Besser spät als nie antwortet die Moderatorin Tita von Hardenberg auf der eigenen Plattform auf den Medien-Hack der Hedonistischen Internationalen vom vergangen Donnerstag;
Beeindruckend war nicht nur die schauspielerische Leistung des angeblichen Speed-Users, sondern auch die perfekte Mobilisierung der bundesweiten Presse noch in der Nacht der Ausstrahlung. Professionell gemacht, Hut ab! Und alle schrieben drüber. Trotzdem bleibt die leise Frage: Wozu das Ganze? Haben die Spaßguerilleros wirklich viel erreicht, wenn das Internet als Recherchemedium diskreditiert ist? Wenn Menschen jetzt fälschlicherweise denken, bei Polylux würden Praktikanten ausgebeutet? Wenn sich unsere Autoren ab sofort von ihren Interviewpartnern die Ausweise zeigen lassen? „Tim“ hat am nächsten Tag eine Mail an die Autorin des Beitrages geschrieben, darin die Worte: „ Ich hoffe, du glaubst mir, wenn ich dir sage, dass (…) es mir nie darum ging, dich persönlich zu verarschen oder zu verspotten (und) wir in keinem Moment polylux einfach nur blossstellen wollten.“ Aha. Schönen Dank auch, Tim. Aber was wollte er dann? Vielleicht die Relevanz der Droge Speed in Zweifel ziehen – und damit auch die anderen Protagonisten des Beitrags, die echt waren? Das jedenfalls ist gelungen. Wir werden diesen und andere Medienfakes am Donnerstag in der Sendung thematisieren und darüber meditieren, was dieser Funsport so alles bewirken kann. Denn, dass Medienfakes – ob sinnfrei oder nicht – Spaß machen, steht außer Frage. Am allermeisten, wenn man zufällig nicht gerade selbst betroffen ist.
Interesannt ist die Einschätzung, dass die „perfekte Mobilisierung der bundesweiten Presse noch in der Nacht der Ausstrahlung“ passierte, welche erstmals ausschliesslich über Blogs funktionierte und die „bundesweite Presse“ erst gegen Mittag des nachfolgenden Tages mehr oder weniger zögerlich einsprang. Aber wir sind gespannt auf die Reaktion, die zugegebener Maße relativ spät funktionierte! Sicher war es im Sinne der Polylux-Redaktion, wieder mal bundesweite Presse für ein nettes Format innerhalb der ARD-Senderfamilie zu erhalten, die in der Regel mit ihrem Programmangebot eher grauhaarige Personen anspricht.
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Das Absurde: Das Durchschnittsalter der Polylux-Zuschauer liegt bei weit über 50. Will heißen: Polylux ist ein Format, das alte Menschen schauen, weil sie denken, dass junge Menschen das schauen. Das nur mal nebenbei.
Ich finde Polylux eines der schlechtesten Magazine im öffentlich rechtlichen Fernsehen.
Schon allein wie die Themen anmoderiert werden, zwingt mich immer zum ausschalten.
@ harkai: was sind dann bitte gute magazine? polylux ist eine popsendung und meines wissens nach die einzige popsendung bei ard und zdf.
Die Verbreitung lief nicht ausschließlich über Blogs:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,546804,00.html
Diese Pressemitteilung wurde direkt nach der Ausstrahlung an Redaktionen geschickt.
http://prcenter.de/Gefaelschtes-Interview-im-ARD-Magazin-Polylux-platziert.17276.html
Dass Journalisten in ihrer Antwort auf so eine Aktion mangelnde journalistische Sorgfalt zugeben, hatte wohl ernsthaft keiner erwartet, oder? Und dass Polylux überhaupt irgendwo ein journalistisches Format hat, behaupten wohl auch nicht alle. ;-)
Ging es nicht viel eher darum, die (allzu leichte) Manipulierbarkeit etablierter Medien zu demonstrieren, die immerhin auch die Funktion von multi-massiven Meinungsgeneratoren ausüben (wollen)? Aber nein, man nimmt es ganz persönlich. Nett…
Immerhin hat Polylux so die Möglichkeit, neben Frau Hardenbergs süffisantem Lächeln, Rückgrat zu zeigen und kann versuchen ein erstzunehmendes journalistisches Format zu werden.
Der Stern ist ja auch schon verarscht worden, insofern ist die Polylux-Verarsche sogar der Aufstieg in eine höhere Liga. ;-)
ninjaturkey: „Tim“ hat die realen Symptome vorgespielt und ein reales Phänomen beschrieben. Wenn man dem Menschen nicht höchstpersönlich selbst gemischtes LSD verpasst – wie kann man sicher gehen?
@Harkai: also das würde ich jetzt nicht sagen, da gibt es durch aus schlimmere Magazine.
„Haben die Spaßguerilleros wirklich viel erreicht, wenn das Internet als Recherchemedium diskreditiert ist?“
Ganz schön frech! Hier wurde nicht „das Internet als Recherchemediuum diskretitiert“, sondern die schlecht Arbeit der Polylux-Redaktion.
na so grau sind die ÖR ja nun nich, oder bin ich etwa schon zu grau um des nich zu merken?
@Torsten: Ja und Polylux spielt uns die richtige Recherche vor.
