FritzfeedVirale Propaganda

Mit einem neuen Jugendportal will die rechte Szene Anhänger:innen ködern. Die Macher:innen haben enge Verbindungen zu AfD-Politikern und ins rechtsextreme Milieu. Wer hinter den Artikeln steckt, soll geheim bleiben.

AfD-Politiker Roger Beckamp und "Fritzfeed"-Gründer Christian Schäler 2019 bei einer Veranstaltung in Köln.
AfD-Politiker Roger Beckamp und „Fritzfeed“-Gründer Christian Schäler 2019 bei einer Veranstaltung in Köln. – Alle Rechte vorbehalten privat

Macher von „Fritzfeed“ arbeiten nach neuen Recherchen von netzpolitik.org und bento in Nordrhein-Westfalen für die AfD und die Landtagsfraktion – einer von ihnen sogar als Pressesprecher. Am Telefon lässt er sich verleugnen.


„Fritzfeed“ verspricht „Unterhaltung ohne Gendersternchen“. Zumindest sprachlich scheint die Seite dieses Versprechen bislang zu erfüllen. Das Portal gibt sich harmlos, ist aber ein weiterer Ansatz, rechtsradikale Inhalte jugendtauglich als Lifestyle zu verkaufen.

Erst seit wenigen Tagen ist die Seite online. Mit ihren Artikeln in Listenform und Quizzen wirkt sie wie der Versuch einer rechten „Buzzfeed“-Kopie. Statt um Disneyfilme und Urlaubsziele geht es hier jedoch um Trump-Zitate, kriminelle Ausländer:innen und Skepsis am Klimawandel, ergänzt durch bunte Grafiken, die direkt auf Instagram und Facebook landen.

Recherchen von netzpolitik.org und bento zeigen, dass der Gründer der Seite seit Jahren in der rechten Szene aktiv ist. Er und seine Mitstreiter:innen haben nicht nur enge Verbindungen zu AfD-Politikern und der Jungen Alternative (JA), sondern auch ins rechtsextreme Milieu rund um die Identitäre Bewegung (IB) und zu anderen Medien, die teils vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Die bunte Aufmachung der Seite kann nicht lange darüber hinwegtäuschen, dass die Seite rassistische und rechtsradikale Botschaften transportiert. So heißt es auf „Fritzfeed“ etwa, Vergewaltigungen seien „in der südafrikanischen Lebensweise tief verwurzelt“. Gleich mehrere Artikel beschäftigten sich obsessiv mit Muslimen. An anderer Stelle kokettiert die Seite mit rechten Geschichtsbildern. Der Film „Stalingrad“ wird unter anderem empfohlen, weil er „ohne blindes Wehrmacht-Bashing“ auskomme, der Untergang des Römischen Reichs wird mit „überhöhtem Ausländeranteil“ und „Dekadenz“ begründet und mit der Gegenwart verglichen.

Neue Strategie der rechten Szene

Aus Sicht von Miro Dittrich, Referent der Amadeu Antonio Stiftung, soll die Seite gezielt an bekannte Angebote erinnern: „Fritzfeed ist der offensichtliche Versuch, ein sehr niedrigschwelliges, witziges Portal zu schaffen. Die Strategie ist, über ein sehr simples Angebot Leute zu erreichen, die noch nicht in der Szene sind, und die eigenen Anhänger zu unterhalten.“

Eine Woche nach Start lässt sich der Erfolg der Seite schwer einschätzen, doch rechte Aktivist:innen werben in sozialen Medien seit Tagen für „Fritzfeed“. „Ein neues, freches patriotisches Portal“, twitterte etwa Max Otte, Mitglied der ultrakonservativen CDU-Gruppierung WerteUnion.

Über die „Fritzfeed“-Macher:innen war bislang kaum etwas bekannt. Kein einziger Artikel wurde unter Klarnamen verfasst. Auf Profilen sind Nachnamen gekürzt, ein Großteil der Beiträge erscheint anonym. Im Impressum steht ein Name: Christian Schäler.

Bereits seit Jahren in der Planung

Der heute 27-Jährige meldete „Fritzfeed e.K.“ bereits im November 2018 als Firma an. Auf Nachfrage bezeichnet er sich als „Inhaber und Chefredakteur“. Die Inhalte der Seite stammten von „aktuell zwölf Personen“.

