Das britische Government Communications Headquarters (GCHQ) bespitzelt umfänglich die Transatlantikkabel, die einen großen Teil des weltweiten Telefon- und Internetverkehrs transportieren. Das berichtet der Guardian in einer weiteren exklusiven Enthüllung auf Basis der ihm vorliegenden Snowden-Leaks.
Im Rahmen des Programms „Tempora“ wird der Datenverkehr für 30 (Metadaten) bzw. 3 Tage (Inhalte) zwischengespeichert, um dann nach Kriterien wie „Organisierte Kriminalität, Sicherheit, Terrorismus und wirtschaftlichem Wohlergehen“ [sic!] durchsucht zu werden. Das bedeutet der britische Geheimdienst hat Zugriff auf Telefongespräche, Inhaltsdaten sämtlicher Internetkommunikation und Internetlogs von bis zu 2 Milliarden Internetnutzer*innen!
The documents reveal that by last year GCHQ was handling 600m „telephone events“ each day, had tapped more than 200 fibre-optic cables and was able to process data from at least 46 of them at a time.
Die vermeintlich kurzen Zwischenspeicherzeiten beziehen sich dabei auf sämtlichen erfassbaren Traffic. Was aufgrund der breiten Kriterien als verdächtig gilt, wird dann höchst wahrscheinlich länger aufbewahrt. Und das dürfte nicht wenig sein. Die Leistungsfähigkeit des seit 18 Monaten laufenden Programms ist wohl steigend. Mit anderen Worten: Verdachtsmomente werden erst aus den Daten generiert. Was der Guardian da beschreibt, klingt wie Deep Packet Inspection auf der Überholspur.
The first filter immediately rejects high-volume, low-value traffic, such as peer-to-peer downloads, which reduces the volume by about 30%. Others pull out packets of information relating to „selectors“ – search terms including subjects, phone numbers and email addresses of interest. Some 40,000 of these were chosen by GCHQ and 31,000 by the NSA. Most of the information extracted is „content“, such as recordings of phone calls or the substance of email messages. The rest is metadata.
Schweigende Komplizen waren neben dem US-amerikanischen Geheimdienst NSA auch private Unternehmen. „Rechtsgrundlage“ für dieses gigantische Überwachungsunterfangen ist der „Regulation of Investigatory Powers Act“ (RIPA), so etwas wie die britische Version des in letzter Zeit viel diskutierten US-Gesetzes FISA: eine übermächtige Ausnahmeklausel für das Überwachen „ausländischen Datenverkehrs“ in weit gefassten Kategorien.
Der GCHQ schreibt mit Tempora seine zweifelhafte Geschichte als Großüberwacher fort. Laut dem NSA-Whistleblower Edward Snowden, ist der GCHQ damit sogar ein schlimmere Scherge als sein amerikanisches Pendant NSA. Das Rennen um die Trophäe des Großüberwachers schlechthin dürfte allerdings eng werden. Schließlich wurde erst vor wenigen Tagen bekannt, dass auch die NSA Internetkabel direkt abschnorchelt.
Einziger Wermutstropfen bei der Geschichte ist laut Guardian, dass immer mehr Internetverkehr über asiatische Kabel läuft. (Ich bin dahingehend kein Experte, nähere Hinweise gerne in den Kommentaren.)
Funfact: Unter den Dokumenten sind auch wieder Präsentationen zur Instruktion von Analyst*innen. Eine dieser Folien motiviert mit den Worten:
You are in an enviable position – have fun and make the most of it.
Wo käme man denn auch hin, wenn man instruierte: Sie arbeiten in einer ethisch-moralischen Grauzone. Seien Sie sich immer bewusst, dass sie die höchstprivate Kommunikation Ihrer Mitmenschen bespitzeln. Gehen Sie verantwortlich mit dieser Macht um, und veröffentlichen Sie Missbrauch von Kompetenzen jeglicher Art umgehend anonym auf der Whistleblower-Plattform Ihrer Wahl.
o tempora o mores –cicero
Entschuldige, aber das *innen nervt. Mit Analysten sind doch auch Frauen gemeint, das ist doch klar. Sagt ja zum Glück kein Mensch Fußgängerinnen und Fußgänger.
Das glaubst du. Die STVO wurde doch jüngst an diese Pesudogleichberechtigung angepasst: http://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/geschlechtsneutrale-stvo-vorsicht-zu-fuss-gehende–70453592.html
Da werden sicher alle Männer*innen, Frauen und Frauinnen (ich hoffe, ich habe niemanden diskriminierend ausgeschlossen!) hocherfreut sein.
Der Lesefluss wird zunehmend durch diese schreckliche „politische Korrektheit“ gestört und bin sicher, dass „Deutsch Lernende“ auch schon lange auf sowas gewartet haben… das macht das Lernen unserer Sprache gleich viel einfacher. Jeder Mensch mit einem vernünftigen Denkapparat weiß, dass man bei Lehrern, Bürgern und Teilnehmern nicht nur die männlichen Vertreter meint.
Ach, tut man das?
Da hier ja (schön populistisch) von einem guten alten Geschlechterdualismus ausgegangen und Genus und Sexus als etwas unabhängiges Verstanden wird, schlage ich vor, wir machen es der Universität Leipzig gleich und verwenden ab sofort nur noch das generische Femininum. Das stört dann dem Lesefluss nicht so sehr.
Genau, diese ’schreckliche politische Korrektheit‘. Es ist wirklich sehr schlimm, dass man heute Afro-Amerikaner sagen muss und nicht mehr das N-Wort verwenden darf. Einfach schrecklich….
Ich verrat dir mal ein Geheimnis: Sprache ist nicht statisch und entwickelt sich, teilweise passt sie sich gesellschaftlichen Veränderungen an. Aber pshht! Nicht, dass das zu viele Menschen erfahren….
Ein weiterer Grund für Transportverschlüsselung. Encrypt the web!