Google Art Project: Das nicht wirklich offene Museum

Mit dem am 1. Februar gestarteten Google Art Projekt können von nun an 2 Milliarden Internetnutzer die 17 bedeutendsten Kunstmuseen der Welt virtuell besuchen. In Deutschland haben sich die Gemäldegalerie und die Alten Nationalgalerie in Berlin an dem Projekt beteiligt. Weitere Museen sind etwa das Museum of Modern Art in New York, die Londoner Tate Gallery, der Palast von Versailles oder das Van Gogh Museum in Amsterdam.

Nach 360°-Rundgängen durch die Museen kann man sich eine eigene Sammlung aus den insgesamt 1 061 Gemälden zusammenstellen, sie kommentieren und sie per Twitter oder Facebook mit Freunden teilen. Jedes Museum hat zudem ein Gemälde ausgewählt, das mit einer „Gigapixel“-Fototechnologie aufgenommen wurde. Die Staatlichen Museen zu Berlin haben beispielsweise die Werke „Der Kaufmann von Gisze“ (1532) von Hans Holbeins d. J. und „Im Wintergarten“ (1879) von Edouard Manet beigesteuert.

Wie könnte man da annehmen, dass ein solches Projekt nicht dem freien Zugang zu Kunst, Kultur und Wissen dient? In vielen Medien wurde eher positiv über das Projekt berichtet.

Aber die eigentliche Voraussetzung für die Zusammenstellung einer eigenen Sammlung ist natürlich die Einrichtung eines Google-Kontos. Dann erst könnte man die Sammlung auch mit anderen teilen. Eine freie Verbreitung von Wissen und Kunst ist das nicht gerade. Denn es gibt keine (offizielle) Möglichkeit, die Bilder herunterzuladen. Die interaktiven Bereiche der Seite, die zum Rundgang und zoomen dienen, gibt es nur im Flash-Format.

„Wenn ich beispielsweise Kunst- oder Geschichtslehrer bin, muss ich meine Schüler auf die Seite schicken, um Ihnen die Werke zu zeigen“ kritisiert Adrienne Alix, Vorsitzende von Wikimédia Frankreich, in ihrem Blog.

Aber nicht nur die technischen Einschränkungen sind ein Problem. Auf der Seite des Google Art Projekts wird explizit jegliche Nutzung der Werke, außer natürlich einer Betrachtung im Netz, verboten. Auf der FAQ-Seite des Google Art Projekts kann man lesen:

The high resolution imagery of artworks featured on the art project site are owned by the museums, and these images are protected by copyright laws around the world. The Street View imagery is owned by Google. All of the imagery on this site is provided for the sole purpose of enabling you to use and enjoy the benefit of the art project site, in the manner permitted by Google’s Terms of Service.

Und das betrifft auch die Gemälde, die zum Gemeingut gehören. Denn selbst wenn der Schutz nach dem Urheberrecht abgelaufen ist, muss dies nicht unbedingt auf Fotos oder Reproduktionen gemeinfreier Vorlagen zutreffen. Diese These, und vor allem dieser Zustand, findet nicht nur Befürworter. So ist auch der Historiker Klaus Graf Gegner der Vermarktung durch Museen und meint, dass Kulturgut ein frei nutzbares Allgemeingut sei. In einem Artikel der Kunstchronik schreibt er:

Dass bei der originalgetreuen Wiedergabe von zweidimensionalen Vorlagen nach herrschender juristischer Lehre (die der Fotografenlobby natürlich nicht genehm ist) kein Schutzrecht nach § 72 Urheberrechtsgesetz entsteht, ignoriert man.

Auch bei der Wikimedia Foundation gibt es Widerstand gegen das Projekt. In der Kategorie „Google Art Project“ des Wikimedia Commons findet man bereits mehrere Werke in hochauflösendem Format. Auch der französische Blogger Bohwaz hat jetzt eine simple (aber legal fragwürdige) Antwort gefunden: Die Werke ganz einfach runterladen.

Und so geht’s:

– Unter Linux ImageMagick installieren (apt-get install php5-cli imagemagick)
– Dann das Skript dort http://paste.balbinus.org/765 runterladen und beispielsweise unter „gap_download.php“ abspeichern.
– Schließlich folgenden Befehl mit der URL des gewünschten Gemäldes eingeben (zum Beispiel No Woman No Cry von Chris Ofili) :
$ php gap_download.php http://www.googleartproject.com/museums/tate/no-woman-no-cry

(Crossposting von vasistas?)

30 Ergänzungen

  1. Also da könnte ich mich schon wieder aufregen. Ich persönlich finde es sehr gut, das Google hier sein KnowHow zur Verfügung stellt und uns die großen Kunstwerke so ansprechend präsentiert.

