Am Freitag wird das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in erster Lesung im Bundestag beraten. Am vergangenen Dienstag erklärte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, dem Evangelischen Pressedienst, die große Koalition reagiere auf die Kritik aus Netzgemeinde und Wirtschaft mit Änderungen am Gesetzentwurf. Das klingt gut, doch was steckt dahinter? Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass es keine Änderungen am Gesetzestext selbst gibt, sondern nur in den Begründungen des Gesetzes.
Ein Beispiel: Im Gesetzestext steht eine Ermächtigung zum Erlass einer Verwaltungsrichtlinie. In der Begründung wird nun ergänzt, dass beispielsweise die Bußgelder nur bei „systematischen Verstößen“ verhängt werden sollen. Das Problem ist jedoch, dass das Bundesjustizministerium eine solche Richtlinie jederzeit einseitig und ohne weitere parlamentarische Beratung ändern kann. Auf Grundlage des unveränderten Gesetzestextes.
Genauso verhält es sich mit der viel kritisierten, weiten Definition, wer vom NetzDG betroffen ist. In der Begründung werden E-Mail-Anbieter und berufliche Netzwerke wie Xing nun ausgenommen, im Gesetzestext werden diese aber weiterhin erfasst.
Die Probleme des Gesetzes bleiben
So sind die angekündigten „Klarstellungen“ nicht einmal kosmetische Veränderungen, sondern eine Beruhigungspille für die Kritiker – kurz bevor das Gesetz im Bundestag beraten wird. Denn die minimalen Ergänzungen ändern nichts am schädlichen Potenzial des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes: die Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit und eine privatisierte Rechtsdurchsetzung.
Gegen das NetzDG laufen Wirtschaftsverbände gemeinsam mit netzpolitischen Vereinen und Bürgerrechtsorganisationen in einer „Allianz für die Meinungsfreiheit“ seit Wochen Sturm. Das ungewöhnlich breite Bündnis wandte sich heute noch einmal in einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD, an die Mitglieder des Rechtsausschusses sowie an den Vizepräsidenten der EU-Kommission und warnte vor dem gesetzgeberischen Schnellschuss. Kritik gibt es auch daran, dass die Bundesregierung die Zivilgesellschaft in der Phase der Beratung überging.
Dabei gibt es gute Ansätze, wie das Phänomen von strafbarer Hassrede bekämpft werden kann: Es ist eine wirksame Strafverfolgung nötig, damit sich die Täter nicht sicher fühlen können und verurteilt werden. Über die Zahl der Verurteilungen gibt es nicht einmal deutschlandweite Statistiken. Um eine wirksame Strafverfolgung umsetzen zu können, bräuchten Ermittlungsbehörden und Gerichte eine bessere fachliche wie personelle Ausstattung. Doch das kostet Geld.
Trotz der strategischen Beruhigungspille bleiben die fünf großen Probleme des geplanten Gesetzes bestehen:
- Eine schwammige Definition sozialer Netzwerke, die E-Mail oder WhatsApp einschließen könnte und auch hinsichtlich der Nutzerzahlen Spielraum für Interpretationen lässt
- die Hinwendung zu privatisierter Rechtsdurchsetzung, bei der Plattformen zu Ermittlern, Richtern und Henkern werden
- die Einführung von Inhaltefiltern, die aufgrund des digitalen Fingerabdrucks Dateien plattformweit erkennen und löschen können, samt des Overblocking-Problems durch fehlende Kontextualisierung der betroffenen Dateien
- ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch, der von Stalkern und Gewalttätern missbraucht werden könnte
- Widersprüche zu rechtlichen Voraussetzungen in Europa
Wer noch einmal eine Zusammenfassung will, wo die Probleme beim NetzDG liegen und welche Alternativen es zum Gesetz gibt, dem empfehle ich meinen kurzen Vortrag auf der diesjährigen re:publica:
Merkwürdig, aber als erster berichtet wohl dwn über den Stop des Gesetzes. Fake!?
Wenn das sogar der Union zu heftig ist, sollte spätestens jetzt klar werden, daß Maas nicht mehr zwischen uns lebt.
