Einen lesenswerten Kommentar zur Urheberrechtsdebatte liefert der Hamburger Sozialwissenschaftler Janosch Schobin in der TAZ unter dem Titel „Der Sharer ist die Zukunft“.
Der Sharer ist im Recht – im Recht der kommenden Zeit, deren Praxis längst unsere geltende Rechtsordnung ad absurdum geführt hat. Wer sich heute gegen den Sharer stellt, stellt sich stur gegen den Weltgeist. Sharing ist vernünftig – auch im Bereich des geistigen Eigentums.
Wir werden den Sharer nur vertreiben können, wenn wir bereit sind, unsere bürgerliche Freiheit an den Nagel zu hängen. Und wer für diesen Weg ist, der ist ein ärgerer Feind als derjenige, der das Urheberrecht verletzt.
Kurz zusammengefasst: Da das Teilen in Zeiten der Ressourcenknappheit wirtschaftlich Sinn mache, werde es sich in Zukunft durchsetzen, und zwar auch bei kreativen Schöpfungen. Im Mittelpunkt stehe die Frage, wie eine Sharing-Infrastruktur aussehen könne, die sowohl den eigentlichen Schöpfer als auch die Verbreiter sowohl materiell als auch über gesellschaftliches Ansehen entlohnen. Ein „Pyramiden-Modell“ mit stufenweiser Wertschöpfung mache am meisten Sinn. Verteilungs-Monopolisten wie Youtube stünden solchen Modellen aber im Weg.
Es ist höchste Zeit die richtigen Parteien in ein Boot zu bringen und die weitestgehend banalen Mittelsmänner auszuschalten. Dafür müssen sich die Sharer ihrer Rolle in der kommenden Gesellschaft bewusst werden. Noch verharren sie in einer naiven Antihaltung.
Die Verwerter gehen einen Schritt weiter. Gefeatured von Adam Soboczynski („Die Attacke – Wie die Künstler um ihre Rechte kämpfen“, in der „Zeit“ von morgen, Ausgabe 20/2012) gibt es ein „Wir sind die Urheber“-Schreiben wie aus dem Buch der Kulturkonserven: http://pastebin.com/Te6zC89D
Ich hatte den Kommentar schon unter den Originalbeitrag geschrieben, aber irgendwie bemüht sich da ja niemand zu antworten. Vielleicht weiß ja hier jemand, was der Autor damit meinte:
„Es sorgt gleichzeitig dafür, das die Sharer kein Interesse an Trittbrettfahrern haben können, die die Produkte umsonst teilen.“
Das verstehe ich noch nicht ganz. Ein Sharer kann doch jeder im Internet sein. Warum sollte nicht jemand ein Interesse daran haben, den anderen Leuten etwas kostenlos zur Verfügung zu stellen, das er gekauft hat. Einen gewissen Preis kann ihm die Anerkennung für seine „Befreiung“ der Inhalte von einer eventuellen Bezahlschranke ja wert sein. Und nach dem System wäre das auch noch legal – es sagt ja keiner, dass man für das sharen überhaupt Geld verlangen muss.
Ein bedingungloses Grundeinkommen würde die Frage nach der angemessenen Vergütung eher nebensächlich machen (leben geht ja schon) und gleichzeitig die moralische Verpflichtung stark erhöhen – im Gegensatz zu dem, wie es jetzt meistens ist (Kauf-DVD: 3 Minuten „du böser Raubkopierer“, Kopie: „Klick und los!“)
Je länger ich über en BGE nachdenke, desto mehr Sinn macht es.
Wie kann bei einem „goldenen Pyramidensystem“ wo auf jeder Stufe Geld verdient wird am Ende ein günstiger Preis herauskommen? Wenn sowohl der Künstler als auch alle folgenden Sharer etwas verdienen wollen steigt der Preis doch eher mit jeder Stufe.
Am Ende stünde ein System wie wir es jetzt schon haben..
Pyramidensystem ist hier ein sehr abstrakter Begriff. Im wesentlichen verstehe ich den Beitrag als Pro-Zusprechung für Filesharing. Wenn hier jeder Content legal ausgetauscht werden könnte, dann würden wir ein anderes Internet vorfinden. Dann würde mehr Dezentralisierung herschen und es gäbe Alternativen zu den Großen Portalen Youtube und Facebook. Videos würden direkt über P2P gestreamt werden. Zensur würde erschwert, da man eine Datei nicht einfach aus dem System entfernen könnte. Mir ist dabei trotzdem jeder Anbieter recht, der es ermöglicht kostenlos Content bereitzustellen. Daten zu hosten, alleinig auf P2P Basis könnte aber der nächste technologische Schritt sein hin zu einem robusteren Netz. Wenn man sich alleine die DDOS-Attacken der Vergangenheit anschaut und die rigiden Antworten auf „Cyberwar“ erscheint mit P2P die pragmatische Antwort darauf zu sein. Das Ding ist nur, dass man dazu Kontrolle abgeben muss.
Sry für den zeiten Post, aber ich habe dir nicht die Vergütungsmöglichkeiten in einem solchen System aufgezeigt. Das heutige Markmodell schon jetzt nur noch zu einen kleinen Teil davon, dass ein Künstler über Verkäufe von Kopien seines Werkes lebt. Die oft gehörte Aussage „Ein Künstler muss doch von seinem Werk leben können“ hört sich erstmal gut an, ist aber einseitig und polemisch. Ein guter Künstler, mit ausreichend Fans und einem guten Produkt sollte von seinem Einnahmen leben können. Wichtiger wird werden, dass ein Künstler von dem Vertrauen und Interessensweckung seiner Fans abhängig sein wird.
Für mich ist Crowdfunding (z.B. über kickstarter.com) eine der interessantesten Entwicklungen in dieser Zeit. Hier fianzieren Fans dem Künstler die Entwicklung eines Albums im Vorraus. Je nachdem wie viel ein Fan ist bereit ist zu vorzufinanzieren, kann er weitere Goodies erhalten, wie zum Beispiel eine Kopie des fertigen Albums auf CD, eine Konzertkarte, bis hin zu einem persönlichen Treffen mit dem Künstler. Erfolgreich finanzierte Projekte sind für den Künstler finanziell risikofrei. Einzig Reputation kann er verlieren, wenn seinen Fans das Album nicht gefällt.