    Man darf dabei 2 Dinge nicht vergessen. Google ist eine Firma und ich finde es verständlich, wenn man einen gewissen Werbeeffekt erzielen möchte, indem ein User eben auf die Seite von Google gehen muss um die Sachen zu sehen. Darüberhinaus gibt es ja auch keine PopUps und Werbebanner.
    2. Darf man nicht vergessen, das es einen so leichten Zugang bis vor einigen Wochen nicht gab. Man kann Bilder aus nächster Nähe betrachten, den Pinselduktus erkennen, sich historische Informationen durchlesen und auch anhören.

    Wenn ich dann höre, dass so ein Kunstlehrer dahergeschissen kommt und sich ärgert das man die Bilder nicht herunterladen könne und man beim bösen Kapitalisten auf die Internetseite gehen müsse, dann kann ich nur den Kopf schütteln.
    Es wird niemand gezwungen und er kann seinen Unterricht gerne mit Materialen aus anderen Quellen bestreiten, die es zweifelsohne gibt.

  2. Natürlich wurde der größte Skandal an der ganzen Geschichte im Beitrag überhaupt nicht behandelt:

    Bei den meisten der 17 Museen muss man Eintritt bezahlen um hinein zu gelangen und sich die Bilder anzusehen. SKANDAL!

  3. Stimme den vorhergehenden Beiträgen voll zu!
    Manche Leute können andere nur schlechtmachen. Im Museum kann man auch nicht einfach ein Bild abhängen und mitnehmen…

  4. Irgendwann reicht es ja auch mal mit der Meckerei, finde ich. Es gibt jetzt eine Möglichkeit, die es vorher nicht gab. Das ist gut! Sehr gut sogar.

  5. Wie die vorherigen schon sagen: Was ist so schlimm an den Umständen?

    Wenn ich die Bilder in einem Museum sehen möchte muss ich auch Eintritt bezahlen und kann nicht ‚gemeinfrei‘ einfach reingehen und es mir ansehen.
    Zudem darf ich in den meisten Museen inzwischen auch keine Fotos mehr machen, also kann ich dort auch keinen Abzug mitnehmen.

    Und wenn der Lehrer lieber mit allen Schülern ins Museum fahren will anstatt Ihnen die Gemälde im Internet zu zeigen dann soll er doch. Oder Bücher kaufen wo es drin abgebildet ist. Gibt’s die umsonst? Nein. Und daraus kopieren darf ich auch nicht ohne weiteres.

    Ich sehe hier keinen Grund auf der Krake rumzuhacken. Da gibt es wichtigere Dinge als der freie und barrierefreie Zugang über Google ArtProject zu den Gemälden (auch wenn viele Museen barrierefreie Zugänge haben – aber auch noch lange nicht alle).

  6. hi,

    ich frage mich gerade, in welchem der teilnehmenden museen man ohne eintritt diese werke sich ansehen kann? oder welches museumshop plakatgrosse drucke der werke verschenkt?

    ich mag googles restiktionen auch nicht, und aufpassen muss man schon.

    aber hey, ich habe bisher van goghs pinselstrich nicht annähernd so gesehen. und das macht lust auf mehr. genau wie bei dem verlinkte werk von chris ofili.

    was läuft den gerade falsch? google verlangt ja nicht das man sich anmelden muss um die werke zu betrachten!

    grüsse
    m

    ps.:
    ich finde es ein rückschritt das google hier flash einsetzt.

  7. Nicht die Tatsache, daß ich auf die Google seite muß, ist verwerflich, sondern die, daß ich zur Betrachtung ein google-Konto benötige.

    Zur Analogie mit den Museen, welche Eintritt verlangen: speichern die die Adressen und Namen der Besucher – und wer die Daten nicht angibt, kommt nicht rein?

  8. Hi,
    also wenn ich das richtig sehe muss man doch nur einen Google-Account haben, wenn man eine „Artwork Collection“ erstellen will, oder?

    Und wie bereits vorher von einem Kommentator gesagt .. lang lebe das Browserlesezeichen. :-)

  9. Der Punkt ist doch der, dass die ganzen Werke gemeinfrei sind und die Fotos an sich kein neues Urheberrecht begründen. Wenn man ein Herunterladen nicht direkt ermöglichen will – kein Problem. Wenn man aber irgendwelche Behauptungen zur weiteren Verwendung aufstellt, die nicht der Wahrheit entsprechen, darf man das ja wohl noch kritisieren.

  10. Und was ist am Status Quo jetzt schlechter als vorher?

    Klar sind die Punkte durchaus kritisierbar – allerdings ist der Artikel in einem Tonus gehalten, der annehmen lässt, dass das Projekt eine Verschlechterung darstelle. Sätze wie „Auch bei der Wikimedia Foundation gibt es Widerstand gegen das Projekt.“ sind irgendwie irreführend. „Schafft es ab, weil’s nicht vollkommen grenzenlos frei ist“?

