Creative Commons Lizenzen in Deutschland gerichtlich durchgesetzt

Das Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software berichtet: Creative Commons Lizenzen in Deutschland gerichtlich durchgesetzt.

Das Landgericht Berlin hat in einem Beschluss vom 8. Oktober 2010 (Az. 16 O 458/10) die Nutzung eines CC-lizenzierten Fotos wegen eines Lizenzverstoßes verboten. Dies stellt – soweit bekannt – die erste erfolgreiche Durchsetzung einer Creative Commons Lizenz in Deutschland dar.

Die Urheberin eines Fotos des Politikers Thilo Sarrazin erwirkte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen eine rechtsextreme Partei, die das Foto in ihrem Blog ohne entsprechend den Lizenzbedingungen der Creative Commons-Lizenz „Attribution – ShareAlike 3.0 Unported“ den Lizenztext oder eine Internetadresse dafür anzugeben und die Urheberin zu benennen. Die Nutzung des Verletzers stellt nach Auffassung des Gerichts eine „nicht von einer Genehmigung der Antragstellerin gedeckte und damit im Sinne des § 97 Abs. 1 UrhG widerrechtliche Verwendung“ dar.

Das ist sehr erfreulich, weil es zeigt, dass die Creative Commons LIzenzen in Deutschland gerichtsfest sind. Davon gingen wir bisher immer aus, es fehlte aber der Realitätstest vor Gericht.

32 Ergänzungen

  1. Naja – das ist in der Konstellation nicht überraschend. Schließlich liegt es am Urheber, die genauen Bedingungen für die Nutzung vorzugeben.
    Interessant sind ganz andere Konstellationen: Was passiert, wenn der Urheber das Foto unter CC gestellt hat, aber nicht auffindbar ist? Nicht klagen kann/will, weil er zum Beispiel im Ausland sitzt? Wenn mit Hilfe von CC-geschütztem Material generierter Content entgegen der Lizenzbestimmungen nicht unter gleicher Lizenz freigegeben wird?

    Im Endeffekt ist das Urteil aus rechtlicher Sicht eine wenig interessante Randnotiz zur Diskussion um CC.

    1. Das ist doch ganz simpel:

      Wenn Du Dich aus irgendeinem Grund nicht an die Lizenz halten kannst oder willst, darf der Content nicht benutzt werden.

      Im Grunde, sollte man, wenn man etwas unter einer Lizenz benutzt, auch eine Kopie der Linzenz selbst bereitstellen. dann kann z.B. der Link nicht ins Leere laufen. Wozu der Lizensgeber erreichbar sein sollte ist mir allerdings nicht klar, denn Du müsstest ihn ja nur nennen und auf die Lizenz verlinken.

    2. @Steakhouse: Wenn ein Urheber ein Werk unter eine CC-Lizenz stellt und dann nicht mehr auffindbar ist, ist das kein Problem. CC ist ja genau für den Zweck gemacht, nicht erstmal jedes Mal um Erlaubnis fragen zu müssen und einen neuen Lizenzvertrag abzuschließen.

      1. Es geht auch eher um die Konstruktion, dass ein Werk entgegen der CC-Lizenz genutzt wird. Bei systematischen Verstößen könnte man durchaus andenken, ob so etwas im Rahmen des Wettbewerbsrechts (UWG) relevant werden könnte oder ob ggf. Verbände in bestimmten Einzelfällen Klagerechte haben.

        Die Standardsituation – der betroffene Urheber klagt – ist schon deswegen uninteressant, weil das Urheberrecht auf solche Fragen weitestgehend problemlos Antworten gibt; man kann eben auch sehr weitgehend mit bestimmten Einschränkungen von vornherein festlegen, welche Bedingungen für eine Nutzung erfüllt sein müssen.

        Interessant wäre auch die Frage, was passiert, wenn der Urheber ein ursprünglich unter CC gestelltes Werk plötzlich nicht mehr unter CC stellen will und es „zurückzieht“. Rechtlich möglich (Problem: Gibt es bestimmte zusätzliche Voraussetzungen?), aber welche Auswirkung hat das konkret auf bisherige Verwendungen im Netz? Grade im Internet ist die Verwendung schließlich andauernd.

        1. @Steakhouse: Ein Werk einfach so erstmal unter CC stellen und dann irgendwann zurückziehen, geht mit den CC-Lizenzen nicht. Einmal CC, immer CC.

