In Berlins c-base findet von Mittwoch bis Freitag das „International Summit for Wireless community Networks“ statt – wir hatten dazu schonmal etwas geschrieben. Gerade hielten Sascha Meinrath, Direktor des Open Technology Institutes und der Berliner Staatssekretär Björn Böhning die Keynotes. IS4CWN bietet Aktivisten, Hackern, Techies, NGOs und allen anderen Interessierten und Involvierten in Community Wireless Networks eine Plattform zum netzwerken, austauschen und fachsimpeln. Wir berichten für euch an dieser Stelle etwas darüber. Das Programm gibt es hier und den Live-Stream hier.
Keynote – Sascha Meinrath
Sascha Meinrath erzählte davon, wie seine persönliche Arbeit in und für Community Wireless Networks vor nun 13 Jahren in den USA startete. Als damaliger Psychologie-Student an der University of Illinois at Urbana–Champaign startete er ein kleines Wifi-Projekt. Interessant ist, dass Meinrath davon überzeugt ist, dass für den Erfolg von CWNs es nicht nur reicht tolle Technik zu entwickeln und rechtliche Hürden zu ebnen – seiner Meinung nach viel entscheidender ist es den Kern der Sache zu erkennen: Soziale Beziehungen, Mitgefühl, Reflexion. Das sollte in Meinraths Augen der Grundstein jeglicher Anstrengungen sein.
Session: Community Organizing and Alternative Business Models (Bart Braem, Russell Senior)
Präsentation der europäischen CONFINE Projekts – akademische Perspektive und Analyse von Community Wireless Networks. Bisher wurden 19 CWNs ‚weltweit‘ (nicht Asien) untersucht. Hierbei kamen seit Start des Projektes in 2011 schon ein paar Erkenntnisse zustande:
- Die meisten nutzen OpenWrt als Router-Firmware
- OLSR als Routing-Protokoll ist am beliebtesten
- Als Hardware sind Geräte von Ubiquity sehr beliebt.
- Die größten Hürden für CWN Projekte sind Finanzierung, freiwillige Helfer finden und motivieren, Standorte für Nodes und, natürlich, rechtliche Unsicherheit
Im Publikum kamen einige interessante Fragen für das nächste Survey auf: Was ist das Ziel und die Motivation der einzelnen CWN-Initiativen? Sind solche CWNs eher von Hackern und Nerds für Gleichgesinnte, oder gibt es CWNs, die aktiv Support geben für den gewöhnlichen Nutzer? Wie kann man Erfahrungen zwischen CWN-Initiativen besser austauschen?
Nachfolgend spricht Russell Senior vom Personal Telco Project aus Portland, USA. Es ist eine kleine Gruppe engagierter Menschen, die zur Zeit ein CWN betreiben, das vor dem Aus steht – da der verantwortliche ISP bald den Zugang sperren wird. Nun gilt es die Community zu mobilisieren, Freiwillige zu finden und Menschen, die den Wert eines CWNs erkennen und dies unterstützen. Damit scheint es zur Zeit nicht sonderlich gut zu laufen…
In der Diskussion kam auf, dass CWNs nicht darauf fokussieren sollten einfach einen Zugang zum Internet zu bieten, sondern einen Mehrwert für die konkrete Community bieten sollten – durch Dienste, Inhalte, o.ä.
Session: Clommunity – A cloud solution for community networks
Clommunity ist ein Projekt aus Kolumbien das versucht ‚die Cloud‘ in Community Networks zu bringen. Der Ansatz dabei ist, nicht auf große Cloud-Server zu setzen, sondern dass stattdessen jede Node mit einem kleinen Rechner ausgestattet ist, auf dem man Dienste anbieten kann – ‚Cloud in a Box‘. Philosophie dabei: Die Bürger sind die Betreiber des Netzwerkes, der Cloud und sollten somit auch über die zur Verfügung stehenden Dienste bestimmen. Die Betreiber von Clommunity bzw. guifi, auf dem Clommunity aufbaut, möchten von der „Konsumentenhaltung“ des Internets weg und dem Nutzer mit diesen Initiativen auch mehr Verantwortung übergeben.