Mal gespannt, ob die lockere Auskunftspflicht erhalten bleibt. Ich vermute da wollte er seinen Kumpels aus der Film- und Glamourwelt das fröhliche Abmahnen von Nichtfans ermöglichen.
Den Stopp des Gesetzes sehe ich angesichts der CDU-Pressemitteilung und der Antwort auf unsere Rückfrage bei der CDU noch nicht, aber doch einigen Diskussionsbedarf in der großen Koalition.
Ich weiß ja nicht, ob hier Tichys Einblicke auch schon auf der schwarzen Liste ist wie manch andere Blogs, deren Namen man hier nicht in den Mund nehmen darf.
Dort erschien gestern ein Artikel[1], daß einige in der SPD noch weit mehr vorhaben als das NetzDG, nämlich Teile des Internets als Rundfunk zu deklarieren und es so unter staatliche Kontrolle zu bringen. Außerdem sollen nach deren Willen bei Suchen in Facebook und Twitter ÖR-Treffer bevorzugt angezeigt werden. China, wir kommen!!!
[1[ https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/zensur-im-netz-die-plaene-der-groko-und-der-spd/
Ich möchte da nicht weiter drauf eingehen. Tatsächlich ist aber die Gleichbewertung von rundfunkähnlichen Inhalten im Internet nach dem Rundfunkrecht normhaft und keine Verschwörung der Spezialdemokraten. Mit staatlicher Kontrolle im absoluten Sinn hat das nun nichts zu tun.
Ich möchte da nicht weiter drauf eingehen.
Was soll das heißen?
Ich kenne zwar Tichys Quellen nicht, aber es wäre sinnlos, etwas zu fordern, was schon existiert. Das tun zwar Politiker tatsächlich, aber das hätte der Autor dann sicher nicht für erwähnenswert gehalten und es wie folgt formuliert:
da hilft nur eines dagegen. Alle vier Jahre sein Kreuzchen den oberen 5 Parteien geben…
Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie schon lange abgeschaft. Letztendlich bleibt dem Wähler in der bestehenden Parteienlandschaft nur, sich für Protest oder Enthaltung zu entscheiden.
Oder wesentliche Infrastruktur abschalten bzw. blockieren a la wilder Streik bzw. Generalstreik.
Problematisch ist, dass dies strafbar wäre, solange man nicht Gewerkschaft wäre bzw. zuständig zur Arbeitnehmervertretung wäre.
(ja, tatsächlich, man glaubt es kaum)
Für den, der Tichy nicht mag, hier nochmal ein ähnlich lautendener Bericht in der Frankfurter Allgmeinen Zeitung (oder ist die auch schon zu weit rechts?)
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-spd-die-medienaufsicht-und-das-netzgesetz-von-heiko-maas-15022336.html
Details folgen dann noch in den nächsten Absätzen.
… die Begründung eines Gesetzes ist bei einem Richterspruch doch meist zweitrangig.
Es wird vor Gericht doch nur noch der Gesetzestext ausgelegt,
welche Intentionen die Gesetzgeber dabei hatten,
ist meist unwichtiger Ballast;
hat zumindest die Geschichte der Netzpolitik gezeigt.
Bei (rechtlichen) Unklarheiten wird die Intention des Gesetzes ausgelegt bzw. gegenüber dem Rechtsverständnis gegenübergelegt.
Bei Netzpolitik hat Herr Maas per Weisung oder Druck dem Generalbundesanwalt dargelegt, dass er die Ermittlungen einzustellen hat.
https://de.wikipedia.org/wiki/Anklage bzw. https://de.wikipedia.org/wiki/Netzpolitik.org#Ermittlungen_wegen_Verdachts_des_Landesverrats
Wurde denn ein Richter bereits eingeschaltet zwecks der Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen?
Soweit mir bekannt noch nicht (Hausdurchsuchung etc bedürfen einer, soweit keine unmittelbare Gefährdungslage vorliegt).
Ermittlungsverfahren != Anklage
Ansonsten haben Sie Recht.