Welche Strukturen stecken hinter dem aufwändigen Projekt? Und wer könnte davon profitieren?

Die im Handelsregister hinterlegte Adresse von Schälers Unternehmen führt nicht zu seinem Wohnort, sondern an den Hohenzollernring in Köln. Offiziell hatte das Unternehmen dort seinen Gründungssitz – am selben Ort, an dem damals auch die Kanzlei des Rechtsanwalts Roger Beckamp war. Dieser sitzt seit 2017 für die AfD im Düsseldorfer Landtag. Dort ist der baupolitische Sprecher vor allem für seinen YouTube-Kanal mit 31.000 Abonnenten bekannt.

AfD-Abgeordneter bestätigt Unterstützung

Beckamp verbreitete als einer der ersten die Inhalte von „Fritzfeed“. Auf Twitter bezeichnete er die Seite als „kleines Licht in dunkler Zeit“. „Ich bin nicht an dem Projekt beteiligt, ich bin lediglich in Einzelfragen rechtlich als Anwalt tätig“, teilt er schriftlich mit. Er betreue den Betreiber der Seite juristisch.

Im Impressum von „Fritzfeed“ taucht inzwischen eine weitere Adresse Beckamps auf, ein Wohnhaus im Westen von Köln. Auf dem Klingelschild dort ist wenig von einer Kanzlei zu sehen, nicht einmal Beckamps Name steht dort. Ein Blick ins Wahlregister zeigt, dass der Anwalt die Adresse bereits 2014 als Hauptwohnsitz angab, als er für den Kölner Stadtrat kandidierte. Beckamp teilt mit, er stelle die Adresse bei Bedarf „auch Mandanten zur Verfügung, dies ist bei Anwälten üblich“.

Mehr Kontakt als eingeräumt

Beckamps Kontakt zum „Fritzfeed“-Gründer ist allerdings deutlich umfangreicher als er ihn in seiner E-Mail darstellt. netzpolitik.org und bento liegen Fotos vor, die belegen, dass Schäler Beckamp seit Jahren wiederholt bei seiner politischen Arbeit unterstützte.

Immer wieder begleitete der heutige „Fritzfeed“-Gründer den AfD-Politiker demnach als Kameramann für seinen YouTube-Kanal. Im April 2019 drehte das Duo bei gleich zwei Demonstrationen in Köln.

Auch in der rechten Szene waren Beckamp und Schäler gemeinsam unterwegs. Im Oktober 2018 besuchte Beckamp das Hausprojekt der Identitären in Halle. Fotos zeigen, wie der Politiker den Besuch nutzt, um eigene Videos zu drehen. Auch damals an seiner Seite: Christian Schäler.

Im Quelltext der aktuellen Startseite der AfD-Fraktion Nordhrein-Westfalen wird als Autor der Nutzer
Im Quelltext der aktuellen Startseite der AfD-Fraktion Nordhrein-Westfalen wird als Autor der Nutzer „cschaeler“ aufgeführt. Seitenbesuchern bleibt dies verborgen, der Verfasser wurde ausgeblendet. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot netzpolitik.org und bento

Beckamp dementiert, dass Schäler für ihn arbeite. Nach Recherchen von netzpolitik.org und bento könnte der „Fritzfeed“-Gründer jedoch auch für die nordrhein-westfälische AfD-Fraktion tätig gewesen sein. Mehrfach ist im Quelltext deren Website „cschaeler“ als Autor aufgeführt, zuletzt auf einer Unterseite zur Corona-Pandemie.

AfD-Fraktion schweigt zu „Fritzfeed“-Gründer

Fragen zu seiner möglichen Arbeit für die AfD-Fraktion oder einzelne Abgeordnete lässt Christian Schäler unbeantwortet. Stattdessen teilt er mit: „Ich wurde bei dem Projekt in keiner Weise von der AfD oder der JA unterstützt. Auch bin ich dort kein Mitglied.“ Ein Sprecher der Fraktion teilt schriftlich mit: „Über Mitarbeiter bzw. Anstellungsverhältnisse geben wir aus datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Auskünfte.“ Mit „Fritzfeed“ habe die Landtagsfraktion „nichts zu tun“.

