US-Geheimdienstausschuss treibt Diskreditierung Snowdens auf die Spitze

In einem Bericht über Snowden wirft der US-Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses mit Haufen schmutziger Wäsche. Snowden sei ein „Lügner“ und „notorischer Übertreiber“ und kein Whistleblower. Seine Leaks hätten fast nichts mit der massenhaften Verletzung von Privatsphäre zu tun. Ein Kommentar.

Demonstranten fordern im August 2014 auf der „Freiheit statt Angst“-Demonstration den NSA-Whistleblower Edward Snowden nach Deutschland zu holen. Bild: Jakob Huber/Campact unter CC BY-NC 2.0-Lizenz

Der Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses hat einen Bericht veröffentlicht, der sich mit Edward Snowden und den durch ihn verursachten Enthüllungen beschäftigt. Der Großteil des 36-seitigen Berichts ist eingestuft, drei Seiten wurden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Drei Seiten, die eher den Eindruck einer persönlichen Abrechnung als den eines Berichts machen.

Schaden für die nationale Sicherheit. Aber wo?

Snowden habe der nationalen Sicherheit „ungeheuren Schaden“ zugefügt. Einige Informationsquellen der Geheimdienste seien versiegt, die „amerikanische Leben“ gerettet hatten. Feindliche Geheimdienste hätten Zugriff auf die Informationen bekommen sowie jeder „Terrorist mit Internetzugang“.

Beweise dafür, dass Snowdens Enthüllungen tatsächlich zu einem konkreten Schaden geführt haben, die sucht man vergebens. Behauptungen wie diese in den Raum zu stellen, ist in Geheimdienstangelegenheiten mehr als leicht. Denn die Blanko-Ausrede, dass durch eine konkrete Schilderung noch mehr Schaden entstünde, liegt schon in der Schublade. Glück gehabt.

Und dann beschwert sich der Geheimdienstausschuss auch noch über finanziellen Schaden. Der sei dadurch entstanden, dass man habe prüfen müssen, welchen Schaden Snowden angerichtet habe:

Diese Dollars hätte man besser dafür ausgegeben, um Amerikas Gegner in einer immer gefährlicheren Welt zu bekämpfen.

Um hunderte Millionen Dollar handele es sich. Angesichts der 52,6 Milliarden, die man allein 2013 für die US-Geheimdienstwelt ausgegeben hat, wirkt das gar nicht mehr so viel. Vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass die Enthüllungen Snowdens durch die ausufernden Überwachungsprogramme erst hervorgerufen wurden, die durch diese zig Milliarden pro Jahr ermöglicht werden. Hätte man es nicht so weit kommen lassen, hätte man sich die Kosten für die Prüfung wohl sparen können.

„Snowden war kein Whistleblower“

Und es geht weiter: „Snowden war kein Whistleblower“. Ein harter Satz. Der Grund: Das Veröffentlichen eingestufter Informationen qualifiziere nicht allein zum Whistleblower-Status. Richtig. Was einen Menschen zum Whistleblower macht, ist die Aufdeckung von Missständen, das Aufzeigen, das etwas schief läuft. Eine Enthüllung, bei der das öffentliche Interesse das Interesse an Geheimhaltung überwiegt.

Nach Meinung des Geheimdienstausschusses hat der Großteil der Dokumente gar nichts mit der Verletzung der Privatsphäre Einzelner zu tun. Es ist unerklärlich, wie sie zu solch einer Behauptung kommen. Nicht, dass die NSA in manchen Ländern – wir wissen von den Bahamas und Afghanistan – einfach jegliche Kommunikation überwacht. Sie wertet auch die Porno-Vorlieben von Menschen aus, um sie zu diskreditieren. Oder spioniert, teils mit Unterstützung des BND, europäische Politiker aus. Oder die Telefon-Metadaten von US-Amerikanern. Die Liste lässt sich fortsetzen, sehr lange.

Aber, so die Kritik, Snowden habe seine Bedenken nie vorher auf dem Dienstweg geäußert. Und hätte sich dann einfach nach China und Russland aus dem Staub gemacht. Zwei Länder, die die Privatsphäre ihrer Bürger geringschätzen.

Nur: Erstens hat der Ausschuss nach eigenen Angaben niemanden befragt, der eventuell als Zeuge in einem möglichen Verfahren gegen Snowden auftreten könnte. Das heißt: niemanden, der mit Snowden direkten Kontakt hatte. Auf diesem Weg herauszubekommen, ob er sich an seine Vorgesetzten wandte, dürfte schwierig sein. Anderes bleibt Hörensagen. Von Menschen, die ziemlich wütend auf Snowden sein dürften.

