwicklung bedacht seit. So etwas wie euch, werden wir als Netzcommunity, immer brauchen. DANKE dafür!
    Ich wünsche (und hoffe für) euch, dass es gelingt den Spirit, die Gemeinsamkeit und Gemeinschaft weiterzuentwickeln und ihr weiter so engagiert und von euren MItgliedern und Fans getragen werdet.
    Alles erdenklich Gute
    Wolfgang

    1. Vielen Dank für deine lieben und motivierenden Worte, Wolfgang!
      Das gesamte Team hat sich sehr über deine Nachricht gefreut. Da kann der Tag nur gut werden :)

      Viele Grüße
      Stefanie

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.