Umfrage: Datenschutz wird wichtiger, aber schwieriger

Titelblatt-Motiv des Consumer Openness Index

Der Schutz der Privatsphäre ist ein Grundrecht, da sind sich 80 Prozent der Befragten aus Deutschland, Großbritannien und den USA einig. Die Nürnberger Open-Source-Firma Open-Xchange hat am Montag in Zusammenarbeit mit March Communications zum zweiten Mal den Consumer Openness Index (pdf) veröffentlicht, eine Studie über Online-Gewohnheiten und Einstellungen gegenüber Themen wie Privatsphäre und Datenschutz. Hierfür wurden 3000 Internetnutzer_innen, jeweils 1000 aus Deutschland, Großbritannien und den USA, vom Marktforschungsunternehmen OnePoll befragt.

Im Vergleich zu 2015 geben mehr Befragte an, im Falle einer Sicherheitslücke den betroffenen Dienst nicht mehr nutzen zu wollen – 53 Prozent immerhin auch bei Social Media Kanälen. Dass Unternehmen wie Facebook, Google und Twitter jedoch in keinem Fall Nutzerdaten teilen dürfen, finden in Deutschland nur 47 Prozent. Die meisten (34 Prozent) sehen eine Weitergabe dann als legitim an, wenn sie Strafverfolgungsbehörden dabei hilft, mehr Sicherheit zu erzielen.

Verantwortlich für den Schutz von Nutzerdaten sind für die US-amerikanischen und britischen Befragten mehrheitlich die Unternehmen, welche die Daten speichern. 35 Prozent der deutschen Nutzer_innen, und damit die meisten, sehen die Verantwortung dagegen bei den Nutzer_innen selbst – erst dann bei den jeweiligen Unternehmen (26 Prozent), und an dritter Stelle schließlich bei der Regierung (20 Prozent).

Während der Schutz der Privatsphäre also als sehr wichtig und ihre Gewährleistung als eigene Verantwortung empfunden wird, ist der Anteil derer, die sich für sehr fähig halten, ihre persönlichen Daten zu schützen, von durchschnittlich 27 Prozent in 2015 jedoch auf 22 Prozent gesunken.

OpenXChange

68 Prozent der befragten Deutschen gehen also davon aus, ihre persönlichen Daten einigermaßen gut zu schützen. 52 Prozent sind sich sicher, dass ihre Daten noch nie kompromittiert wurden – 28 Prozent in Deutschland und den USA geben an, dies nicht zu wissen. In Großbritannien sind es sogar 36 Prozent.

Vertrauen auf sichere Daten, auch ohne Verschlüsselung

Während 43 Prozent der deutschen Befragten angeben, „einigermaßen vertraut“ mit Verschlüsselung zu sein, nutzen nur 14 Prozent sie bei jeglicher Online-Kommunikation. Im Gegensatz zu 30 Prozent der US-amerikanischen und britischen Befragten geben allerdings nur 14 Prozent der deutschen an, nie zu verschlüsseln. Durchschnittlich 31 Prozent der Nutzer_innen wissen nicht, ob sie Verschlüsselung nutzen.

Bei der Frage, ob sie zukünftig ihre Online-Kommunikation verschlüsseln möchten, geben 40 Prozent der befragten Deutschen an, dass dies „unwahrscheinlich“ sei. Die Gründe dafür liegen vor allem in der Handhabung: Verschlüsselung sei zu kompliziert und könne nicht leicht genug eingebunden werden. Wäre dies anders, hätten rund 47 Prozent aller Befragten Interesse daran, all ihre Daten zu verschlüsseln sowie zu verfolgen, wer Zugang zu diesen hat oder sie überwacht.

Erschreckende 23 Prozent, und damit mehr als in Großbritannien und den USA, geben an, keine Daten zu versenden, die verschlüsselt werden müssten – das „wer verschlüsselt, hat etwas zu verbergen“-Argumentationsmonster freut sich. Gleichzeitig gehen 19 Prozent der deutschen Befragten davon aus, dass Verschlüsselung sowieso nichts nützt.

Sicherheit vs. Privatsphäre – oder einfach beides

75 Prozent der deutschen Befragten geben an, die Debatte über das Verhältnis staatlicher Überwachung zum Schutz der Privatsphäre sehr oder einigermaßen sorgfältig zu verfolgen – deutlich mehr als in den USA mit 56 Prozent und in Großbritannien mit 46 Prozent. Besorgt darüber, wer in der jeweiligen Regierung Zugriff zu Nutzerdaten hat, sind 62 Prozent der Befragten. Dennoch befürworten mehr als 50 Prozent einen Zugriff der Regierung auf verschlüsselte Daten zum Schutz vor einem Angriff aus dem Ausland. 60 Prozent heißen sogar den Zugriff durch Strafverfolgungsbehörden gut, wenn dieser zur Ergreifung von Kriminellen führt. Einen generellen Zugriff auf persönliche Daten lehnen 29 Prozent der US-Amerikaner, 18 Prozent der Briten und 35 Prozent der Deutschen ab. 54 Prozent der deutschen Befragten geben zudem an, dass Unternehmen Forderungen der Regierung nach Herausgabe von Daten abweisen sollen.

In der ewigen Debatte Sicherheit vs. Datenschutz entscheiden die Befragten sich ungern: Knapp 55 Prozent der deutschen und britischen Nutzer_innen wünschen sich, dass ihre Regierungen die nationale Sicherheit und das Recht auf Privatsphäre gleichermaßen schützen, in den USA sind es sogar 74 Prozent. Eine verständliche, aber in der Praxis eher unrealistische Hoffnung. Unter den Entschlosseneren fällt die Wahl auf die nationale Sicherheit: 24 Prozent gewichten diese höher als das Recht auf Privatsphäre (14 Prozent).