Und: Letztlich in Russland Asyl zu suchen, kann man wohl kaum als Herzenswunsch Snowdens darstellen. Es lag an der Unwilligkeit all der anderen Staaten, die sich bis heute nicht dazu durchringen konnten, dem Whistleblower Schutz zu garantieren. Deutschland, dessen Regierung vor dem „Partner“ USA katzbuckelt, inklusive. Der Ausdruck im Bericht, Snowden sei „zu Gast im Kreml“, wird nur noch von dem deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen getoppt, der Snowden als möglichen russischen Spion diskreditierte. Mit freundlicher Unterstützung der BILD.

Persönlicher Angriff anstelle von Beweisen

Den Mangel an Beweisen für einen tatsächlich entstandenen Schaden durch Snowdens Enthüllungen versucht der Ausschuss dadurch wettzumachen, dass er Snowden als „notorischen Übertreiber und Lügner“ bezeichnet. Zwei Wochen bevor er angefangen habe, die später geleakten Dokumente herunterzuladen, habe es einen Streit mit Vorgesetzten gegeben. Dieser Vorwurf ist an Absurdität kaum zu überbieten. Wer würde aus persönlicher Kränkung seine gesamte Zukunft aufs Spiel setzen und sich in Gefahr begeben?

Laut dem Bericht habe Snowden über den Zeitpunkt, an dem er mit dem Herunterladen begann, öffentlich gelogen. Snowden hatte angegeben, ein Auftritt von James Clapper, dem US-Geheimdienstdirektor, habe ihn zu seinen Taten gebracht. Dieser hat dem US-Senat im März 2013 erzählt, die NSA sammle keinerlei Daten über US-Amerikaner. Eine Aussage, die sich durch die Snowden-Dokumente als Lüge herausstellte.

Den Zeitpunkt, den der Bericht als Anfang der Dokumenten-Downloads heranzieht – acht Monate früher, kann Snowden auf etwas anderes zurückführen. Ein Programm, das Snowden selbst im Auftrag seiner Vorgesetzten erstellt hat.

Die Schlussfolgerung des Berichts: mehr Geld für Geheimdienste, um sich vor einem „zweiten Snowden“ zu schützen. Auf den Gedanken, dass vielleicht bei den Geheimdiensten etwas so schiefläuft, dass bereits mehrmals Menschen sich in Gefahr begaben und zu Whistleblowern wurden, kommt man nicht.

Der Ausschuss scheint vergessen zu haben, dass in den USA selbst die Enthüllungen Snowdens dazu geführt haben, dass Geheimdienst-Gesetze geändert wurden. Das haben in der letzten Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses fünf Sachverständige aus den USA erläutert. Timothy Edgar hat sie als die „größten Reformen seit den Siebzigern“ bezeichnet. Ganz so gesellschaftlich unbedeutend scheinen Snowdens Enthüllungen in Hinblick auf die Verletzung der Privatsphäre unzähliger Menschen dann doch nicht gewesen zu sein.

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19 Ergänzungen

  1. Einfache Logik ist die beste:

    Die USA sind als God’s own country qua def gut. Und werden von Jesus Christus regiert. Respektive von dessen Gesandten, z.Zt eben von St. Barack, dem Drachentöter.

    Anti-Amerikanismus ist somit manifest böse. Und stalinistisch sowieso.

    Snowden fördert den Anti-Amerikanismus, mit ist er böse. Wenn nicht gar das zweite apokalytische Tier.

    Aber der toughe Amerikaner lässt sich nicht in die Hörner des Bocks jagen, sondern riecht des Snowdens Schwefel 100 Meilen gegen den Wind und erkennt zwanglos, dass Snoden eben

    Snowden […] ein „Lügner“ und „notorischer Übertreiber“ und kein Whistleblower.

    sei.

    QED.

  2. @Solkar Seit wann werden die USA von Jesus Christus regiert?

    Ich glaube, dass die US vor allem von Geld, Gier und Geldgier regiert werden.

    Alles andere ist billige Polemik.

    1. Ich hatte gehofft gehabt, dass es spätestens ab der Sache mit

      St. Barack, dem Drachentöter

      jedem klar wäre, dass der Beitrag ironisch gemeint war,

      C’est la vie.. ..

      Aber bleiben wir ruhig einmal kurz bei Ihrer positiv formulierten These

      dass die US vor allem von Geld, Gier und Geldgier regiert werden

      Das ist zwar richtig, aber unvollständig, und das nicht nur, weil „Öl“ in Ihrer Aufzählung fehlt.

      Es ist nämlich schlimmer in den USA, und zwar erheblich schlimmer.

