Studie zu Gig-WorkPrekärst beschäftigt

Das Geschäft der Lieferdienste boomt. Doch viele Kuriere verdienen unterdurchschnittlich und haben befristete Jobs. Zu diesem Schluss kommt eine mit Zahlen unterfütterte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung.

Ein Mensch fährt auf einem Fahrrad im Straßenverkehr und hat eine Box auf dem Rücken, die typischerweise im Lieferdienst benutzt wird.
Gig-Worker liefern meist prekär aus – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jeremy Bishop

Im Laufe des Jahres 2022 arbeiteten über das Jahr verteilt insgesamt rund 94.000 Personen mindestens einmal im Jahr als sogenannte Gig-Worker bei einem Lieferdienst. Zu den umsatzstärksten Unternehmen in diesem Sektor zählen hierzulande „Just Eat and Takeaway.com/Lieferando“ – mit einem Marktanteil von knapp zwei Drittel – sowie „Dominos“ und „Wolt“.

Der Begriff „Gig“ steht im Englischen für einen kurzen Bühnenauftritt. Darunter fallen etwa Kurierdienste, aber auch einfache Tätigkeiten in der Lagerwirtschaft. Gig-Work unterscheidet sich von anderen Formen der digitalen Plattformarbeit, die ortsunabhängig durchgeführt und auch als Crowdwork bezeichnet wird.

Unterstes Lohnniveau

Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) sind mehr als 90 Prozent der Fahrer:innen bei ihren Arbeitgebern als männlich registriert, gut 60 Prozent sind jünger als 30 Jahre. Zudem besitzt knapp die Hälfte der Beschäftigten keine deutsche Staatsbürgerschaft. Die meisten stammen aus asiatischen Ländern (51 Prozent) sowie aus Osteuropa (15 Prozent).

Die Studie vergleicht die Lohnunterschiede zwischen Lieferdienst- und Helfer:innenberufen. Letztere ist eine Berufsklassifikation der Bundesagentur für Arbeit, die einfache Routinetätigkeiten beschreibt und für die in der Regel keine spezifischen Fachkenntnisse erforderlich sind.

Demnach erhalten vollbeschäftigte Lieferdienstfahrer:innen für den Niedriglohnsektor vergleichsweise wenig Lohn. Laut Studie verdienen sie durchschnittlich gut 1.700 Euro und damit rund 800 Euro weniger als Vollzeitbeschäftigte in Helfer:innenberufen. Mehr als ein Drittel der Gig-Worker geht mindestens einer weiteren bezahlten Tätigkeit nach. Bei den Helfer:innenberufen sind es „nur“ knapp ein Viertel der Beschäftigten.

Mehr als die Hälfte der Angestellten im Gig-Sektor ist zudem geringfügig beschäftigt. 57 Prozent von ihnen haben zu Beginn ihrer Tätigkeit eine befristete Anstellung. Bei den Helfer:innenberufen sind es nicht einmal halb so viele der Beschäftigten.

Gig-Work als Sprungbrett?

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es sich bei der Beschäftigung bei Lieferdiensten „aus individueller Perspektive“ um prekäre Arbeit handeln könne. Allerdings könnte Gig-Work „insbesondere für marginalisierte Gruppen einen Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen und ein Sprungbrett in stabilere Beschäftigungen sein“. Unter anderem dieser Frage will das IAB in künftigen Untersuchungen nachgehen.

Die Studie wurde durch die Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gefördert. Sie ist der Auftakt zur Serie „Beschäftigung in der Gig-Ökonomie“, die die Arbeitsbedingungen im Gig-Sektor auf Grundlage empirischer Analysen untersuchen soll.

Als Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit hat das IAB Zugriff auf die jährlichen Meldungen der Arbeitgeber an die Sozialversicherungen. Darin enthalten sind Informationen über den Start und Endpunkt einer Beschäftigung, die erzielten Entgelte sowie die statistischen Merkmale zu allen Jobs und Personen.

1 Ergänzungen

  1. Das IAB ist eine weisungsgebundene „Forschungs“einrichtung, die nach meiner Erfahrung auch wissenschaftlich nicht haltbare Gefälligkeitsgutachten für die Politik erstellt. Da sich das IAB beispielsweise weigert, Daten per IFG-Anfragen herauszugeben, können deren „Studien“ nicht unabhängig überprüft werden und genügen somit per se keinen wissenschaftlichen Standards.

    Das bedeutet nicht, dass alle Pressemeldungen des IAB Fake Facts sind. Sie sollten nur nicht ungeprüft übernommen werden. Was wiederum nicht heißt, das Netzpolitik.org die Studie ungeprüft übernommen hat.

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