Wir haben in dieser Woche eine neue Aktion gestartet. Im Rahmen unserer Spendenkampagne zum Jahresende bieten wir unter datenscham.org einen nicht ganz ernst gemeinten Privacy-Score-Rechner an. In zehn einfachen Fragen kannst Du Deinen ganz persönlichen Sicherheits-Wert errechnen lassen.
Bist du eher der Typ Datenschutzmuffel, der zwar um die Bedeutung von Privacy weiß, sich dann aber doch nicht durchringen kann, etwas dafür zu tun? Oder bist du vielleicht die Datenschleuder, die Post-Privacy als Lifestyle pflegt und großherzig Cookies an bedürftige Datensammler verschenkt? Oder bist du doch ein:e Privacy-Ninja mit dem schwarzen Gürtel in digitaler Selbstverteidigung, die lieber gar nicht kommuniziert als unverschlüsselt?
So weit, so lustig. Aber Moment mal: Wieso eigentlich Datenscham? Wollen wir etwa denen ein schlechtes Gewissen machen, die sich nicht um Datenschutz und IT-Sicherheit scheren? Flugscham reicht nicht mehr? Unverschlüsselte E-Mails sind die neuen SUV? Datenschleudern so schlimm wie Abgasschleudern? Genau das war ursprünglich mal der Gedanke.
Von der Idee haben wir uns allerdings wieder verabschiedet. Privatsphäre ist ein soziales Konstrukt, das für jede:n anders aussehen kann. Wenn Du gut informiert bist und für Dich entschieden hast, bestimmte Risiken einzugehen, ist es nicht unsere Mission, dich zur digitalen Prepperin umzuerziehen. Unser Job ist es, zu informieren, zu recherchieren und aufzuklären. Deshalb wissen wir, dass es in einer von wenigen Firmen dominierten digitalen Umwelt oftmals ja gar nicht an schlechten Absichten liegt, sondern schlicht an den Möglichkeiten.
Was Umweltschutz und Datenschutz gemein haben
„Privacy-Paradox“ nennt das die Forschung: Vielen Menschen ist Privatsphäre wichtig, doch der gute Wille übersetzt sich selten in konkrete Handlungen. Zu hoch die Einbußen an Sozialleben und Bequemlichkeit, zu kompliziert und zu versteckt die Optionen, zu unbekannt und voraussetzungsvoll die Alternativen.
Deshalb ist von der ursprünglichen Idee unseres Privacy-Rechners nur der Name geblieben. Das Konzept hat sich geändert: Weg vom Shaming hin zum Sensibilisieren und Empowern. Wir wollen spielerisch auf die Themen Datenschutz und IT-Sicherheit aufmerksam machen, für die eigenen Möglichkeiten sensibilisieren und dabei auch ein bisschen unterhalten. Denn auch wenn es manchmal aufwendig ist: Es gibt sie ja, die Mittel und Wege für mehr Datenschutz und IT-Sicherheit.
Wir alle tragen Verantwortung für unser Online-Ökosystem. Das hat der Datenschutz dann nämlich doch wieder mit dem Umweltschutz gemein: Wir erleben die Konsequenzen unseres digitalen Verhaltens auf uns und andere häufig zwar nicht direkt, aber sie sind da.
Denn oft geben wir durch fahrlässigen Umgang ja nicht nur unsere eigenen Informationen preis, sondern auch die von anderen. Und oft genug sind es unsere Daten, mit denen Klassifizierungsmaschinen des Überwachungskapitalismus betrieben werden. Es sind unsere Daten, die die Produktivitäts-, Bonitäts-, Attraktivitäts-, Gesundheits- und Sonstwas-Scores füttern, gegen die andere abgeglichen werden. Datenschutz ist immer auch eine soziale Frage.
Anregung und Anstoß
Dabei sind wir uns der Grenzen bewusst, die das Punktesystem eine Score-Rechners mit sich bringt. Privatsphäre ist kontextabhängig und absolute IT-Sicherheit eine Illusion. Vor allem aber ist unsere digitale Umwelt komplex und dynamisch.
