Netzpolitischer Wochenrückblick KW14: Exklusive Einblicke in IT-Sicherheitsgesetz 2.0 und Facebook-Moderation

Das neue IT-Sicherheitsgesetz wird ein Rundumschlag in der Cyber-Sicherheit. Wir geben Einblicke in die Arbeit der Moderationszentren von Facebook und in unseren Kontostand. Außerdem wird gegen das Zentrum für Politische Schönheit wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.

Ach Horst, sei doch kein Frosch. CC-BY-NC 2.0 Thomas Hawk

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Ein neues IT-Sicherheitsgesetz wird kommen, dass die Befugnisse des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erheblich ausbauen wird. Laut dem Entwurf, den wir in voller Länge veröffentlicht haben, soll das BSI unter anderem unsichere Systeme hacken dürfen und Daten per Fernzugriff löschen können. Damit würde das BSI mehr und mehr zu einer Hackerbehörde werden.

Hackerbehörde mit neuen Befugnissen

Zudem sieht der Entwurf des IT-Sicherheitsgesetz 2.0 eine ganze Reihe neuer Straftaten und Strafverschärfungen vor – digitaler Hausfriedensbruch, Darknet-Kriminalisierung und der Staatstrojanern gegen Hacker:innen inklusive. Damit wäre das IT-Sicherheitsgesetz ein Rundumschlag im Bereich der Cyber-Sicherheit.

Das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 ist Teil einer neuen Digitalen Agenda aus dem Innenministerium, die neben der IT-Sicherheit endlich auch eine moderne Verwaltung auf den Weg bringen möchte. Bisher handelt es sich hierbei allerdings um eine Dauerbaustelle, die Horst Seehofer angehen möchte. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland weit hinterher, was die Digitalisierung der Verwaltung betrifft – so sind die Ankündigungen vielmehr der Abbau von Altlasten.

Exklusiv: Einblicke in Facebooks Moderationszentren

Uns ist es gelungen mit Insider:innen über die Arbeit in Facebooks Moderationszentren zu sprechen, die der Konzern und seine Dienstleister sonst wie ein Staatsgeheimnis hüten. So können wir erstmals rekonstruieren, wie die Arbeit in den Moderationszentren organisiert ist, die maßgeblich darüber entscheiden, was in sozialen Medien wie Facebook und Instagram gelöscht wird, oder sichtbar bleibt.

Unabhängig davon hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Besserung im Umgang mit Daten gelobt und spricht sich plötzlich für eine Regulierung aus. Neben den vielen Skandalen um Facebook ist das eigentlich nicht zu glauben, kommentiert Leon Kaiser.

Ermittlungen gegen das Zentrum für Politische Schönheit

Ein Schlag gegen die künstlerische Freiheit: Die Thüringer Staatsanwaltschaft ermittelt seit 16 Monaten gegen die Aktionskünstler vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Damit kann mit dem gesamten Überwachungsarsenal gegen die Künstler ermittelt werden, dazu gehören Telefonüberwachung, Einsatz von V-Leuten und verdeckten Ermittlern und der große Lauschangriff.

Die Künstler fordern nun die sofortige Einstellung und die Offenlegung der bisherigen Ermittlungen. Dabei sind die Ermittlungen gegen das ZPS nicht nur ein Skandal, sondern auch ein Angriff auf die Freiheit der Kunst, kommentiert Markus Reuter.

Fingerabdrücke und Filter

Das EU-Parlament hat beschlossen, dass Fingerabdrücke verpflichtend in allen Personalausweisen gespeichert werden sollen, was in Deutschland bisher eine freiwillige Option war. Das ist ein weiterer Schritt zur biometrischen Vollerfassung der Bevölkerung und wird deswegen von Datenschützer:innen entschieden kritisiert.