Man koennte ja denken die OeR machen was sinnvolles mit den Gebuehren, aber hey, in so nem Magazin kann man ja verzapfen was man will – keine Recherche noetig. Soll sich bloss keiner ueber den Erfolg der INSM wundern, war total ueberfluessig 50kEur an Marienhof abzuschieben, wenn man es bei Polylux umsonst unterbringen kann. Fernsehen for teh EndSieg. \o\o\o
Leider konnte ich den Beitrag ja nicht sehen, aber ich mache dazu mal – weil Tita von hardenberg sagte „die Relevanz der Droge Speed in Zweifel ziehen“ – eine drogenpolitische Bemerkung.
Im Bereich der Drogenpolitik werden von den Medien viele Horror-Märchen verbreitet. Deswegen ist es richtig, mal die Recherche genau in diesem Bereich unter die Lupe zu nehmen.
Leider lassen sich viele Poltiker von diesen Horror-Märchen beeinflussen. Vor zehn Jahren sagte die UNO, sie wolle bis 2008 alle Drogen auf der Welt beseitigt haben. Heute werden mehr Drogen angebaut als jemals zuvor in der Geschichte. Deswegen tut im Bereich der Drogenpolitik ein Paradigmenwechsel – hin zu einer nicht-prohibitionistischen Politik – not. Notwendig ist die Vermittlung von Drogenmündigkeit. Wegverbieten kann man – wie die Geschichte zeigt – Drogen nämlich nicht.
Dazu kommt, dass man sich mal die Frage stellen kann, ob man etwas, wodurch Dritte nicht geschädigt werden, überhaupt verbieten kann. Rein formaljuristisch gesehen. Hier könnte man jedoch mit Jugendschutz entgegnen.
Fakt ist – Drogenverbote bringen nichts, und die Medien mit ihren regelmäßig wiederkehrenden, sensationistischen Berichten stabilisieren den Status Quo.
Gute Aktion von der „Hedonistischen Internationale“. Polylux sollte sich geehrt fühlen und nicht so rumjammern.
@manipulat0r: Den pauschalen Vorwurf, dass Polylux Recherche vorspiele oder dass da nur Praktikanten am Werk seien, finde ich albern. Ja, ein Redakteur wurde reingelegt. Wie man das vermeiden soll, wenn ein Schauspieler authentisch den Drogenkonsum simuliert und die Expertenaussagen zum Thema bestätigt, hat bisher keiner beantwortet.
@Julia Seeliger: Wo war in dem Beitrag das Horror-Märchen? Ich fand ihn bemerkenswert unalarmistisch.
@Tosten ich habe den Beitrag nicht gesehen.
Wenn Du meinen Beitrag genau liest, wirst du feststellen, dass ich generell kritisiert habe, dass in „den Medien“ über Drogen sehr häufig auf unsachliche Art berichtet wird. Deswegen habe ich die Situation genutzt und anlässlich des Polylux-Hacks sowie der Bemerkung von Tita von Hardenberg deutlich gemacht, dass bei drogenpolitischer Berichterstattung häufig schlecht recherchiert wird.
Polylux habe ich keinen Vorwurf gemacht, ich kenne diese Sendung auch als drogenpolitischen Lichtblick – zB in dem Beitrag über Salvia Divinorum – finde aber, dass man, wenn gerade „Drogen“ von der „Hedonistischen Internationale“ ausgewählt wurde, man sich mal überlegen kann, warum diese das tat.
@Julia Seeliger: Ja, das habe ich gelesen. Und ich finde es sehr schade, dass reflexhaft alles was man so an „den Medien“ auszusetzen hat, mit diesem Vorfall verknüpft wird.
Diese Hedonisten haben sich einen Jux erlaubt. Weitergehende Botschaften zur Drogenberichterstattung oder Medienverantwortung sehe ich nicht.
Wie ich in einem Oberseminar, das ich in der Literaturwissenschaft besuchte, lernte, ist nicht relevant, was sich der Autor eines Werks dachte, sondern, was darin steckt, wenn man es sich ansieht.
Darüber hinaus wird den Hedonisten häufig „unpolitischer Jux“ unterstellt. Das würde ich nicht so sehen – ich sehe die Hedonisten als durchaus politische Aktionsgruppe, die auf ihre Art Politik zu unterschiedlichen Themen (Globalisierung, Überwachung, Arbeit, Drogenpolitik) macht.
@Julia:
Wie ich in einem Oberseminar, das ich in der Literaturwissenschaft besuchte, lernte, ist nicht relevant, was sich der Autor eines Werks dachte, sondern, was darin steckt, wenn man es sich ansieht.
Ja, die Diskussion hatte ich nicht im Oberseminar, sondern im ganz normalen Deutsch-LK auf dem Gymnasium. Hier ist sie kaum anwendbar, da die Gruppe sich ja mit großspurigen Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit gewandt hat. an diesen kann man sie messen. Wer Journalismus-Lektionen erteilen will und keine ahnung vom Journalismus hat, blamiert nicht den Journalismus, sondern sich selbst.
Was die Leute in dem „Werk“ gesehen haben, war leider meist die Bestätigung von Vorurteilen und Verallgemeinerungen. Mancher ist damit zufrieden, andere nicht.
Du hast offenbar auch deine Vorurteile gegenüber Menschen mit anderen Politikansätzen. Spaß darf das ganze nicht machen, was? Immer schön sauertöpfisch kucken, wa? Na, dann geh mal schön zur Gewerkschaftsdemo und freu dich dran.
Und dass ich das nicht im Deutschunterricht gelernt habe, sondern in einem Oberseminar, das ich zufällig mal besuchte, macht es ja nicht falscher.
@Julia:
Nichts davon habe ich geschrieben. Aber wahrscheinlich ist das nur ein Vorurteil meinerseits. *shrug*