Google Reviews ist die beliebteste Bewertungsplattform im Internet. Google Maps verzeichnete im Jahr 2023 etwa eine Milliarde aktive Nutzer. Viele von ihnen schreiben Bewertungen über ihren Supermarkt um die Ecke oder die Hotels, in denen sie zuletzt Urlaub gemacht haben.
In der Regel haben diese Bewertungen eine persönliche Note: Einige private Details werden in den geschriebenen Bewertungen mitgeteilt, zum Beispiel, wie lange man zu einem Restaurant braucht oder welche gesundheitlichen Probleme die Person hat. Wenn man auf das Google-Profil des Accounts klickt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass man alle anderen Bewertungen der Person ausfindig machen kann. Dadurch erfährt man, welche Vorlieben die Person hat, welche Dinge sie nicht leiden kann, wo sie zuletzt im Urlaub war und an welchen Orten sie sich häufig aufhält.
Durch oft geteilte Bilder oder das Profilbild des Accounts erfährt man auch in den meisten Fällen, wie die Person oder sogar ihre ganze Familie aussieht. Manchmal kann man auf geteilten Bildern beobachten, wie die Kinder heranwachsen.
Politiker*innen in Google-Bewertungen
Viele Menschen nutzen für den Account ihren Klarnamen inklusive Bild, was einem interessierten Dritten nach kurzer Google-Suche noch viel mehr über die Person verrät. Genauso verhält es sich auch bei einigen Politiker*innen. Schaut man beispielsweise die Google-Bewertungen von Parteibüros durch, findet man sofort einige. Anhand der öffentlich einsehbaren Bewertungen erfährt man, wo sie zuletzt im Urlaub waren, wo sie gern essen gehen und wo sie ungefähr wohnen. Hier sind einige Beispiele verschiedener Parteien:
Eine Kommunalpolitikerin der CDU war vor vier Monaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die CDU hat sich auf eine Anfrage, ob sie sich der öffentlichen Google-Profile ihrer Amtsträger bewusst ist und wie sie damit umgeht, nicht geantwortet.
Bei der AfD findet man einen stellvertretenden Sprecher, der in seinen Bewertungen dafür eintritt, unbedingt Konzerne mit politisch rechtslastigen Einstellungen zu unterstützen. Auch die AfD hat nicht auf unsere Anfrage dazu geantwortet.
Auch keine Antwort gab es bei den Grünen auf die Anfrage. Eine Grünen-Politikerin bewertete zum Beispiel eine Tankstelle nicht gerade freundlich.
Über die Unpünktlichkeit einer Deutschen-Post-Filiale beschwert sich ein Abteilungsvorsitzender der SPD. Die SPD antwortet als einzige Partei auf die Anfrage. Sie teilte mit, dass sie alle Mitgliedern nahelegen, einen ordentlichen Internetauftritt zu haben.
Auch findet man einen FDP-Parteigänger, der den Deutschen Sportwettenverband mit fünf Sternen bewertet. Die FDP gab keine Antwort auf unsere Anfrage diesbezüglich.
Bei Politiker*innen aller Parteien kann man über die Google-Bewertungen sehen, wo sie zuletzt im Urlaub waren oder was sie am liebsten essen und wo. Hinzu kommen viele weitere private Informationen zu ihnen und ihren Kindern, die sich aus dem Lesen der Bewertungen ergeben. Nur durch das Durchschauen der Parteibürobewertungen kann man dabei schon mindestens vierzig Personen finden.
Risiken durch Google-Bewertungen
Das zeigt einen Mangel an Medienkompetenz, wenn Politiker*innen genau das missachten, was schon Kindern durch Aufklärung in der Schule über das Internet beigebracht wird: dass man nicht einfach Bilder von sich mit dem eigenen vollen Namen im Internet teilt. Denn fremde Menschen können bekanntlich im Internet sonst zu viel Privates herausfinden.
Aber es betrifft nicht nur Politiker*innen. Den eigenen Klarnamen in Verbindung mit einem Gesichtsfoto online frei einsehbar zu stellen, noch dazu mit Texten, die viel über das Privatleben verraten, sowie über den eigenen Wohnort, kann einfach gefährlich sein. Beispielsweise durch Bewertungen von Organisationen, die an der Schule der Kinder tätig waren, findet man ganz schnell heraus, wo diese Kinder zur Schule gehen. Oder einfach zu schreiben, es handle sich bei einem Restaurant um das Lieblingsrestaurant, das um die Ecke liegt, dazu am besten noch, welche Allergien und gesundheitlichen Probleme man hat: All das lässt jeden Interessierten tief ins Private blicken.
Auch das Teilen von Bildern auf Google Maps, unter anderem auch von den Kindern bei allen möglichen Ausflügen, kann schnell gefährlich werden. Man sollte sich immer bewusst sein, dass man auch nicht nur seine eigenen Daten teilt, sondern auch die der Kinder oder des Partners.
