Abmahn-Jahresbericht 2009 (Update)

Am vergangenen Freitag hat ein Konsortium aus Abmahn-Gegnern einen Jahresbericht für 2009 veröffentlicht. Der Report sieht mehr als 450.000 abgemahnte Filesharer im vergangenen Jahr, eine extreme Zunahme gegenüber gut 250.000 in 2008. Die Verfasser sehen darin den Beleg für eine florierende Abmahn-Industrie mit Einnahmen von geschätzten 290 Millionen Euro.

Allerdings liegen diesen Angaben lediglich 2.729 Datensätze zugrunde, die in Foren und durch freiwillige Meldungen gesammelt wurden. Daher sind die Aussagen der Studie mit ausgesprochener Vorsicht zu genießen, auch wenn die Verfasser betonen, die angenommene Gesamtzahl von 450.000 Filesharing-Abmahnungen würde sich mit den Schätzungen von Experten treffen.

Hinter besagten 2.729 erfassten Abmahnungen standen laut Studie 159 verschiedene Rechteinhaber. Auffällig ist, dass ein Großteil der Abmahnungen von einem kleinem Kreis an Anwaltskanzleien stammen soll. Die Verfasser der Studie gehen davon aus, dass der Marktführer allein 2009 Einnahmen von mehr als 76 Millionen Euro verbuchen konnte, weitere Kanzleien folgen mit zweistelligen Millionenbeträgen nach.

Auch wenn diese Zahlen wenig verlässlich sind, lässt vieles darauf schließen, dass die angenommenen Strukturen im Abmahnwesen tatsächlich existieren. Hinter dem Bericht stehen der Verein zur Hilfe und Unterstützung gegen den Abmahnwahn e.V., die Initiative Abmahnwahn-Dreipage, Gulli.com und Netzwelt.de. Gulli.com hatte im vergangenen November Belege für das vermeintlich rechtswidrige Verhalten von Abmahnkanzleien und Filesharing-Jägern veröffentlicht.

Demnach betrieben die Kanzleien Abmahnungen im großen Stil als lohnendes Geschäft – und böten Rechteinhabern illegalerweise ein Vorgehen gegen Gewinnbeteiligung an. Das Versprechen dabei: „Turn piracy into profit“ – Abmahnungen nicht als Mittel gegen Urheberrechtsverstöße, sondern als eine Einnahmequelle neben anderen.

(via)

Update: Gulli:news berichtet über erste Reaktionen der betroffenen Kanzleien auf den Jahresbericht. Björn Frommer von der angeblich bestverdienenden Kanzlei Waldorf bezeichnete die Zahl von 90.000 verschickten Abmahnungen im Jahr 2009 als „völlig aus der Luft gegriffen“. Die wahren Werte lägen „deutlich niedriger“. Auch die Kanzlei Nümann & Lang will die Angaben des Reports nicht bestätigen, in ihrer Pressemeldung heißt es allerdings:

Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch die Tatsache, dass die Fallzahlen der im Jahr 2009 aufgedeckten und verfolgten Urheberrechtsverstöße in Filesharing-Netzwerken sich wohl tatsächlich insgesamt im sechsstelligen Bereich bewegen dürften und die Dunkelziffer nicht ermittelter und verfolgter Urheberrechtsstraftaten in Filesharing-Netzwerken noch deutlich höher ist.

5 Ergänzungen

  1. “Turn piracy into profit” – Abmahnungen nicht als Mittel gegen Urheberrechtsverstöße, sondern als eine Einnahmequelle neben anderen.

    Hatte ich schonmal drauf verwiesen, aber schaut euch mal diesen Beitrag aus CT-TV an: Aus heiterem Himmel – Wie zwei Rentner in die Abmahnfalle tappen (ab Minute 0:30). Der Abgemahnte muss beweisen, dass er unschuldig ist.

    Die Rechteindustrie kann also JEDEN abmahnen, völlig beliebig und egal, ob sich der Abgemahnte etwas zu schulden hat kommen lassen oder nicht.

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