Liebe Leser*innen,

während Telegram-Chef Pavel Durov in Frankreich festsaß, wurde die Geschichte um ihn herum immer bunter. So will die US-Zeitung „Wall Street Journal“ herausgefunden haben, dass Durov in den vergangenen Jahren ins Visier französischer Überwachung geraten sei – aber auch von Präsident Emmanuel Macron persönlich umworben. Nicht nur ich habe mich dieser Tage gefragt: Was hat all das nur zu bedeuten?

Alle Fragezeichen lassen sich aktuell nicht beseitigen. Dennoch hat mir die Einordnung meiner Kollegin Anna sehr geholfen, die schreibt: Durovs Festnahme ist mindestens auch ein Angriff auf – die von Telegram gar nicht mal so gut umgesetzte! – Verschlüsselung.

Bis zum nächsten Mal!

Sebastian


Unsere Artikel des Tages

Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

jugendschutz.net
2023 bearbeitete jugendschutz.net 7.645 Verstoßfälle, zu zwei Dritteln ging es um sexualisierte Gewalt, heißt es im Jahresbericht des Kompetenzzentrums von Bund und Ländern. 90 Prozent der Verstöße wurden zwar beseitigt, trotzdem steige das Gefährdungspotenzial dank generativer KI.
Washington Post
In einem unterwürfigen und irreführenden Brief an den republikanischen Abgeordneten Jim Jordan bedauert Meta-Chef Mark Zuckerberg, wie seine Unternehmen bislang mit Desinformation umgegangen sind. Künftig werde wieder weniger moderiert, so Zuck.
AOK
Der AOK-Bundesverband ließ im August 2024 insgesamt 10.000 Deutsche zur elektronische Patientenakte (ePA) befragen. Knapp 20 Prozent lehnen es ab, dass gesetzlich Versicherte die ePA automatisch bekommen, sofern sie nicht aktiv widersprechen. Knapp zwei Drittel befürworten das.
The Guardian
Regimekritischen Journalist:innen in Venezuela droht politische Verfolgung. Um sich zu schützen, zeigen sich beim Social-Media-Projekt "Operación Retuit" keine Journalist:innen mehr vor der Kamera. Stattdessen sprechen KI-generierte Avatare.
The Intercept
Das US-Heimatschutzministerium sucht Unterstützung aus der Überwachungsbranche: Es will automatisierte Gesichtserkennung für die Insassen fahrender Autos, die sich der südlichen Grenze nähern.
Reuters
Südkoreanische Behörden wollen härter gegen sexualisierte Deepfakes vorgehen und dazu auch mit Telegram und anderen Tech-Plattformen zusammenarbeiten. Die Medienaufsicht verdoppelt das zuständige Personal auf 140 Personen.
WSJ
Unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet das Wall Street Journal, Telegram-Chef Pavel Durov habe noch 2018 persönlich mit Präsident Macron gespeist – und im Jahr davor sollen Agent:innen von Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten Durovs Handy ins Visier genommen haben.
FreeBSD Foundation
Der von der Ampelregierung ins Leben gerufene Sovereign Tech Fund investiert 686.400 Euro in das freie Betriebssystem FreeBSD. Damit sollen Verbesserungen bei der Infrastruktur, Sicherheit und der Umsetzung regulatorischer Vorgaben finanziert werden.
Correctiv
Beim Bündnis Sahra Wagenknecht gab es offenbar ein Datenleck, bereits zum zweiten Mal. Der entsprechende Datensatz soll 70.000 Personendaten umfassen. Die Partei hat ihre Unterstützer:innen informiert und schreibt, wahrscheinlich von einem Cyberangriff betroffen zu sein.
golem.de
Golem.de wollte die Ergebnisse der technischen Prüfung von Huawei durch das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) einsehen, aber die Behörde mauert: Demnach seien bei dem Thema die Sicherheitsinteressen Deutschlands berührt.
Der Standard
KI-manipulierte Fotos werden immer realistischer; aktuell macht eine neue Funktion von Googles Pixel-9-Geräten die Runde. "We are fucked", kommentiert The Verge. Entspannter kommentiert das der Standard: "Die Gesellschaft muss sich an die neue Realität anpassen, und sie wird es auch."
auditing TikTok
Willkommen im Kapitalismus: Im Schnitt ein Fünftel der Videos aus einem typischen TikTok-Feed sind klassische Werbung, bei einem weiteren Fünftel gibt es Hinweise auf kommerzielles Interesse, analysiert das Forschenden-Team des Blogs "auditing TikTok".
Verwaltungsgericht Köln
2019 hat die Bundesnetzagentur die 5G-Mobilfunk-Frequenzen für knapp 7 Milliarden Euro versteigert. Nun hat das VG Köln entschieden, dass die Vergabe- und Auktionsregeln rechtswidrig waren. Auch soll der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) das Verfahren rechtswidrig beeinflusst haben.
taz
In einem Kommentar fasst die taz die "hilflose Debatte" nach der Tat in Solingen zusammen. Statt Messerverboten und Abschiebungen plädiert der Autor unter anderem für mehr Präventionsprojekte und gegen weitere Aufrüstung von Sicherheitsbehörden.
Der Standard
Google will seine Apps künftig auf vielen Windows-PCs vorinstallieren lassen. Der Standard analysiert: Der Move ist "unter dem Vorzeichen zu verstehen, dass derzeit viele bestehende Deals von Google mit Browser- und Smartphoneherstellern unter Beschuss stehen".
AP
Von der Body-Cam automatisiert in den Polizeicomputer: In den USA lassen erste Polizeibehörden ihre Einsatzberichte von KI-Chatbots wie ChatGPT schreiben. Den neuen Markt scheint vor allem Axon Enterprise zu besetzen, von dem auch der Elektroschocker namens Taser stammt.
taz
Ist Verschwörungsdenken eigentlich rechts? Wie Medieninformationen zu Verschwörungen umgearbeitet werden und warum im Verschwörungsweltbild gefangene Menschen immer das Schlimmste annehmen: Der Soziologe Georg Vobruba im Gespräch mit Peter Unfried.

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1 Ergänzungen

  1. > Dennoch hat mir die Einordnung meiner Kollegin Anna sehr geholfen, die schreibt: Durovs Festnahme ist mindestens auch ein Angriff auf – die von Telegram gar nicht mal so gut umgesetzte! – Verschlüsselung.

    Bei aller Liebe zu netzpolitik.org, aber ich halte es für völlig abwegig, Durov zum Märtyrer der Verschlüsselung zu machen, zumal die Handhabung von Verschlüsselung dort auch noch ziemlich kritikwürdig ist.

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