In China nimmt man das mit dem Klagen jetzt ernster als zuvor: die IFPI hat teilweise erfolgreich Yahoo darauf verklagt, die Verlinkung illegaler MP3-Dateien zu unterlassen. Vor WTO-Beitritt und vor formaler Anerkennung von Privateigentum wär das nicht so möglich gewesen. Urheberrecht.org berichtet aus aktuellem Anlass:
Der chinesische Ableger des Internet-Suchmaschinenbetreibers Yahoo! muss die Verlinkung auf Hunderttausende von illegalen Kopien von Musikdateien unterlassen. Wie die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) am 24.4.2007 meldet, hat ein Pekinger Gericht entsprechenden Klagen vom Januar 2007 stattgegeben. Nach Angaben des Verbandes sah das Gericht die MP3-Suchseite von Yahoo! China als mitursächlich für Verletzungen der Urheberrechte der von der IFPI vertretenen Musikunternehmen an. Über die Seite wird das Auffinden, der Download oder das Anhören von illegalen Gratis-Musikdateien ermöglicht, ohne die Seite von Yahoo! verlassen zu müssen.
Auch SpOn berichtet, aber mit gewohnt reißerischem Titel: Yahoo wegen Raubkopien verurteilt. Man beachte, dass hier einmal mehr „Raubkopien“ mit ohne Genehmigung der Rechteinhaber zum Download bereitgestellten bzw. in diesem Fall bloß verlinkten Mediendateien gleichgestellt werden.
Dementsprechend muss der chinesische Yahoo-Ableger jetzt alle Verweise auf Gratis-Angebote für illegale Musik-Downloads von seinen Internetseiten entfernen. Das Gericht in Peking verurteilte den Suchmaschinenbetreiber außerdem zu einer Strafzahlung in Höhe von 19.000 Euro (200.000 Yuan).
Damit bleibt das Gericht allerdings weit hinter den Forderungen der Kläger zurück. Die hatten von Yahoo China einen Schadenersatz in Höhe von 525.000 Euro (5,5 Millionen Yuan) wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße gefordert.
Letztlich sind das doch nur Peanuts, auch wenn die offiziöse PR die Aktion als Erfolg feiert:
“This is a good news day for the music industry. This judgement will boost the growth of a licensed digital music business in China and provide better protection for intellectual property in this vast, exciting market. The ruling promises to improve the whole environment in which the local and international music industry does business in China. …
“The judgment gives our members the legal basis to require all music search engines in China to remove infringing links from their service – which we will do. The Court has effectively called time on this type of mass digital piracy in China. Now we must see that this ruling is respected by all those who seek to profit from providing access to music online in this way.”
Erst Yahoo China, dann Hong Kong. Bei der FTD klingt das so: „Guter Wille an der Copyright-Front“.
Vorerst demonstriert China Kooperationswillen: Jüngst beschloss die Regierung einen Aktionsplan gegen Verletzungen geistiger Eigentumsschutzrechte – der deutlich strengere Strafen vorsieht als sein Vorgänger. 14 Gesetze und Verordnungen sollen reformiert werden. Anfang April wurde die Schwelle für Strafprozesse gegen CD-Kopierer gesenkt: Vor den Kadi muss, wer 500 Stück besitzt – vorher waren es 1000.
Solche Fortschritte müsse man stützen, heißt es aus der europäischen Industrie – etwa mit der Ausbildung chinesischer Richter und Zollbeamter. Der Sinn einer Konfrontation vor der WTO erschließt sich Friedolin Strack vom Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft nicht. Er setzt auf Chinas Eigeninteresse: „Vor den Olympischen Spielen 2008 wird der Staat darauf erpicht sein, sich die Marketingeinnahmen aus dem Ereignis zu sichern.“
Hintergrund ist natürlich das kulturelle Großreinemachen vor der Olympiade 2008, an der auch gemessen werden wird, obwie weit der chinesische Markt sich verwestlichen lässt. Dabei wissen wir aus dem Alten Europa doch schon lange: Geistiges Eigentum ist “Fehler des Kapitalismus”. Mal sehen was der morgige „Welttag des geistigen Eigentums“ noch so an Kapiteln bringt.
UPDATE: Auch ContentAgenda.com berichtet: „Court orders Yahoo China to unlink 229 songs in copyright case decision“, und hat einige Details von Captain Obvious:
Besides Baidu and Yahoo China, other Chinese search engines, such as Sina’s iAsk, Sohu’s Sogou and Zhongsou, operate similar music search services, which are magnets to teenage internet users looking for free entertainment. „We are going to take action against similar music linking services,“ Ms Leong said. „The court’s decision yesterday is a step in the right direction. It will help China to grow legitimate online music business.“
In its statement after the decision, Yahoo said the case „has far-reaching implications for all search engines. An important principle is at stake in this case – that search engine operators should not be held liable for content posted on third-party websites“.
Baidu used the same argument in winning in its cases against the music companies last November. The music companies are appealing against that decision.
While the music companies attributed yesterday’s triumph to the new regulation, an industry source said politics were at play.
„The decision came just before April 26, the international intellectual property rights [IPR] day,“ the source said. „And the US government is pushing China with IP infringement issues. I think the decision is more for political than legal reasons.“
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