Obwohl die AfD auf „Fritzfeed“ nur an wenigen Stellen beiläufig erwähnt wird, weist das Projekt engste Bezüge zur Partei auf. Noch heute ist ein Feed des Twitter-Accounts „AfDKompakt“ in die Website eingebettet, obwohl er nicht mehr genutzt wird. Auf Umwegen einsehbare Autor:innenprofile lassen auf aktive Mitglieder von AfD und JA sowie Autor:innen des rechten „Arcadi“-Magazins schließen. Mehrere sind online mit Personen aus dem rechtsextremen Burschenschaftsmilieu befreundet.

Tino Perlicks inzwischen verschwundenes Autorenprofil auf Fritzfeed. Die Grafik stammt von einem Portal, für das Perlick vor Jahren schrieb. Das Konto beim Profilbild-Dienst Gravatar ist nachweislich mit seiner E-Mail-Adresse verknüpft.
Tino Perlicks inzwischen verschwundenes Autorenprofil auf Fritzfeed. Die Grafik stammt von einem Portal, für das Perlick vor Jahren schrieb. Das Konto beim Profilbild-Dienst Gravatar ist nachweislich mit seiner E-Mail-Adresse verknüpft. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot netzpolitik.org und bento

Nicht alle Autor:innen scheinen mit der nachweisbaren Verbindung zur Seite „Fritzfeed“ heute noch zufrieden zu sein. Das Profil von Tino Perlick, das als eines der ersten erstellt wurde, verschwindet weniger als drei Stunden, nachdem er und Schäler eine Anfrage zu seiner Mitarbeit an der Seite erhalten haben. Zeitgleich werden innerhalb von Minuten noch mindestens acht weitere Nutzerprofile abgeschaltet.

Perlick ist Mitglied in der AfD, auf der Seite der nordrhein-westfälischen Fraktion ist außerdem auch ein Nutzerkonto „tperlick“ registriert. In der Vergangenheit arbeitete er lange Zeit als Redakteur für das rechtsextreme „Compact“-Magazin, das inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Heute hält er für AfD und JA Vorträge zum Umgang mit der Presse.

Ein weiterer „Fritzfeed“-Autor ist Tim B. Sein voller Name ist netzpolitik.org und bento bekannt, über sein Profilbild und weitere persönliche Informationen ist er eindeutig identifizierbar. Kurz nach einer Anfrage per E-Mail ändert er seinen Nachnamen auf Facebook, Fragen lässt er unbeantwortet. Die Geheimniskrämerei dürfte nicht ohne Grund erfolgen: B. ist nicht nur der aktivste namentlich identifizierbare „Fritzfeed“-Autor, sondern seit Jahren auch im Umfeld der rechtsextremen Identitären präsent. Ein Foto etwa zeigt ihn im Zusammenhang mit einer IB-Aktion im Dezember 2016. Aktivist:innen waren damals auf das Dach des Kölner Hauptbahnhofs gestiegen und hatten ein Banner ausgerollt.

Website soll Geld einbringen

Anfragen zu ihren Autor:innenprofilen ließen Perlick und Tim B. unbeantwortet. Auch Christian Schäler will sich zu ihnen nicht weiter äußern.

Schäler sagt, er arbeite bereits seit 2016 an der Website. Belege dafür nennt er nicht. Anfang 2019 ist eine Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt registriert, die große Pläne offenbart: Beantragt wurde eine Eintragung für Publikationen im Netz, Zeitschriften und Werbeanalysen. Laut Patentamt gilt der Antrag inzwischen als zurückgenommen.

Dass die Website nicht nur unterhaltsam Themen der Neuen Rechte verbreiten, sondern auch Geld einwerben soll, zeigen mehrere unbelegte Werbeplätze. Woher bislang die Finanzierung kommt, ist jedoch unklar. Schäler sagt, die Seite finanziere sich bislang „vorwiegend aus Idealismus“.

Dass auch gezielt Geld investiert wurde, zeigen drei bezahlte Anzeigen, die bereits kurz nach dem Start auf Facebook und Instagram geschaltet wurden. Eine weitere Werbeanzeige für einen islamfeindlichen „Fritzfeed“-Artikel erschien auf dem rechten Portal „PI-News“.