      „Geld, Gier und Geldgier“ stehen in den USA nämlich nicht im normativ leeren Raum, sondern sind aus der Doktrin des Calvinismus heraus dort essentiell durchaus positiv besetzt. Zwar nicht expressis verbis als „Geld“ und „Gier“, aber die Verklausulierung als „wirtschaftlicher Erfolg“ gilt in der Tradition des Calvinismus als ein äußeres Zeichen des zum ewigen Heil prädestinierten zeitlichen Daseins.

      Daraus erklären sich dann auch zwanglos Phänomene wie die Berührungsangst, die die Amerikaner mit sozialen Auffangsystemen haben – warum sollte man den Armen helfen, wenn man sie eh für von Gott Verfluchte hält – und auch Obamas Geschwafel von US-Amerikanischen Führungsanspruch ist aus jener Geistestradition heraus erklärbar.

      Die Reichen sind nach jener Denke von Gott zum Heil erwählt und sollen deshalb führen – in ihrem Staat, und, da ihr Staat nach Ansicht der Amerikaner der beste aller Möglichen für die solcherart Erwählten ist, über diesen Staat auch die Welt.

  3. Am Ende unterstellt man Snowden noch er hätte einen Film von Sony Entertainment Germany illegal aus dem Netz geladen! Wenn erst einmal deutsche Abmahnanwälte hinter ihm her sind ist Schicht im Schacht.

  4. In dem Gewerbe wird nur alt, wer eine gewisse Rücksichtslosigkeit, Skrupellosigkeit und Überzeugung an den Tag legt und im Fehlerfalle im Schutze einer gewissen Anonymität nach dem Motto verfährt: Admit nothing; deny everything; make counter-accusations. Fehlt das Regulativ, darf man sich nicht in die ewige Verteidigerrolle drängen lassen, sondern muss in gleicher Weise zurückkeilen, in dem man die ganzen Leichen im Keller der Öffentlichkeit präsentiert.

  5. Fragt nicht warum, aber das bei Snowden, ( vielleicht gar nicht mal wg. dem was die NSA behauptet,) unschöne Sachen auf den Tisch kommen werden, spüre ich beim urinieren. Das ging mir von Anfang an bei Assange so, und bei Appelbaum sowieso. Fiese Spekulatiopn ? Richtig. Unberechtigt? Wird sich zeigen. Sein ganzes Wesen wirkt aber auch wie bei den anderen beiden hinreichend gestört.

    1. Setze Menschen unter Stress, und sie werden mit Störungen reagieren… Ob nun der Griff zum Weinglas, Paranoia, körperliche Schmerzen oder psychosomatische Beschwerden wie Probleme beim Wasserlassen oder Erektionsstörungen. Das Spektrum ist so vielfältig wie individuell unterschiedlich.

      Hinreichend kreditwürdig ist heutzutage nur noch, wer keinen mehr braucht. Die anderen fressen die Raben. Meinen die einen. Manch anderer lebt ein anderes Menschenbild vor. Mir gefällt das.

    2. Quatsch, wenn da etwas wäre, hätte man es längst eingesetzt. Was glaubst du, wieviele Leute nur damit beschäftigt waren und vielleicht noch sind, die letzte schwarze Sekunde in seinem Lebenslauf aufzuklären?

      1. Die haben bestimmt so etwas kriminelles vor, wie einen netzpolitischen Blog zu eröffnen bzw, diesen zu hosten.

        Wer Ironie fndet, darf die gute Laune behalten!

      2. War da nicht mal strittig, ob der Partysex mit einer Parteikollegin einvernehmlich war ? Die Dame sah das zunächst anders.

    3. Die ganze Netz Szene redet sich sehr leicht erkennbare Psychos anständig und redlich. Das endet dann halt auch mal in der Schubkarre.

  6. Die US-Behörden schrecken auch nicht vor Massenmord und Folter zurück, wieso sollte so eine kleine Fingerübung plötzlich das Gewissen belasten?

  7. Aber auf der anderen Seite scheint auch was zu laufen, was wir nicht wissen. Warum sonst werde nur ein paar Infos veröffentlicht und die nur zensiert? 99,9 % halten jetzt die Journalisten geheim. Die sollten wir mal hacken, damit wir endlich mehr und unzensiert wissen.

  8. Zitat:,,Der Ausdruck im Bericht, Snowden sei „zu Gast im Kreml“, wird nur noch von dem deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen getoppt, der Snowden als möglichen russischen Spion diskreditierte. Mit freundlicher Unterstützung der BILD.

    Herr Maaßen ließ auch so etwas verlauten wie :,, Snowden sei eine schillernde Persönlichkeit“.
    Ich glaube in Herr Maaßens Kopf schillert das ganz gewaltig.
    Ich vermute ja ganz stark Herr Maaßen arbeitet für die CIA“.. Achtung Ironie…

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