In der Serie “Remixer/in” erzählen Menschen über ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: DJ Aroma.
DJ Aroma lebt momentan in Berlin und Portugal und bezeichnet sich selbst als Künstlerin, weil sie sich als Produzentin, Live Act und DJ nicht als Dienstleisterin versteht. Sie macht Musik mit unterschiedlichen Mitteln und einem sehr performativen Ansatz, der versucht aus der Beschäftigung mit dem Ort und der Art der Nutzung die beste Ästhetik zu entwickeln. Im normalen Cluballtag wird ihre Musik als „Deep House“ bezeichnet. Unter der Woche ist sie Labelmanagerin bei Aromamusic, WAAP und Audio Collective.
Auf welche Weise verwendest Du selbst Werke Dritter?
Die fieseste Verwertung von Werken Dritter findet ständig in meinem blonden Hinterkopf statt. Ich höre einen Track und er lässt mich nicht mehr los und dann lasse ich mich davon inspirieren. Das kann sein dass ich nur das Arrangement analysiere oder dass ich einen Sound besonders toll finde und den dann nachbaue. Ich bin auch ein großer Fan von Disco, da wird es dann allerdings schwieriger weil ich da bereits Loops im Kopf schneide , die ich dann nicht verwenden darf.
Wie geht es Dir damit, wenn Werke von Dir remixt werden? Hast Du keine Angst, dass Leute damit Dinge tun, die Dir nicht gefallen?
Ich bin da schmerzfrei, denn mein Track steht ja als Original im Raum.Wenn jemand anderes da etwas Ekelhaftes daraus macht, steht ja sein oder ihr Name drauf . Ich stelle mir gerade zum Beispiel vor, Guetta remixt DJ Aroma, da kommt bestimmt was ganz schlimmes raus – aber was soll’s, ich würde sicher viele neue tolle Geräte von dem Geld kaufen können, das mir so ein Remix einspielt, wenn das korrekt geregelt wäre.
Aber der Regelfall ist ja ein anderer, man macht Remixe mit Freunden und für Freunde oder Künstler die man mag und da ist das nur ein großer Spaß unter Musikschaffenden. Denn man kann beispielsweise seine Lieblingstracks von anderen so remixen, dass sie noch einmal die Dynamik eines anderen Produzenten oder einer anderen Produzentin bekommen. Ich habe in den letzten zwei Jahren so viele Remixes gemacht, dass ich gerade ein Remix-Album vorbereite, das im November erscheint.
Was macht für Dich einen guten Remix aus?
Ein guter Remix ist auf jeden Fall eine eigene künstlerische Leistung in der Auseinandersetzung mit dem Werk. Die heute oft gängige Praxis ist: man nimmt einen sehr bekannten Track, legt einen Beat darunter und macht so den eignen Namen bekannter, aber Remix ist das keiner. Die Gründe hierfür liegen aber in einer anderen Problematik, denn heute regiert der Markt viel mehr als früher und den sogenannten Underground oder die Avantgarde gibt es kaum noch. Die meisten wollen heute mit Musik einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen, denn nur so kommt man an Gigs. Das hat im Zuge des Überangebotes eine fiese Dynamik angenommen.
Wie ist Deine Herangehensweise an Remixes?
Es gibt viele Möglichkeiten, wie man an Remixe herangeht, ich mache das immer von dem Material abhängig, das ich habe. Manchmal gefallen mir nur ganz kleine Parts und manchmal bleiben große Reste von Vocals oder einer Hookline, da ist der Wiedererkennungswert höher. Das ist im Vorfeld schwer zu sagen. Heutzutage kann man kaum noch wirklich aufwendig produzieren, weil der Verkaufszyklus von Musik immer kürzer wird. Bei Vinyl konnte vor 10 Jahren ein Track durchaus ein Jahr verkauft werden, bei Mp3s ist das Zeitfenster im Normfall heute gerade mal 6 Wochen bis 3 Monate.
Hast Du schon einmal aus nur aus rechtlichen Gründen ein Sample oder ähnliches nicht verwendet und warum?