Session: Solutions to break Iran’s digital blockade (Hamed Behravan, Trevor Ellerman, Danielle Kehl)
Behravan schildert, dass seit den Wahlen und der neuen Regierung in Iran weniger Seiten geblockt wurden (Twitter, Facebook und YouTube waren immer wieder für einige Stunden verfügbar). Zwar fast jeder in Iran, der das Internet benutzt, wie man durch Proxies u.a. Sperren umgeht, allerdings sieht Behravan ein großes Problem darin, dass nur wenige wissen, wie man sich sicher online bewegt. (Verschlüsselung, 2-Way Auth) Das ist vor allem wichtig, da die iranische Regierung im Zweifelsfall Rechner einfach beschlagnahmt, Blogger inhaftiert und verhört.
Wenn man zur Zeit CWNs in Iran einsetzen möchte, um letztlich den Kontrollen der Regierung aus dem Weg zu gehen – ähnlich der Benutzung eines Satelliten-Telefons – darf man das nur mit Erlaubnis einer Regierungsbehörde. Wenn man dieses Zertifikat nicht hat, kann man sich schon mit einem CWN strafbar machen.
Ellerman: Solange man sich mit dem zentralen Backbone der Iranischen Regierung verbindet, ist die Regierung meist sehr nachgiebig. Gefährlich wird es, sobald die Regierung denkt, dass die Backbones umgangen werden.
Abschluss Tag 1: Ten Years of Freifunk History in a Nutshell
— Tag 2 —
Keynotes von Joana Varon Ferraz, Forscherin des Centers for Technology and Society aus Rio de Janeiro, zum Thema Community Wireless Networks für ICT4D (Information Communication Technology for Development). Außerdem sprach Mahabir Pun aus Nepal über das CWN Projekt in Nepal. Nepal Wireless ist eines der CWNs, die nicht nur Zugang zum Internet ermöglichen, sondern eigene, an die Community angepasste Dienste zur Verfügung stellen. Eine große Rolle spielt hier vor allem die Telemedizin: Durch Ferndiagnose mittels Video wird versucht die oft sehr große Distanz zwischen Doktor und Patienten in Nepal zu überbrücken.
Session: Beyond Connectivity: How Do We Ensure Transfer of Knowledge in Low-resource Communities?
Peter Bloom, Jon Camfield, Trevor Knoblich
Frage der Gesprächsrunde: Wie kann man Nachrichten und Informationen zu Menschen in Regionen bringen, die nur über simpelste Telekommunikationstechniken verfügen. Trevor von FrontlineSMS nutzt SMS, um wichtige Informationen über GSM zu verschicken. FrontlineSMS wird in Entwicklungsländern genutzt um Neuigkeiten zu verschicken, es gibt die Möglichkeit sich beim Service anzumelden und und dann entsprechende News zu einem bestimmten Themen-Bereich zu empfangen, oder Crowd-Sourcing zu betreiben.
Peter Bloom erzählt von rhizomatica – ein Projekt aus Mexiko. Die Initiatoren von Rhizomatica helfen Communities ein eigenes GSM-Netz aufzubauen, damit alle Nutzer wesentlich günstiger kommunizieren können und Nachrichten über ihre Mobiltelefone erhalten können. Mittlerweile wurde das System ausgebaut und bietet viele zusätzliche Feature – u.a. Radio und Citizen News.
Joncamfield von internews spricht über die verschiedenen Projekte, die darauf abzielen, dass Bürger sicher kommunizieren können, Zugang zu kritischen Informationen erhalten und selbst über Geschehnisse berichten können. Internews kooperiert u.a. mit The Guardian Project, die Gibberbot herstellen – eine Android App, mit der man verschlüsselte Nachrichten versenden kann. Oder auch StoryMaker, das Citizen Reporting ermöglicht.
Interview: Jon Camfield von Internews über seine Arbeit, das Summit und Citizen Reporting. [OGG]
Abschluss Tag 2: Amelia Andersdotter
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.