  11. Verschiedene Punkte wurden in vorherigen Kommentaren schon richtig gestellt: 1. Man braucht kein Google Konto um die Bilder anzusehen. 2. Man kann auf die Bilder direkt verweisen.

    Ich möchte noch auf etwas anderes verweisen. Es gibt einen bekannten Kuenstler (Name entfallen), der Fotografien von Bildern ausstellt. Er kann das machen, weil das Ins-bild-setzen und das Foto als kuenstlerischer Beitrag gewertet werden koennen.

    Wenn es um Nutzungsrechte geht wird oft der kleinste gemeinsame Nenner genommen. Google gibt oft weitreichende Nutzungsrechte. Dagegen war ich schon oft in Museen, wo das Fotografieren (auch ohne Blitz) verboten war.

  12. Ich sehe bei dieser Sache nichts Verwerfliches von Googles Seite. Die Museen behalten sich, gemeinfrei hin oder her, die Rechte für die Reproduktion der Bilder vor. Deshalb auch Eintrittspreise und Fotoverbot. Google ist eine Firma, die Geld verdienen will und muss. Ich kann mir die Bilder anschauen, runterladen will ich sie nicht unbedingt, kostenfrei und ohne Reisezeit.
    Wenn die Sache so einfach wäre, wie öfter dargestellt, dann wären die virtuellen Rundgänge in Museen durch diese schon längst selbst ins Netz gestellt worden.
    Also warum die Aufregung?
    Weil Google wieder mal dran war?

    P.S. Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Google, aber die ständigen Angriffe nerven. Vor allem, man muss ja nicht auf die Seite gehen. Ich kann auch weiter ins Museeum meiner Heimatstadt gehen.

  13. Ich muss mich meinen Vorrednern anschließen!

    Wie könnt ihr es wagen kritisch über einen so tollen Service von Google zu berichten?

    Google unser im Himmel
    Dein Reich komme
    Dein Wille geschehe
    Wie in der Cloud so auf Erden
    und führe uns nicht in Versuchung zu Hinterfragen warum du uns so viele Daten im Tausch gegen unsere Daten zur Verfügung stellst –
    Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit
    Amen

  14. Die Frage bei der ganzen Sache ist, wie Google das Projekt vermarktet. Werben Sie mit „Freier und uneingeschränkter Zugang zu Kunst“, dann finde ich die Kritik berechtigt. Werben Sie z.B. durch „Kostenlos Kunst ansehen“, dann ist die Kritik nicht berechtigt.

  15. Der Vergleich mit Eintrittspreisen und Fotografierverbot hinkt ein wenig.

    Eintrittspreise sind für den Erhalt der Ausstellungsräume da, wogegen ein vollständiges Herunterladen und anderweitiges Weiterverbreiten Google eher entlastet.

    Fotografierverbote kamen ursprünglich daher, dass zuviele Spacken zu blöd waren (Entschuldigung für die Ausdrucksweise), das Blitzlicht abzuschalten und das nicht gut für die Kunstwerke war.

  16. Man sollte auf das Urheberrecht zurückkommen: Eine hochauflösende Reproduktion des Photos sollte keine neuen Urheberrechte begründen. Wenn ich das aber richtig verstehe scheint es (noch) so zu sein.

    Eine künstlerische Betrachtung durch das Objektiv hingegen sollte schon zu einem neuen Urheberrecht führen. Das zu beurteilen obläge den hoffentlich sachverständigen Richtern.

    Es wäre natürlich wesentlich altruistischer und mit Sicherheit ethischer diese Kunst durch hochauflösende digitale Reproduktion sämtlichen Menschen kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

    Problematisch dabei ist natürlich die Bezahlung der damit verbundenen Arbeit. Bis wir zu einer Gesellschaft kommen in welcher Arbeit um des Ergebnis- und nicht um des Geldeswillen getan wird haben wir noch eine Weile vor uns. Der Weg dorthin scheint sich aber langsam abzuzeichnen….

  17. Sicher kann man generell über Googles Art und Weise des Umgangs mit und Zugangs zu Medien und Informationen streiten – für mich als Maler ist ausschlaggebend, dass ich so einige Bilder sehr nah betrachten und auch studieren kann – allein diese Tatsache macht dieses Projekt ungemein wertvoll(So nah komm ich im Museum NIEMALS!!! ran). Und es wird ja keiner zu einem Googlekonto gezwungen …

  18. Finde diese Online-Galerie eine tolle Sache, Kritik hin oder her. Das Google das nicht aus reiner Menschenliebe macht ist schon klar, aber solange der Zugang frei und umsonst ist sehe ich da kein Problem.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.