      2. Das sagt CC. Das deutsche Urheberrecht sagt da etwas anderes, unter bestimmten Umständen kann man ohne Probleme einmal eingeräumte Nutzungsrechte auch wieder aufheben. Es stellt sich eben die Frage, ob CC in solchen Punkten mit dem deutschen Urheberrecht vereinbar ist. Selbstverständlich ist das keineswegs, weil der Urheber im deutschen System das Urheberrecht nicht aufgeben kann und ihm bestimmte Rechte unabhängig von irgendwelchen Vereinbarungen zwingend zustehen.

      3. die cc-lizenzen hindern den urheber nicht daran, mit einem interessierten nutzer einen individuellen nutzungsvertrag zu anderen bedingungen zu schließen.

        einmal cc, immer cc – das kann auch falsch verstanden werden. die cc-lizenzen verpflichten den urheber nicht, ein zur verfügung stellen unter den lizenzbedingungen für immer aufrecht zu halten. jeder darf aufhören, ein werk unter cc-bedingungen anzubieten. was andere, die das unter den cc-bedingungen erhalten haben, nicht daran hindert, ihre einmal eingeräumten rechte, zum beispiel die weiterverbreitung, weiterhin wahrzunehmen. denkbar wäre zum beispiel, ich löschte mein werk auf meiner website und könnte nicht verhindern, dass marcus es hier weiter anböte.

        .~.

    3. Ich glaube @Steakhouse möchte darauf hinaus, ob auch jemand anderes als der Urheber (z.B. Creative Commons Deutschland) die Einhaltung der Lizenzen einklagen kann.

      1. @Nine of Thirteen: Nö, natürlich nicht. Das kann nur der Urheber, bzw. derjenige, dem der Urheber das Werk lizenziert hat.

    4. Eine wenig interessante Randnotiz. So isses. Wär ja noch schöner, wenn es anders gelaufen wäre.

      1. ich denke mal gemeint war das „wo kein Kläger, da kein Richter“. Wenn sich niemand um den Verstoß kümmert wird natürlich auch die Wirksamkeit nicht weiter überprüft

  2. Eingegangen 12. Oktober 2010!

    Warum liegt so eine wichtige Entscheidung neun Monate rum bis sie veröffentlicht wird?! Sehr ärgerlich.

    1. Kuck dir mal die durchschnittliche Dauer eines Gerichtsverfahrens an.
      Der verstrichene Zeitraum ist keines Falls auffällig, sondern entspricht eher dem was in Deutschland zu erwarten ist.

    2. @Peter: Nach Angaben der Anwälte wollte man mit der Veröffentlichung noch solange warten, bis die Kosten vollstreckt waren. Das war bei der niedergehenden DVU wohl nicht schneller möglich.

  3. Der Realitätstest wäre gewesen, wenn der Urheber die Nutzung nicht untersagen kann, wenn die Lizenz-Bedingungen eingehalten werden.

    So wie das Urteil da steht, ist es eher banal und hat nur am Rande mit CC zu tun. Das eine Urheberin die Nutzung untersagen kann, wenn sie genannt ist, überrascht nicht wirklich. Das würde nur dann anders, wenn sie explizit darauf verzichtet.

  4. Zwei Anmerkungen dazu:

    1. Das ist „nur“ eine einstweilige Verfügung. Es zeigt zwar, dass der Lizenzvertrag in seinen Grundsätzen vor Gericht akzeptiert wird. Es zeigt aber keinesfalls, dass der Lizenzvertrag auch tatsächlich wasserdicht ist, weil es eben keine Hauptverhandlung gegeben hat. Außerdem hat sich der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten lassen, möglicherweise noch nicht einmal eine Eingabe vor Gericht gemacht.

    2. Das ist eine ziemlich schwache einstweilige Verfügung, weil sich der Antragsgegner nur an die Lizenzbedingungen halten muss und dann das Foto weiter nutzen darf. Spannend wäre eine gerichtliche Beurteilung von Abschnitt 7 (Termination), Teil a) gewesen:
    „This License and the rights granted hereunder will terminate automatically upon any breach by You of the terms of this License.“ Sprich: Eigentlich hätte der Antragsgegner auf Dauer sein Recht verwirkt, das Foto nutzen zu dürfen. Das steht aber nicht im Beschluss.

    Alles in alle tatsächlich nur „eine wenig interessante Randnotiz“, wie Steakhouse bereits schrieb.