Ein gut konfigurierter Chrome-Browser kann datensparsamer sein als ein Firefox-Browser mit den falschen Add-Ons. Sich in sozialen Netzwerken für eine bessere Datenschutzpolitik einsetzen, könnte langfristig mehr für den Schutz der Privatsphäre bewirken, als sich virtuell einzumauern. Und wie umgehen mit dem Messenger Telegram? Er entzieht sich durch seine undurchsichtige Firmenstruktur womöglich den Zugriffsersuchen von US-Geheimdiensten, ist aber standardmäßig nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt, weshalb er im Alltag für die meisten Menschen also weniger Sicherheit bietet als WhatsApp.
Wir bitten deshalb darum, den Test als Anregung und Anstoß zu sehen – gerade auch für die Menschen, die sich nicht täglich mit der Thematik beschäftigen – und nicht als allgemeingültige Anleitung. Bei Anregungen zur Bepunktung schreibt uns gerne eine Mail an datenscham@netzpolitik.org.
Eine gesellschaftliche Aufgabe
Dabei wollen wir nicht so tun, als könnten wir die Probleme des Überwachungskapitalismus und der Kontrollfantasien staatlicher Akteure allein mit individuellen Schutzmaßnahmen lösen. Sie sind eine gesellschaftliche Aufgabe, die wir gemeinsam lösen müssen.
Deshalb streiten wir mit netzpolitik.org für bessere Technologien und Gesetze, die Freiheit, Gemeinwohl und Solidarität fördern, statt Profit und Kontrolle zu dienen. Wir machen beides: Wir bieten Tipps für den individuellen Schutz und Aufklärung über den nächsten Datenskandal, aber behalten das große Ganze im Blick.
Unser Angebot ist und bleibt dabei kostenlos. Auch darauf wollen wir mit dem Test hinweisen, denn das ist nur möglich, weil wir eine große und treue Community haben, die uns mit ihren Spenden unterstützt. Bis zur Ausfinanzierung fehlen uns in diesem Jahr noch mehr als 100.000 Euro.
Sorry, aber diesen „Rechner“ finde ich unterkomplex. Nicht alle Daten haben dasselbe Schutzbedürfnis. Entsprechend gibt es durchaus viele Anwendungsfälle, in denen z.B. Google Drive eine gute Lösung ist.
Hier wird implizit wieder Datenschutz über alles gefordert – ein sinnfreier Aufruf, mit der ihr der Datenschutzdebatte keinen Gefallen tut.
Und die Überwachungsmöglichkeiten des Staates werden gar mit keinem Wort erwähnt? Nee, so kann ich damit nicht viel anfangen.
Natürlich ist der Rechner unterkomplex, wurde ja auch so angekündigt. Den Hinweis, dass Google Drive ein Datenschutzproblem ist, enthält er trotzdem und dieser Hinweis ist auch richtig. Die Abwägung, dass die zusätzliche Funktionalität von Google Drive vielleicht wichtiger ist, kannst du ja trotzdem immernoch treffen.
Ich würde das hier vielmehr als Aufruf sehen, mal drüber nachzudenken, was man so alles an Programmen benutzt und wo es vielleicht eine datenschutzfreundliche Alternative gibt. Ob das am Ende dazu führt, dass du irgendwas anders machst, liegt dann an dir.
Ich vermisse bei der Frage nach dem Messenger eine Antwortmöglichkeit: keinen.
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Vielleicht liegt’s ja am „twitter” im Namen des Bildes. Im Logger (3. Symbol, untere Leiste) von uBlockOrigin kannst du gucken, was geblockt wird und warum. Möglicherweise hast du einen bestimmten Filter aktiviert …
Du hast recht. Es liegt an dem Wort „twitter“ in der URL. Fanboy Social blockiert das.
Außerdem hab ich festgestellt, dass diese Seite eine Verbindung zu vgwort.de aufbaut. Wird bei mir ebenfalls geblockt. Was macht vgwort.de und warum ist das notwendig?