Informationsfreiheit im VölkerrechtBundesregierung will Tromsö-Konvention nicht beitreten

Mit der Tromsö-Konvention tritt bald erstmals ein völkerrechtlicher Vertrag zu staatlicher Transparenz in Kraft. Die Bundesregierung hat kein Interesse, bei der Konvention des Europarats mitzumachen. Bisherige Regelungen dazu genügen ihr.

Ein Schiff liegt im Hafen der Stadt Tromsø
In Tromsø gibt es Schiffe, Berge und Konventionen des Europarats CC-BY-SA 4.0 JoachimKohlerBremen

Historischer Schritt für die Informationsfreiheit: Im September wird mit der Tromsö-Konvention des Europarats ein neuer völkerrechtlicher Vertrag in Kraft treten, der alle Mitgliedsstaaten des Vertrags verpflichtet, den allgemeinen Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Informationen sicherzustellen.

Als zehnter Staat ratifizierte die Ukraine im Mai die Konvention. Damit ist die Mindestanzahl für ein Inkrafttreten erreicht. Neben der Ukraine haben unter anderem Estland, Ungarn und Schweden den Vertrag unterzeichnet und ratifiziert.

Bundesregierung bleibt tatenlos

Damit wird es erstmals ein völkerrechtliches Instrument geben, mit dem ein allgemeines Recht auf Informationsfreiheit festgeschrieben wird. Sie setzt Mindeststandards für die Transparenz von Politik und Verwaltung. Die bisherige Entwicklung der Tromsö-Konvention verlief zäh: Sie wurde im Jahr 2009 erstellt und bisher von 17 Mitgliedsstaaten des Europarats unterzeichnet, jedoch noch nicht von allen ratifiziert.

Die deutsche Bundesregierung plant derzeit nicht, der Konvention beizutreten. Eine Unterzeichnung des Vertrags sei „nicht beabsichtigt“, schrieb die Bundesregierung vergangene Woche auf eine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz. Der Grund: Das auf Bundesebene bestehende Informationsfreiheitsgesetz von 2005 erfülle „seinen Zweck“.

Von Notz kritisiert gegenüber netzpolitik.org die Haltung der Bundesregierung: „Über viele Jahre hat die Bundesregierung alles dafür getan, dass ein offenes Regierungshandeln in Deutschland ein echtes Nischendasein führt. So ist die Bundesrepublik Deutschland in beinahe allen europäischen und internationalen Vergleichen weiterhin weit abgeschlagen.“ Der Verweis der Bundesregierung auf das 15 Jahre alte Informationsfreiheitsgesetz sei „ein wirklich schlechter Witz“.

Bundesländer ohne Transparenz

Tatsächlich zeigen sich in der Corona-Krise nicht nur bei der Bundesregierung, sondern auch in den Bundesländern Defizite bei der staatlichen Transparenz. Sachsen, Niedersachen und Bayern haben weiterhin kein eigenes Informationsfreiheitsgesetz. „Das zeugt von einer völlig falschen politischen Prioritätensetzung und davon, dass man noch immer nicht gewillt ist, hieran etwas zu ändern“, sagt von Notz. Das sei „einfach bitter und für unsere Demokratie im Jahr 2020 schlecht.“

Zumindest in den Vertragsstaaten könnte die Tromsö-Konvention jetzt aber echte Veränderungen bringen, wie dies bei der Aarhus-Konvention bereits im Bereich der Umweltinformationen geschehen war. Ungarn war der Tromsö-Konvention 2010 beigetreten, bevor die zunehmend autoritär agierende Orbán-Regierung an die Macht kam. Das intransparente Agieren von Orbáns Partei Fidesz dürfte gegen die Kernprinzipien der Tromsö-Konvention verstoßen.

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2 Ergänzungen

  1. Wenn das Informationsfreiheitsgesetz tatsächlich seinen Zweck erfüllen würde, spräche doch nichts gegen eine Unterzeichnung der Konvention.

    Die Bundesregierung kritisiert andere Länder und spielt sich als Moralapostel auf, aber im eigenen Land werden dann andere Maßstäbe angesetzt.

    Transparenz? Wozu, die Bürger sind doch jetzt schon überfordert. Überwachung? Ausbauen. Wir wollen ja nur das Beste für unser Land, wir sind ja die Guten. Waffenexporte verbieten? Wozu, wir liefern doch nur an Freunde und die haben uns versprochen sie nicht einzusetzen oder weiterzugeben. Klimawandel bekämpfen? Damit sollen erst einmal die Anderen anfangen, wir haben schon genug getan. Jetzt müssen wir erst einmal die Wirtschaft ankurbeln…

    Merkt eigentlich Jemand in der Regierung, wie unglaubwürdig so das Handeln der Bundesregierung wird? Da braucht man sich nicht über Wählerschwund zu wundern.

    1. Das Gute, wenn einige das machen ist, dass man dann hingucken und darauf verweisen kann (wenn es gut geht).

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