Hintertüren unnötig, Regierung hat sowieso Zugriff

58 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Hintertüren es nicht nur der jeweiligen Regierung, sondern auch Kriminellen erleichtern, an verschlüsselte Daten heranzukommen. Die Hälfte sieht jedoch sowieso keinen Nutzen in Hintertüren, da die Regierung so oder so an die gewünschten Daten herankäme.

81 Prozent der US-amerikanischen Befragten geben an, sich für die Positionen der Präsidentschaftskandidat_innen in Datenschutz-Fragen zu interessieren, die Hälfte wünscht sich eine breitere Auseinandersetzung damit. Die jeweilige Haltung der Kandidat_innen bezüglich des Datenschutzes kennen jedoch mehr als 50 Prozent nicht. In allen drei Ländern ist sich eine Mehrheit der Befragten einig, dass die Präsidentschaftswahl nicht nur Folgen für den Datenschutz in den USA hat: 77 Prozent der befragten Deutschen etwa gehen davon aus, dass die Wahl Einfluss auf weltweite Datenschutzthemen haben wird.

Während 50 Prozent der Nutzer_innen in Deutschland angeben, nichts über die Safe-Harbor-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu wissen, befürworten doch 46 Prozent die Entscheidung. 76 Prozent sind generell dagegen, Daten an die USA weiterzugeben – 49 Prozent sind ebenfalls dagegen, dass deutsche Unternehmen Daten an die nationale Regierung weitergeben.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Mehrheit der Befragten grundsätzlich einen starken Datenschutz befürwortet. Die meisten gehen davon aus, ihre Daten gut schützen zu können – falls jedoch jemand Zugriff darauf haben möchte, vor allem von staatlicher Seite, könnten Nutzer_innen wie Unternehmen dem kaum etwas entgegensetzen. Eine aktive Weitergabe von Daten durch Unternehmen wird jedoch abgelehnt – dient diese jedoch der (nationalen) Sicherheit, nehmen viele der Befragten dies hin.

3 Ergänzungen

  1. Besonders im Schlussabschnitt greift mir die Studie zu kurz bzw. der Artikel. Es ist doch klar, dass wenn Bürger aus zwei Staaten wie GB oder USA befragt werden, dass Terrorabwehr bzw. Straftatvereitelung (im politischen Sprech ja gern mal das selbe – Stichwort „Terrorkeule“) die Tendenz „nationale Sicherheit über alles“ lauten muss. Die ganze Studie inkl. dem Artikel sind eig immer schön differenziert. Nur in diesem Punkt nicht. Das ist schade. Und wie viel sind eigentlich „viele der Befragten“ (letzter Absatz), wenn 49 Prozent der deutschen Befragten die Daten nicht an die nationale Regierung weitergeben wollen? Oder ist hier die Annahme, dass die Befragten differenzieren können, wenn sie noch nicht einmal was von Safe Harbor wissen (war ja immerhin Teil der allgemeinen Berichterstattung (inkl. Tagesschaut/heute))?

    1. Wie du sicher gemerkt hast, sind einige Ergebnisse der Umfrage nicht ganz widerspruchsfrei. Ja, 47 Prozent der deutschen Befragten finden in keinem Fall eine Weitergabe ihrer Daten durch Social Media Unternehmen legitim und 49 Prozent sind dagegen, dass deutsche Unternehmen Daten an die eigene Regierung weitergeben. Trotzdem geben 34 Prozent (der Deutschen) an, dass eine Weitergabe gerechtfertigt ist, um ihre Sicherheit zu schützen – mehr als in den USA und GB – und 47 Prozent stimmen zu, dass bei Terrorgefahr auf verschlüsselte Daten zugegriffen werden soll durch die Regierung. Und bei der Frage, was am meisten geschützt werden soll, Nationale Sicherheit oder Privatsphäre, gaben 23 Prozent der befragten Deutschen ersteres an und lagen damit vor den USA (17 Prozent), aber hinter GB (33 Prozent). Gerade was also die „Terrorkeule“ angeht, unterscheiden sich die Antworten der deutschen Befragten also leider kaum von denen der anderen Staaten.

  2. „Erschreckende 23 Prozent, und damit mehr als in Großbritannien und den USA, geben an, keine Daten zu versenden, die verschlüsselt werden müssten – das „wer verschlüsselt, hat etwas zu verbergen“-Argumentationsmonster freut sich.“
    Den Schluß finde ich ungerechtfertigt. Das nicht zuletzt, weil ich mich zu den folgenden 19% zähle.
    Ich versende eben nix, was man verschlüsseln müsste/keinen anderen was angeht.
    Deshalb verstehe ich auch nicht, daß es überhaupt zu dem Problem angreifbarer Systeme kommt. Warum wird eine sensible Struktur dem überhaupt ausgesetzt? Was haben Patientenakten im Netz zu suchen? Was soll das Gejammer irgendwelcher Ministerien, daß ihre Server angegriffen würden? Wenn da nur Öffentlichkeitsarbeit und sonstiger Werbemüll drauf ist, ist es höchstens ärgerlich. Dort sicherheitsrelevantes Zeug unzureichend (das ist es immer!) geschützt abzulegen, ist fahrlässig. Das ist so, als wenn ich das Auto zwar abschließe, den Schlüssel aber hinter die Stoßstange lege.
    Nachdem der Friedensnobelpreisträger Obama gesagt hat, daß man auf virtuelle Angriffe auch „klassisch“ reagieren würde, ist es also doch eher die Provokation eines Kriegsvorwandes und/oder das Rechtfertigen unsinniger Ausgaben für vermeintliche Sicherheit, um irgendwelche Firmen zu protegieren.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.