Viel über MOOCs, nichts über OER: Markus Deimann über das Bildungskapitel im EFI-Jahresgutachten

Cover des EFI Jahresgutachtens 2015

Neben der durchaus fortschrittlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Urheberrecht widmete sich ein anderes Kapitel des Jahresgutachtens der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) der Bundesregierung dem Thema digitaler Bildung in Form von Massive Open Online Courses (MOOCs). Diese werden in dem Jahresgutachten (PDF) ziemlich abgefeiert und eine eigene Pressemeldung fordert „eine mutigere Nutzung und Unterstützung von MOOCs“ an deutschen Hochschulen.

Markus Deimann hat sich für das Hochschulforum Digitalisierung kritisch mit diesem Lob auseinandergesetzt und meint, dass offen lizenzierte Lernunterlagen (Open Educational Ressources, OER) das größere disruptive Potential aufweisen als MOOCs:

Es gab also sehr wohl bereits vor den Stanford ProfessorInnen Sebastian Thrun, Daphne Koller und Andrew Ng institutionell organisierte Bestrebungen, Bildung für alle zugänglich zu machen. Und das zu Bedingungen, die sehr viel besser für Bildungszwecke geeignet sind. Die OER sind nämlich so liberal lizenziert, dass sie frei verwendet, verändert und wieder ins Netz zurück gespeist werden können, ohne die jeweiligen Urheber jedes mal um Erlaubnis fragen zu müssen. Diese Freiheit zur Modifikation von Materialien ist eine zentrale Voraussetzung digital-gestützter Bildung und wird von den mittlerweile oft kommerziell angebotenen MOOCs nicht unterstützt. Offene Bildung beschränkt sich bei Coursera, Iversity oder edX auf den kostenlosen Zugang zu Ressourcen und vernachlässigt die weiter reichenden Bedeutungsgehalte von Open Education (siehe dazu „How does Open Education work?“).

Und es ist in der Tat erstaunlich, dass die Begriffe „Open Education“ bzw OER kein einziges Mal Erwähnung finden in einem Kapitel über Chancen digitaler Bildung, während es ansonsten nur so wimmelt vor „Open“ im selben Jahresgutachten, von Open Access über Open Innovation bis hin zu Open Government. Und das ist, wie Markus Deimann in seinem Beitrag herausarbeitet, deshalb relevant, weil das „Open“ in MOOCs kaum etwas mit dem „Open“ in OER zu tun hat.

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3 Ergänzungen

  1. Und es ist in der Tat erstaunlich, dass die Begriffe „Open Education“ bzw OER kein einziges Mal Erwähnung finden in einem Kapitel über Chancen digitaler Bildung,

    Aber kein Zufall oder? MOOCs sind ein neuer Markt, OER gefährden den Markt für Lehrmittel.

  2. Ich weiß auch nicht warum immernoch weite Teile im CCC und anderer eigentlisch freiheitlich eingestellter Organisationen noch immer von Open reden. Open ist eben nicht Frei wie Free/Libre.
    So wie wir Freiheit der Lehre haben und Freie Software sowie Freie Hardware-Designs brauchen, so brauche wir auch Freie Lehrmittel um die Freiheit der Lehre zu bewahren. Und solange Hochschulen das nicht verstehen brauchen wir uns über Bildungsqualität genauso wenig Sorgen machen wie über Codequalität bei Kommerziellen Produkten. Bei Software entscheidet der Service, nicht ob der Kunde die Sourcen lesen kann. Und bei Bildung entscheidet die Vermittlung, nicht ob die Folien frei lizensiert sind. „Denn die ggf. individuelle Erläuterung und das angehen von konkreten Problem ist das was Lehre ausmacht.“ (sagte ein Typ vom CCC Dresden bei Gesprächen in Frankfurt)

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