Am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht eine mündliche Anhörung anberaumt, um die Verfassungsmäßigkeit von zentralen Vorschriften im Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) zu diskutieren. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hatte 2019 Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingelegt.
In ihrer Beschwerde rügt die GFF Regelungen des BKAG, die sie als massiven Eingriff in grundlegende Freiheitsrechte sieht: Die Befugnisse erlauben dem Bundeskriminalamt (BKA) weitreichende Überwachungsmöglichkeiten. Die Voraussetzungen dafür seien jedoch zu unbestimmt und zu weit gefasst. Das BKAG erfülle damit auch nicht den Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit.
Grundrechtliche Mängel blieben bestehen
Die Neuregelung des BKAG vom 1. Juni 2017 geht auf langjährige Debatten zurück, inwieweit Beamte des BKA Befugnisse zur Überwachung erhalten sollen und damit in die Grundrechte eingreifen dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2016 wesentliche Teile des damaligen BKA-Gesetzes für verfassungswidrig erklärt.
Trotz Anpassungen der Vorschriften blieben aus Sicht der GFF grundrechtliche Mängel bestehen, die nun Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind. Noch immer seien Personen, die lediglich Kontakt zu einer verdächtigen Person hatten, Ziel von heimlichen Überwachungsmaßnahmen. Dies betreffe unter anderem auch zwei Beschwerdeführerinnen der Verfassungsbeschwerde. Laut GFF sind sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Anwältinnen als Kontaktpersonen von Verdächtigen betroffen.
Die GFF bemängelt außerdem, dass klar formulierte Grenzen für die Erhebung, Speicherung und Auswertung von Daten fehlten. Das betrifft das Sammeln und Speichern von sensiblen personenbezogenen Daten im Informationssystem des BKA und im wachsenden polizeilichen Informationsverbund. Die GFF rügt, dass Menschen ohne hinreichenden Anlass teilweise über Jahrzehnte in der Verbunddatenbank INPOL blieben. Diese enorm lange Datenbevorratung und die Nutzung der personenbezogenen Daten sollten jedoch künftig allgemein gültigen Maßstäben entsprechen.
Die eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen mit Einsatz von Staatstrojanern werden kein Bestandteil der morgigen Anhörung sein, obwohl sie im BKAG enthalten sind und erhebliche Kritik auf sich zogen. Wegen der Verfassungsbeschwerde gegen das Polizeigesetz Baden-Württemberg wurde die Rüge zum Staatstrojaner von der GFF zurückgezogen. Die Staatstrojanerproblematik soll aber beim Verfahren gegen das G10-Gesetz für Geheimdienste wieder aufgegriffen werden, teilt die GFF mit.
Dass verfassungswidrige Gesetze jahrelang Bestand haben, ist eines Rechtsstaates unwürdig. Zumal jetzt schon abzusehen ist, dass auch die Folgeregelungen vor dem Bundesverfassungsgericht landen werden.
Mit dessen großzügigen Nachbesserungsterminen wird Verfassungswidrigkeit zum Normalfall des bundesrepublikanischen Polizei- und Überwachungsstaates.
Verfassungswidrigkeit ist Normalfall des bundesrepublikanischen Polizei- und Überwachungsstaates, seit Jahren.
Das gilt allerdings auch fuer Steuergesetzgebung (Erbschaft, Vermoegen) und Verkehr & Klima. Die Politik von CDU, SPD und FDP akzeptiert Verfassungswidrigkeit als normal und Mittel zum Zweck.
Und offensiv zurecht, denn die Wähler akzeptieren es mit grosser Mehrheit. Die werden auch einen faschistischen Innenminister nach der BTW 2029 akzeptieren.
Neben der Akzeptanz von Verfassungsbruch als Normalfall im Tagesbetrieb gibt es ja noch die Ursache dazu: bevor ein Fall tatsächlich vom BVerfG verhandelt wird, vergehen Jahre. Wenn überhaupt verhandelt wird, denn viele Beschwerden werden ja gar nicht erst angenommen. Die Regierung kommt also über Jahre hinweg damit durch.
Was mir auch etwas sauer aufstößt: das BVerfG trifft oft keine reinen Entscheidungen mehr. Verfassungswidrig, zack, kann weg. Nein, es versieht die Urteile mitunter mit langen Fristen zur „Reparatur“ und liefert die Anleitung in Form von Auslegung von Grenzen gleich mit – was ich überhaupt nicht als deren Aufgabe sehe. (Dass sich die Regierung m.E. dann nichtmal an diese Anleitung hält, ist noch ein anderes Thema.)
Die Beschwerdeführerin ist nicht die Bundesvorsitzende der Grünen, sondern eine Anwältin aus München mit dem gleichen Namen.
Danke, wir haben den Satz entfernt.