Was in den Feiern zu 70 Jahre Grundgesetz untergeht

Das Jubiläum des Grundgesetzes ist ein Tag der Mahnung: Grund- und Freiheitsrechte werden nicht gnadenvoll vom Staat gewährt, sie müssen von uns jeden Tag aufs Neue erhalten und erkämpft werden. Ein Kommentar.

Mehr als 40.000 Menschen protestierten 2018 in München gegen das Polizeigesetz. – Alle Rechte vorbehalten Bündnis NoPag

Das Grundgesetz wird heute 70 Jahre alt. Überall wird das gefeiert. Und wir feiern gerne mit. Das Grundgesetz ist die beste Verfassung, die dieses Land je hatte.

Doch in den Jubelreden, den Feiern, den Feststunden und den vielen warmen Worten geht unter, dass die Grund- und Freiheitsrechte in Deutschland seit Jahrzehnten unter massivem Druck stehen. Gerade die großen Koalitionen der letzten Jahre, aber nicht nur sie, betreiben Raubbau am Grundgesetz – allen schönen und blumigen Worten zum Trotz.

Das Grundgesetz lebt aber nicht von schönen Worten, sondern von Taten. Es lebt von Respekt und Achtung. Es lebt von Mut und Besonnenheit. Das Grundgesetz kommt unter die Räder, wenn Regierungen immer an die „Grenze des verfassungsmäßig Machbaren“ und über diese hinaus gehen. Es darf nicht sein, dass das Bundesverfassungsgericht das Grundgesetz gegen ein permanentes Gesetze-Dauerfeuer von Bundes- und Landesregierungen verteidigen muss.

Freiheit wird von den Menschen erhalten und erkämpft

Doch nicht nur das Bundesverfassungsgericht ist ein Schutzwall gegen Angriffe auf das Grundgesetz: Auch wir Bürgerinnen und Bürger sind gefragt, das Grundgesetz jeden Tag aufs Neue zu verteidigen.

Freiheit wird nicht gnadenvoll vom Staat gewährt, sie wird von den Menschen jeden Tag aufs Neue erhalten und erkämpft. Die Proteste der letzten Jahre für den Erhalt der Grund- und Freiheitsrechte sind wichtiger als die inhaltsleere Lobhudelei von Politikern, die hintenrum schon die Brechstange am nächsten Paragraphen ansetzen.

Vorratsdatenspeicherung, Anti-Terror-Pakete, Staatstrojaner, die Schleifung des Grundrechts auf Asyl, Gesichtserkennung, neue Polizeigesetze, Videoüberwachung, der Ausbau der Befugnisse von Geheimdiensten oder die jüngsten Angriffe des Sicherheitsstaates auf die Freiheit der Kunst sind nur ein paar Felder, die klar machen: Das Grundgesetz ist in Gefahr. Und zwar nicht nur durch den um sich greifenden Rechtsradikalismus, sondern durch eine „Sicherheitspolitik“ der Parteien der Mitte, die am Fundament unserer Demokratie ansetzt.

Ein Tag der Mahnung

Wer den Raubbau an den Grund- und Freiheitsrechten nachvollziehen will, der muss nur einen Blick in die Chronik des Überwachungsstaates werfen. Diese Chronik ist ein Dokument, das traurig und fassungslos macht. Gerade am 70. Geburtstag des Grundgesetzes.

Es ist an der Zeit, dass wir Grund- und Freiheitsrechte wieder ausbauen. Das Jubiläum des Grundgesetzes mahnt uns dazu. Packen wir’s an!

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.