„Perfekt, um viral geteilt zu werden.“

Was das neue Angebot für die rechte Szene bedeuten könnte, machte Martin Sellner, Kopf der österreichischen Identitären Bewegung, Anfang der Woche deutlich. Er will bereits vor dem Start von der Website gewusst haben. „Mit der Seite werden wir ganz, ganz tief vordringen in die Handys und in die Feeds und in die WhatsApp-Chats von jungen Leuten“, sagte er in einem Livestream auf YouTube über „Fritzfeed“. „Diese ganzen Artikel sind perfekt, um viral geteilt zu werden.“

Miro Dittrich von der Amadeu Antonio Stiftung sagt, mit „Fritzfeed“ werde versucht, „durch ein kulturelles Angebot Politik zu machen. Dieses transportiert die Inhalte der AfD, auch wenn sie zum Teil kodiert sind.“

Immer wieder fallen bei den Artikeln von „Fritzfeed“ lauter Nationalstolz und aggressive Frauenfeindlichkeit auf. Ein Beitrag besteht ausschließlich aus Screenshots von Frauen auf Datingprofilen, die mit Beschriftungen wie „Weibliche Qualitäten heute: ‘Ich komme schnell und blase’“ oder ‘Was ich im Leben brauche? Nur Schwänze“ vorgeführt werden. In einer Übersicht der „zehn Gebote des Feminismus“ werden „übergewichtig sein“, „durch die Gegend vögeln“, „abtreiben“ und „deine biologische Uhr ignorieren“ genannt.

Die Spitze der AfD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag scheinen solche Inhalte sowie die Beteiligung von Personen aus dem rechtsextremen Milieu nicht zu stören. Als „Fritzfeed“ jüngst einen Beitrag über Frauen im Islam veröffentlichte, teilte Fraktionschef Markus Wagner auf Facebook als erste öffentlich einsehbare Person den Artikel.


Die Recherche entstand in Kooperation mit bento. Dort ist der Artikel ebenfalls erschienen.

9 Ergänzungen

  1. Vielen Dank für den Link, echt coole Seite. Z.B. #deshalbgrün war nicht nur zum Schreien lustig, sondern zeigt doch auch, wie weltoffen die Grünen doch sind. Verstehe gar nicht, was daran rechts sein sein.

  2. Der Name „Fritz“ erinnert mich an Schnurrbärte. Solche Schnurrbärte, die von alten Männern gezwirbelt und gewachst (?) werden. Alte Männer, bei denen am besten schon ein Vogelnest oder Schimmel aus dem Bart ragt.

    Aus diesem Grund kommt mir nichts fritziges auf den Tisch. Keine Fritzbox, keine Fritzcola und gewiss kein Fritzfeed!

    1. Also mich erinnert Fritz insbesondere an Radio Fritz und auch sonst habe ich es nicht nötig, dämliche sexistische Stereotypen mit einem Namen zu verbinden.

    1. Nein, eigentlich wäre da nicht angebracht, denn es hat nichts mit dem Thema des Artikels zu tun.

    2. Darf man jetzt lustigen Rassismus verbreiten? Sowas wird nicht verboten? Frage mich, wann die Grenze erreicht wird. Muss es erst „lustige“ Kriegserklärungen und „witzige“ Todeslisten geben, bis man merkt, dass die Menschenfeinde die Pressefreiheit aushöhlen? Sogar auf nachdenkseiten musste man schon lesen, dass die derzeitige Regierung besser auf einer Insel ausgesetzt werden sollte. Sogar ein Billy Six wird dort wie ein Held hofiert. Schaut man in das Forum auf heise.de findet man erheblich viele Verschwörungen und Hetze, die von der verantwortlichen Moderation nachweislich nicht entfernt werden, zum Schaden der Gesellschaft. Auf die Kommentare bei Welt Online braucht man gar nicht mehr zu sprechen kommen, was dort oder auf Facebook zum Teil abgesondert wird ist beschämend, beängstigend und eine andauernde Frechheit, sodass ein, mit Verlaub, fucking fritzfeed mehr ein Symptom als eine Ursache bedeutet! Die bereiten doch nur auf, was auf Twitter, Facebook und den Kommentarspalten der pro-rechtsradikal moderierenden Foren so gehetzt wird. Natürlich ist das gefährlicher als der plumpe und hasserfüllte Dunst, der die Menschenfeinde sonst umgibt, aber fritzfeed ist nur ein Kopf der Hydra, schlag ihn ab und es wachsen viele neue, dort wo das herkommt. Wir müssen den hasserfüllten Menschenfeinden endlich das Wasser zum Schwimmen nehmen, indem wir jedes Medium per Gesetz auffordern, öffentliche Hetze zu moderieren. Wer das nicht macht muss empfindliche Strafen wie Strafzahlungen bis hin zu temporärem Publikationsverbot.

