Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.
Diesen Freitag tagte der ZDF Fernsehrat zum ersten Mal in seiner Geschichte dieser Periode in den neuen Bundesländern, konkret in Magdeburg. Thema war vor allem der Entwurf für ein neues Telemedienkonzept des ZDF. So ein Konzept ist notwendig, weil öffentlich-rechtliche Sender seit Inkrafttreten des neuen Rundfunkstaatsvertrags (endlich) auch reine Online-Angebote entwickeln dürfen. Etwas, das bislang nur dem Jugendangebot FUNK gesetzlich erlaubt war.
Voraussetzung für die Genehmigung eines neuen Telemedienkonzepts ist die Durchführung eines Drei-Stufen-Tests durch den Fernsehrat. Im Zuge dessen wurde auch die Öffentlichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen gebeten, die inzwischen größtenteils auf der Webseite des Fernsehrats im Volltext verfügbar sind. Einer Veröffentlichung nicht zugestimmt hat der Verband Privater Medien VAUNET, dessen Stellungnahme wie jene der RTL Mediengruppe (PDF) und der Produzentenallianz (PDF) kritisch gegenüber jeder Ausdehnung der Bereitstellungsdauer sowie Entwicklung neuer Online-Angebote war.
Mehrheit der Stellungnahmen für längere Bereitstellung von Inhalten im Netz
Die Stellungnahmen der übrigen Stakeholder – vom Deutschen Bibliotheksverband (PDF) über die Gewerkschaft Verdi (PDF) bis hin zu Wikimedia Deutschland e.V. (PDF) – begrüßen hingegen die Stoßrichtung des Entwurfs und kritisieren in der Tendenz, dass die Ausdehnung der Bereitstellungsdauer nicht weit genug gehe. Das Bündnis freie Bildung schreibt beispielsweise in seiner Stellungnahme (PDF):
Die Bereitstellung von Bildungsinhalten für den kurzen Zeitraum von fünf Jahren entspricht nicht unserer Auffassung von zugänglicher Bildung und freier Informationsbeschaffung.
Der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk Köln (PDF) wiederum fordert die Entwicklung neuer, nicht-linearer Angebote mit besonderem Nachdruck ein:
Spezifische Onlineangebote (Online-Only) oder Angebote mit nur geringem Sendungsbezug müssen dringend entwickelt werden, weil sie den veränderten Nutzungsgewohnheiten vor allem der jüngeren Generationen entsprechen und Interaktion ermöglichen. Die öffentlich-rechtlichen Medien könnten sonst auch kaum mithalten angesichts der Entwicklungen auf dem medialen Angebotsmarkt.
Wünsche des Fernsehrats auf Basis der Stellungnahmen
Auf Basis der Analyse der Stellungnahmen wurden in der heutigen Sitzung des Fernsehrats dem ZDF-Intendanten eine kurze Liste mit Punkten mitgegeben, in denen beim Telemedienkonzept noch nachgebessert werden sollte. Die Liste wurde im Telemedienausschuss erarbeitet und ich kann mich diesen Punkten nur vollinhaltlich anschließen (bei Punkt 3 musste ich eine kleine Freudenträne verdrücken):
- Bildungsinhalte sollen möglichst weitgehend im Sinne zeit- und kulturgeschichtliches Archiv interpretiert werden
- Faire und transparente Gestaltung der Verträge mit Produzent_innen über Verweildauern und Vergütung
- Freie Lizenzen, wo immer möglich, weitere Anstrengungen in diese Richtung
- Drittplattformen: Transparente Kriterien, auf welchen Plattformen man vertreten sein will und in welche Richtung man gegebenenfalls mit Plattformen Vereinbarungen anstrebt, auch wenn Durchsetzbarkeit möglicherweise gering
- Partizipation, Pflege/Kommentierung, Community-Management der Social-Media-Inhalte auch jenseits der Drittplattformen, Zuschauer nicht nur als Konsumenten sehen
- Barrierefreiheit ist dem Ausschuss ein besonderes Anliegen.
- Gemeinsamkeiten ARD und ZDF bezüglich Mediathek weiter denken, stärkere Vernetzung,
- Bedeutung der Empfehlungssysteme nach Öffentlich-Rechtlichen Qualitätskriterien
Der Beschluss des finalen Telemedienkonzepts steht in der nächsten Fernsehratssitzung am 20. März 2020 in Schwerin an. Dort werden außerdem die Transparenzregeln in der Geschäftsordnung Fernsehrats auf der Tagesordnung stehen – das ist aber Thema für einen eigenen Beitrag in dieser Reihe.
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