Da haben die selbsternannten „liberal-konservativen“ Netzwerke mal wieder jubiliert. Konnten Sie doch endlich eine linke, nicht-weiße, erfolgreiche 20-jährige Frau ihres gesellschaftspolitischen grünen Endgegners quasi ungestraft durchs Netz treiben. Sarah-Lee Heinrich wurde am Wochenende zur Bundessprecherin der Grünen Jugend gewählt – und seitdem tobt ein heftiger Shitstorm, der gerade in eine Vielzahl von Morddrohungen mündet.
Seit zwei Tagen kramen die Springers, Schunkes, Greenwatcher und Fleischhauers zusammen mit einer Melange unappetitlicher neurechter und rechtsradikaler Accounts uralte Tweets von Sarah-Lee Heinrich heraus. Die gut-geölte Hassmaschinerie läuft, wie so oft schon, jede Woche werden Menschen mit progressiven Positionen von den rechten Kulturkämpfern durchs Netz gejagt.
Kulturkampf mit Desinformation
Und während von diesen Demagogen durch die Gnade der frühen Geburt keine Relikte pubertierender Social-Media-Aussagen vorhanden sind, muss sich eine 20-jährige Politik-Einsteigerin jetzt mit aus dem Kontext gerissenen, um das Datum gephotoshoppten Tweets auseinander setzen, die sie mit 13, 14 oder 15 Jahren abgesetzt hat.
Die Tweets klingen nach Schulhof, impulsiv, auf Krawall gebürstet. Die Aussagen sind teilweise hochpeinlich, ableistisch und homophob, das ist klar. Das weiß auch Sarah-Lee Heinrich selbst, sie hat sich dafür entschuldigt.
Ich will in einer Gesellschaft leben, die Menschen verzeiht, wenn diese ihre pubertären Fehler einsehen. Es sagt mehr über diejenigen aus, die die unüberlegten Aussagen einer 14-Jährigen als Munition gegen den politischen Gegner zu benutzen, als über die betroffene Person selbst. Und wer es nötig hat, die Aussagen einer 14-Jährigen auch noch absichtlich falsch darzustellen, zu verdrehen oder zu verändern und gleichzeitig aus dem Kontext zu reißen, der hat nun wirklich jeden Kompass des politischen Anstands verloren und betreibt Hetze und Desinformation. Es sind die gleiche Kräfte, die sonst zu Rassismus, Sexismus und Antisemitismus schweigen, die jetzt die linke grüne Politikerin als Rassistin zu brandmarken versuchen. Die Strategie ist so einfach wie durchschaubar.
Schwarz-braunschäumende Hassbubble
Die weißen rechten Damen und Herren schäumen jetzt vom imaginierten Rassismus gegen Weiße, weil Heinrich vor zwei Jahren einmal von der „ekligen weißen Mehrheitsgesellschaft“ gesprochen hat. Mal abgesehen davon, dass das Gerede vom Rassismus gegen Weiße politikwissenschaftlich Bullshit ist: Heinrichs Gegner unterschlagen, dass sie sich schon damals entschuldigte, weil sie eigentlich „ungerecht“ statt „eklig“ meinte. Dass so etwas unter den Tisch gekehrt wird, ist nur konsequent, denn diesen Herren und Damen geht es darum, Sarah-Lee Heinrich mundtot zu machen. Da ist offenbar jedes Mittel recht.
Schaut man sich beteiligte Accounts auf Twitter an, dann monieren diese lautstark angeblichen Rassismus von Heinrich, aber retweeten ein paar Tweets zuvor die AfD, islamophobe Artikel und rechtsradikale Projekte. Ganz im Gegensatz zu ihrer schwarz-braunschäumenden Gegnerschaft, hat die Bundessprecherin der Grünen sich von ihren peinlichen Jugend-Aussagen distanziert. Die rechte und neurechte Hassbubble hingegen verpackt ihr von Sexismus, Rassismus und Nationalismus geprägtes ewig-gestriges Gesellschaftsbild stets in neue Worte und lenkt von diesem – frei nach Toni Morrison – mit gezielten und koordinierten Shitstorms immer wieder ab.
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