  5. Hallo!
    Könntet ihr vielleicht mal was zur Änderung der Lizenz bei den OpenStreetMaps sagen?
    Die wollen ja anscheinend weg von CC zu einer angeblich passenderen Lizenz. Einiges hört sich dabei aber so an, als wollte die OpenStreetMap Foundation sich kommerzielle hintertüren offen halten…

  6. Die CC-Lizenzen und das Herumgereite auf Kleingedrucktem sind mir vor allem aus dem Wikipedia-Umfeld bekannt. Wikipedia will ja angeblich „freies Wissen“ und „freie Inhalte“ verbreiten. Einige Fotografen dort haben aber fast schon ein Geschäftsmodell daraus gemacht, Bilder tw. erst mit 5 (!) parallelen „freien“ Lizenzen zu versehen, und ähnlich Marions Kochbuch massenweise quasi „generische“ Fotos hochzuladen – also Fotos ohne größeren künstlerischen Wert, die aber ein populäres Ding zeigen („Brötchen“, oder „Gurke“ zu Ehec-Zeiten, usw.), und daher häufig im Netz zur Illustration von irgendwas verwendet werden. Der unbedarfte Googlebildsucher und private Freie-Inhalte-Verwender meint nun laienhaft, mit der Quellen/Rechteangabe „Wikipedia“ sicher allen rechtlichen Erfordernissen zu genügen, und sich nicht mit fremden Federn zu schmücken. Wer sich schon mehr mit der Rechte-Thematik beschäftigt hat, setzt sogar noch einen Link zum Text der CC-Lizenz. Das müsste doch wirklich reichen?

    Weit gefehlt, denn die Fotografen bei Wikipedia haben dort durchgesetzt, dass eine Variante der CC-Lizenz zur Anwendung kommt, die (anders als bei Wikipedia-Texten) eine Namensnennung des Urhebers verlangt. Und dann googeln sie ihren Bildern hinterher, und wenn sie jemanden gutgläubiges gefunden haben, der ihr Bild „falsch“ verwendet, also sie nicht persönlich, und in der gewünschten Form, genannt hat, kommt irgendwann evtl. die – gesalzene – Abmahnung vom Fotografen. Oder aber man wird sich anderweitig „handelseinig“.

    So kann man mit banalen Brötchen- und Gurkenbildern bei der ach so freien, unkommerziellen Wikipedia doch noch seinen Schnitt machen, während die Bildnutzer fluchen, sich vorkommen wie bei Marions Kochbuch (die mahnten ja zuvor ähnlich ab), und schwören, nie wieder Wikipedia-Inhalte zu nutzen. Natürlich war es nie so gedacht, und läuft dem angeblichen Ziel von Wikipedia genau entgegen. Das juckt die Fotografen aber nicht, die ihre Bilder unbedingt dort veröffentlichen wollen, statt bei einer kommerziellen Bildagentur – wohl auch, weil so eine Bildagentur natürlich bestimmte Qualitätsansprüche und -Hürden stellt, die bei WP so nicht existieren. Bei Wikipedia selbst sieht man Diskussionen über diese Sachverhalte nicht so gerne, und unterbindet sie nach Möglichkeit, denn „abgemahnt von Wikipedia(nern)“ kommt natürlich irgendwie bischen komisch. Entsprechende Fälle finden sich aber per Google.

    Wer trotzdem Brötchenbilder etc. sucht, sollte lieber hier mal gucken:

    http://www.lebensmittelfotos.com/tag/broetchen/

    1. @art: Dein KOmmentar steckt voller Fehler und falscher Annahmen, so dass ich gar nicht weiß, was ich davon alles korrigieren müsste. (Nur als Warnung für andere Leser)

      1. Ich würde mich freuen, die Fehler korrigiert zu sehen, so ist das doch etwas pauschal. Wurden nun Leute von Wikipedia-Fotografen kostenpflichtig abgemahnt oder nicht, weil sie nur auf Wikipedia oder CC verwiesen und Somit Lizenzbedigungen nicht einhielten? Gibt es die mit verwirrenden 5 Lizenzen versehenen Bilder oder nicht? Gab es drüber Community-interne-Diskussionen und Meinungsbilder oder nicht? Bestanden diese Fotografen auf ihrer Namensnennung oder nicht?`War Wikipedia wirklich so gedacht oder nicht? Erklärs mir (und den gefährdeten Lesern) doch, wenn du es besser weißt. Ich habe die Beispiele gesehen. Ähnlich wurde übrigens auch der Netzblaster/A. Freude abgemehnt, weil er u.a. WP-Inhalte künstlerisch verwurstete, und weil das angeblich eine unerlaubte Nachnutzung war.