      Dann nehmen wir feeds wie diesem rassistischem fritzfeed eine Grundlage. Sie können nur zur Randerscheinung degradiert werden, wenn die Gesellschaft überall rechtsradikale Hetze ächtet. Wenn aber selbst von allen Journalisten anerkannte Portale wie Welt Online und heise rechtsradikale Hetze tolerieren, wird es keine erfolgreiche Ächtung rassistischer Witze in der gesamten Gesellschaft geben, sondern eine Teilung zwischen dauerhaft getriggerten Humanisten und den Humor-missbrauchenden rassistischen Witzereißern, die am Ende genau deshalb Ethno-Pluralisten werden, als Frage der Anpassung an die „Mutigen“ in der Gesellschaft. Wir müssen den Rechtsradikalen endlich den Status entziehen, sie würden „mutigen Klartext“ sprechen. Doch bevor das nicht alle seriösen Medien machen, ist das utopisch.

  3. Danke für die Recherche!

    Eine kleine Sache: Im Bereich „über die Autoren“ scheint bei Jan Petter etwas schief gelaufen zu sein.

  4. Dieser Artikel ist leider eher mau.
    So richtig klar wird dem unbedarften Leser jetzt nicht, warum Fritzfeed jetzt böse sein soll.

    Dabei wäre es so leicht gewesen: Einfach einen zufälligen Artikel rauspicken und sich inhaltlich daran abarbeiten.
    Denn genau am Inhalt hapert es. Aber das ist nicht passiert.
    Nur um das klar zu stellen: Ich stimme selbst 100% zu, dass Fritzfeed ganz schön grottenschlecht ist. Der Vergleich mit Buzzfeed passt perfekt, weil es der gleiche sensationsgeile Ton ist. Nur die Zielgruppe ist eine andere.

    Was mir gar nicht gefällt: Dein Artikel arbeitet sich hauptsächlich an der Kontaktschuld ab: X soll mit Y befreundet sein, der wiederum mit Z mal ein intimes Gepräch haben soll, was allerdings A schwer missfällt, weil B behauptet, dass X und Y alles Rassisten sind, usw. usf. Was diese vermeintlichen und auch nicht vermeintlichen Verbindungen jetzt zu bedeuten haben, soll sich dann der Leser wohl selbst denken? Das ist meiner Meinung nach ein bisschen tendenziös.

    Ich will jetzt nicht sagen, dass es _komplett_ falsch ist, Verbindungen aufzudecken und in Kontext zu setzen. Aber es sollte auch klar sein, welchen Zweck das alles haben soll. Das passiert hier nicht. Denn was der Artikel hier abliefert, ist allerdings nicht wirklich brisant. Leute, die irgendwo sehr rechtslastige Artikel schreiben, haben Beziehungen zu anderen Rechten. Ja, darauf wäre ich NIE gekommen! xD

    Inhaltlich kommt da nix konkretes, nur so vage Andeutungen, und vom Leser erwartet man einfach, dass er allem sowieso schon zustimmt.

    Ein Zitat sticht aber hervor: »So heißt es auf „Fritzfeed“ etwa, Vergewaltigungen seien „in der südafrikanischen Lebensweise tief verwurzelt“.«. Warum diese Aussage jetzt schlecht sein soll, das überlässt man dem Leser. Der Artikel setzt einfach voraus, dass der Leser genau das Gegenteil davon glaubt. Jetzt unabhängig davon, ob das so richtig ist oder nicht: Das einfach ganz ohne Kontext, Link oder Erläuterung stehen zu lassen, das ist schon sehr schwach.

    Und doch: Du hast dir ein äußerst schlechtes Beispiel rausgepickt: Denn faktisch ist es leider wirklich so, das Südafrika ein extremes Problem mit Vergewaltigungen hat. Sicher, die Aussage, dass es »in der Lebensweise tief verwurzelt« ist polemisch. Aber sie ist ganz nüchtern betrachtet weder rassistisch noch sexistisch. Und Fritzfeed steht mit der Ansicht keineswegs alleine da:

    https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/missbrauch-in-suedafrika-alle-zehn-minuten-eine-vergewaltigung-a-632612.html
    https://taz.de/Vergewaltigungen-in-Suedafrika/!5157709/

    Ich will hier Fritzfeed nicht in Schutz nehmen (so blöd bin ich nicht), ich will hier nur dein eigenes Beispiel zerlegen. Ich hoffe, es ist dir jetzt wenigstens ein kleines bisschen peinlich, und, dass beim nächsten Artikel besser wird. Es gibt so viele Fritzfeed-Artikel, die offensichtlicher Blödsinn sind, und da pickt man sich ausgerechnet den einen Satz raus, wo das blinde Huhn auch mal ein Korn gefunden hat. Au weia!