Oh ja. Ich habe gerade mal wieder das aktuelle Problem weil ich mich an Disco vergriffen habe und genau weiß, wenn ich das herausbringe, dann bin ich auf der Flucht vor hungrigen Anwälten. Ich kann diesen Track nur live spielen, das ist legal. Aber bereits wenn ich den Liveact mitschneide und auf Soundcloud stelle, kann ich schnell ein Problem bekommen, also lasse ich es. Ich hätte kein Problem zu bezahlen, der Originalkünstler sollte ja auch seinen Anteil bekommen. Bei unserem Label regeln wir das immer 50% Original, 50% Remixer, das finden wir fair. Wenn man nicht solche „Unternehmen“ wie die GEMA hätte, die sich einfach weigern ein ordentliches Warenwirtschaftssystem bereit zu stellen, wäre auch die Abrechnung in einem größeren Rahmen kein Problem.
Wurdest Du schon einmal abgemahnt oder hattest rechtliche Probleme wegen Deiner künstlerischen Tätigkeit?
Ich habe bereits einen Prozess mit der GEMA geführt, weil ich keine Lust hatte für Dinge bei der GEMA zu bezahlen, die gar nicht aus deren Repertoire stammen. Das wird auch noch eine spannende Frage, wenn die GEMA einmal in einzelnen Tracks abrechnen muss, weil ich nämlich noch einen alten GEMA-Vertrag habe, indem die digitalen Rechte nicht enthalten sind. Mal sehen wie es auf dieser Tanzfläche weitergeht.
Was Abmahnungen betrifft bin ich sehr vorsichtig und halte mich da sehr genau an die Regeln. Für meine eigenen Werke mache ich von daher grundsätzlich keine Exklusivverträge, so dass ich das Recht an meinem Werk immer selbst behalte. Da gibt es dann vergleichsweise wenige Wege einen zu belangen. Ich habe zum Beispiel einmal einen Brief eines Anwaltes bekommen, der behauptete er würde die Rechteinhaber meiner Songs vertreten, da musste ich herzlich lachen.
Was hältst Du von der Idee, ein vergütetes Recht auf Remix einzuführen?
Ein vergütetes Recht wäre ein Traum und vor allem der Zeit angemessen. In absehbarer Zeit werden wir mit Samples und Loops wahrscheinlich gleich viel einspielen wie mit Tracks, da wäre es sinnvoll wenn man dann schon so weit wäre das zu vergüten. Die DJs werden aufgrund der neuen Technologien auch immer kreativer, was die Verwendung von Musik betrifft, da muss man Musik auch anders denken. Eine Grundforderung ist auch DJing als künstlerisch eigenständige Leistung zu honorieren, das verweigert die GEMA. Jeder Honk, der auf einem Klavier eine Taste trifft darf da als Künstler abrechnen, DJs aber nicht. Wenn man Tracks wie verlegte Werke betrachten würde könnte man ohne Probleme auch DJing als Kunstform anerkennen, dann gäbe es einen Anteil für die Aufführung bzw. Performance. Da ist wohl insgesamt ein grundsätzliches Neudenken erforderlich, da die letzten 30 Jahre technologisch und ästhetisch viel geändert haben. Bei Clubmusik ist das meiste Repertoire nicht GEMA-geschützt. Jetzt muss man sich nur mal vorstellen es würde im Clubkontext trackbasiert abgerechnet werden und nicht nach Gießkannen-Prinzip an die grossen Player verteilt, da würde viel mehr Geld an die Clubszene zurückfliessen.
Zum Abschluss, was ist Dein persönlicher Lieblingsremix?
Mein persönlicher Lieblingsremix ist momentan ein Track von Maurice Aymard aus Barcelona vom Galaktika Label. Der Track hat mich durch einen bösen Berliner Winter gerettet und da ich Maurice kenne habe ich ihn nach den Remix Files gefragt. Und dann waren wir uns einig dass wir kein Abrechnungskuddelmuddel wollen, sondern ihn verschenken. Freier Download auf meiner Soundcloudseite:
Das ist ein Crosspost vom Blog der Initiative ‘Recht auf Remix‘, die in einer Petition um Unterstützung samt Link zum persönlichen Lieblingsremix bittet.
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.