        1. @art: Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich gerne alles korrigieren und erklären. Aber anscheinend hast Du mehr Zeit, Dein Halbwissen hier zusammen zu mixen. Es gibt diese Fotografen, ich finde das auch nicht ok, aber Du gibst das halt nicht korrekt wieder.

      2. Ok, so klingt das ja schon anders. Ich habe meinen Wissensstand wiedergegeben, und lerne auch selbst immer gerne dazu. Und weil ich selbst bereits als IP dort unentgeltlich Zeit und Wissen für andere bereitgestellt habe, ohne Erwartung eines „Return of Investment“, regen mich solche Dinge bei Wikipedia eben etwas auf. Denn das widerspricht meinem Gefühl nach völlig dem Geist hinter den CC-Lizenzen, und Wikipedia war einfach nicht zum Geldmachen für paar Auserwählte gedacht, entwickelt sich aber zunehmend in diese Richtung. Schade, dass es scheinbar soviel Zeit kostet, meine Kritik „richtigzustellen“, mein ursprünglicher Beitrag nahm ca. 5 min in Anspruch. Vielleicht wäre es ja mal einen eigenen Artikel wert, das Thema dürfte ja für viele von Interesse sein.

      3. art, eine möglichkeit zum einstieg für sie wäre, die gründe für den lizenzwechsel der wikipedia von gfdl nach cc zu recherchieren. google hat da bestimmt was zu.

        (ich beziehe mich auf ihren ersten satz im ersten kommentar, den sie nach ein wenig recherche eventuell auch noch einmal so schreiben würden).

        .~.

    2. 1. Von Abmahnungen habe ich in diesem Zusammenhang noch nie etwas gehört. Bei allen mir bekannten Fällen im Umfeld der Wikipedia haben die Fotografen Rechnungen gestellt, und zwar rechtlich absolut berechtigt. Abmahnungen kommen eigentlich nur von professionellen Presseagenturen.
      Bildrechte bekommt ein Foto nun mal grundsätzlich automatisch, auch wenn es ein Allerweltsfoto einer Gurke ist. Der Fotograf hält also alle Rechte daran. Wenn er sich entscheidet, das Foto unter CC-by-sa zu veröffentlichen, hat er auch das Recht, als Autor genannt zu werden. So einfach ist das. Wenn jemand das nicht tut, hat derjenige das Recht verwirkt, das Foto nutzen zu dürfen.

      2. Wenn der private „unbedarfte Googlebildsucher“ zu doof ist, die fett und breit auf den Commons-Seiten befindlichen Lizenzhinweise zu lesen, dann ist er selbst Schuld. Außerdem steht bei jeder Google-Bildersuche, dass die Bilder urheberrechtlich geschützt sein könnten. Bei so was hab ich echt kein Mitleid. Wenn da schon ein Fotograf so nett ist, seine Werke kostenlos der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, dann darf er auch die Bedingungen diktieren. Und die sind gerade bei CC-Lizenzen nun wirklich nicht schwer zu verstehen und umzusetzen.
      Und wenn man diese Hinweise auf Autor und Lizenz nicht möchte, kann man sich ja selbst ’ne Gurke und ’nen Fotoapparat kaufen. Ach, das kostet auch Geld?

      4. Ein „Quelle: Wikipedia“ reicht selbstverständlich auch bei Textübernahmen aus der Wikipedia nicht aus. Im Unterschied zu Fotos verschickt dafür nur kaum einer Rechnungen, weil oft viele verschiedene Autoren am Text mitgewirkt haben.

      Wir Wikipedia-Autoren, -Fotografen und -Illustratoren investieren etliche Stunden unserer Freizeit, damit andere kostenlos gute Artikel lesen und frei benutzen können. Das Einzige, was wir dafür haben wollen, ist ein bisschen Wertschätzung unserer Arbeit in Form einer Autorenangabe. Wenn einige Leute meinen, auch darauf noch scheißen zu können, dann habe ich kein Mitleid, wenn sie dafür auch die Rechnung kriegen.

    3. PS: 5 Lizenzen bei einem Bild heißt: Du darfst dir davon die Lizenz aussuchen, die dir am besten gefällt. Jede zusätzliche Lizenz gibt dir also noch mehr Freiheiten. Du musst dich also nicht an alle 5 Lizenzen gleichzeitig halten (das ginge möglicherweise auch gar nicht).

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