Und es gibt erneuten Protest gegen das EU-Vorhaben, Upload-Filter im Kampf gegen den Terrorismus einzusetzen: Ein dutzend prominenter Stimmen, darunter viele Internetpioniere, warnen in einem offenen Brief vor Uploadfiltern im Kampf gegen Terrorismus. Sie sprechen sich gegen den Gesetzesentwurf der EU-Kommission aus, weil Uploadfilter und kurze Löschfristen nur durch große Plattformen umgesetzt werden können, heißt es in einem offenen Brief an EU-Abgeordnete. Und auch gegen die Uploadfilter aus der Urheberrechtsreform wird am Wochenende erneut protestiert.

Außerdem diskutierte der SPD-Parteitag in Berlin die geplante Verschärfung des Polizeigesetzes und sprach sich mit einem Beschluss gegen Entwurf der Parteispitze aus. Darin fordert sie ein grundrechtsorientiertes Polizeigesetz, statt Staatstrojaner und Videoüberwachung.

Wo sich die EU nicht einigen kann, geht Österreich voran: Mit einer eigenen Digitalsteuer. Das Problem: Die Planungen sehen eine siebenjährige Vorratsdatenspeicherung und damit Totalüberwachung des Internets vor. Datensparsamkeit war jedenfalls nicht die Maßgabe derer, die den Gesetzentwurf ins Rennen geschickt haben.

Transparenz

Das Transparenzportal FragDenStaat muss aufgrund einer einstweiligen Verfügung ein staatliches Gutachten zu Glyphosat löschen, dass es zuvor zu Krebsrisiken bei Glyphosat veröffentlicht hatte. Jetzt ruft das Portal dazu auf, tausende Anfragen nach dem Gutachten zu stellen und so gegen das Urteil zu protestieren.

Zu mehr Transparenz soll der „Atlas der Automatisierung“ beitragen, den AlgorithmWatch für Deutschland herausgegeben hat. Denn in vielen gesellschaftlichen Bereichen werden Entscheidungen bereits von Algorithmen getroffen, was allerdings mit einem hohen Diskriminierungspotential verbunden ist.

Apropos Transparenz: Wir haben den Transparenzbericht über unsere Einnahmen und Ausgaben im Februar 2019 veröffentlicht. Obwohl wir ein Minus gemacht haben, sind wir ein wenig glücklich, weil die Spenden gegenüber den Vorjahren deutlich gesteigen sind.

Geschlechterungleichkeit bei Wikipedia

Außerdem berichteten wir über den Tschad, der seit einem Jahr fast komplett um Internet abgeschnitten ist und viele soziale Medien und Messenger seit einem Jahr komplett geblockt sind. Das erschwert nicht nur den Zugang zu Wissen, sondern verhindert auch die zivilgesellschaftliche Vernetzung, die im zunehmend autoritär regierten Land dringend nötig wäre.

Bei Wikipedia wird erneut eine Diskussion um die Sichtbarkeit von Frauen und die Dominanz von Männern geführt, denn nach wie vor zählt dort eine geschlechtergerechte Sprache nicht zum Standard. Die Petition #wikifueralle möchte auf die Männerdominanz in den Strukturen der Online-Enzyklopädie aufmerksam machen und Veränderungen anstoßen.

Auto, Motor, Bürgerrechte

April, April! Auch dieses Jahr haben wir uns wieder einen kleinen Aprilscherz erlaubt. Unter dem Motto „Auto, Motor, Bürgerrechte“ haben wir für einen halben Tag unsere Internetseite umgestaltet und erfundene Artikel mit echten gemischt. Hintergrund des Titels war übrigens, dass wir in letzter Zeit so viele Berichte zu Automobilthemen hatten.

Beispielsweise haben wir Carsten Maschmeyer zum neuen VW-Chef gekrönt, der uns im Interview seine neue Strategie verraten haben soll: mit einer Software möchte er Abgase einfach in die Cloud leiten, um Grenzwerte nicht zu überschreiten.

Wir wünschen ein schönes Wochenende

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