Es ist schlichtweg ohne Zustimmung der Betroffenen nicht vertretbar, die Ärzte, Psychotherapeuten oder Nachhilfeorganisationen der eigenen Kinder durch für jeden einsehbare Google-Bewertungen öffentlich bekannt zu machen. Ebenso unangemessen ist es, ohne Rücksprache die Allergien und Krankheiten des Partners oder der eigenen Mutter in einer Restaurantbewertung zu erwähnen. Bei den eigenen Daten muss jede*r selbst entscheiden, wie viel man von sich teilen möchte. Doch sobald andere Menschen involviert sind und deren Daten öffentlich gemacht werden, überschreitet man eine Grenze.
Risiken einschränken
Durch drei Klicks in Google Maps lässt sich das aber relativ leicht verhindern.
Das Google-Maps-Profil lässt sich nämlich einschränken: Dann können alle Rezensionen und Bewertungen nur noch von akzeptierten Followern gesehen werden. Dafür geht man zu „Meine Beiträge“, dann klickt man auf „Profileinstellungen“ und wählt dort „Eingeschränktes Profil“ aus.
Eingeschränkt bedeutet dabei nicht, dass andere Menschen die Einschätzungen nicht mehr lesen könnten. Öffentlich bleiben die Bewertungen und Bilder immer noch, jedoch ist es nicht mehr möglich, alle Bewertungen eines Profils auf einmal zu sehen.
Möchte man allerdings ganz verhindern, dass viele private Informationen bei Bewertungen einfach einsehbar sind, sollte man darauf verzichten, einen Klarnamen zu benutzen bei dem Google-Profil, mit dem man bewertet, und möglichst keine Bilder teilen, die man zuordnen könnte.
Zum Thema „Konzerne mit politisch rechtslastigen Einstellungen“ auf gopgle maps:
Ich habe bei einigen Firmen usw. die laut lobbywatch Spenden an die AfD getätigt haben, und deren Spende öffentlich weil meldepflichtig ist, via googlemaps-rezension eben darauf hingewiesen.
Leider wurde mein google-Account von google dann eingeschränkt: Alle meine Bewertungen sind nicht mehr sichtbar. Ich kann keine Bewertungen mehr erstellen.
Es gab eine einmalige Widerspruchsmöglichkeit bei google die ich genutzt habe. Und ich habe um nachvollziehbare Begründung für die Einschränkung gebeten.
Von google kam lediglich der Hinweis, dass mein Widerspruch abgelehnt wurde. Eine weitere Möglichkeit gegen die Einschränkung vorzugehen gibt es nicht.
Falls jemand eine Idee hat wie ich die aus meiner Sicht unrechtmäßige Einschränkung wieder los werde bitte per Mail an info at synapsenkitzler punkt de.
Danke. 👍
Wenn man das tut, dann sollte man diese Problematik antizipieren und beim tainting die Information eher euphemistisch unterbringen. Das liest sich dann so, als ob ein Sympathisant das geschrieben hat, aber die Info wurde plaziert und wird eher nicht entfernt. Das zeigt schon die beabsichtigte Wirkung, denn Rechtsradikale sind in der Minderheit, und die kluge Mehrheit versteht die Botschaft, wo sie besser nicht konsumieren sollte.
Worüber man nachdenken sollte:
Besser nicht belehrend schreiben (wegen Reaktanz), aber so dass Leser:innen selbst auf die erhofften Schlussfolgerungen kommen.
Schlecht laufende Gastronomie eher nicht tainten, denn deren Geschäfte könnten dann besser laufen, weil sie Aufmerksamkeit bekommen.
Hallo Freunde, nach gründlicher Lektüre des Artikels, habe ich beschlossen, es sein zu lassen mit dem Netz. Nach dem Abfassen dieses Kommentars deinstalliere ich den Chrome und zum Glück hat die EU dafür gesorgt, dass ich das Smarty im Supermarkt entsorgen kann. Ab morgen widme ich die frei gewordene Zeit nur noch mit dem Quadrieren von Kreisen. Wir sehen uns in besseren Sphären!
> Ab morgen widme ich die frei gewordene Zeit nur noch mit dem Quadrieren von Kreisen.
Ich habe mein Smartphone 2013 weggeschmissen, und angefangen mich mit digitaler Selbstverteidigung zu befassen. Nach nun mehr als einem Jahrzehnt kann ich auf ein selbstbestimmtes, erfülltes und entspanntes Leben im Digitalen zurückblicken. Meine frei gewordene Zeit konnte ich für die Bekämpfung digitaler Fehlentwicklungen mit Freude einsetzen.
„Bei den eigenen Daten muss jede*r selbst entscheiden, wie viel man von sich teilen möchte. Doch sobald andere Menschen involviert sind und deren Daten öffentlich gemacht werden, überschreitet man eine Grenze.“
Genau das ist doch des Pudels Kern.
Selbst die Fakten darf man unter Berücksichtigung des Datenschutzes nur begrenzt wiedergeben.
Und man muss halt auch immer darauf gefasst sein, dann einen Shitstorm von denen zu bekommen, denen diese Fakten oder Meinungen nicht gefallen.