    Das durchzieht den ganzen Artikel: Es werden alle möglichen »schockierenden« Dinge herausgekramt, es wird aber nie erklärt, _WARUM_ diese Dinge jetzt schockierend oder schlecht und böse sind. Dadurch ist der Artikel nur »Preaching to the Converted«. Wer sich als Rechts oder Ultrarechts versteht, dem bringt der Netzpolitik.org-Artikel wohl kaum weiter. Im Gegenteil, aus der Sicht von Rechten würde er wahrscheinlich als äußerst arrogant und lächerlich rüberkommen (jetzt mal abgesehen davon, ob sich Leute, die Fritzfeed geil finden, sich auf netzpolitik.org verirren).

    Die Kritik kann man in zwei Punkten zusammenfassen:

    1.: Fritzfeed ist »rechts«.
    2.: Fritzfeed (und die Autoren) hat/haben Verbindungen zu anderen »rechten« Organisationen

    Der erste Punkt ist leider nur rein ideologisch begründet. Dabei heißt es doch immer: »Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten.«.
    Und der zweite Punkt doch etwas albern. Als ob »linke« Blogs nicht auch irgendwie mit anderen Linken oder linken Organisationen irgendwie in Kontakt kämen, Freundschaften hätten, usw. Für mich klingt das wie eine Verschwörungstheorie, aber ohne Verschwörung und ohne Theorie. Übrig bleibt nur Kontaktschuld, un. Man könnte genauso gut jetzt gegen Netzpolitik.org schießen, und die Argumentation wäre ähnlich sinnlos.

    Viel schlimmer als diese beiden Punkte finde ich jedoch die Methodik hinter der Seite. Alles ist (wie bei Buzzfeed) voller sensationsgeiler Schlagzeilen und emotionaler Manipulation, noch schlimmer als bei der Bild. Es wird an die Emotionen appeliert, und nicht an den Verstand. Quellenangaben sind selten zu finden, und wenn, dann nur bei irrelevantem Käse darüber, wo sich irgendwelche Promis mal blamiert haben sollen. Somit kann der Leser nur glauben oder nicht glauben. Es ist die Art und Aufmachung, die Fritzfeed schlecht macht. Das hätte man mal systematisch auseinanderpflücken können, diese Gelegenheit wurde aber leider verpasst. Und das ist furchtbar schade!

    Einzig und allein die Tatsache, dass die Autoren größtenteils anonym sind, wird in diesem Artikel richtigerweise angekreidet. Das ist eines der wenigen Pluspunkte in diesem Artikel.

    Gesamteindruck: Naja.

    Meine Bitten: Nicht immer nur mit der Kontaktschuld argumentieren, aber wenn doch, dann bitte auch sagen: 1.: WARUM diese Kontaktschuld für den Artikel überhaupt eine Relevanz hat (dass Rechte mit Rechten reden, hat m.M.n. keinen Nachrichtenwert) und 2.: WARUM die Beziehung X mit Y problematisch ist.
    Nicht einfach vermeintliche »schockierende« Aussagen ohne Kontext wiedergeben und voraussetzen, der Leser versteht schon, woarauf man hinaus will. So funktioniert das nicht. Sondern sagen, WARUM Aussage X rassistisch, sexistisch, bösartig oder auch einfach Blödsinn ist. Der Leser kann keine Gedanken lesen.

    1. Danke!
      die Analyse von Teufels Advokat ist wohltuend und – leider – auch treffend. Es ist nur ein Beispiel von vielen. Im aktuellen politischen Diskurs wird allzu oft gemutmaßt, unterstellt, sich empört ohne sich inhaltlich argumentativ mit einer anderen Meinung auseinanderzusetzen. Mir scheint diese Kompetenz in unserer Gesellschaft mehr und mehr unterzugehen. Warum ist das so?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.