Andreas ScheuerVon diabolischen Kräften aus dem Stadtrat vertrieben

Wir alle haben ihn in guter Erinnerung als äußerst erfolgreichen Verkehrs- und Digitalminister. Unvergessen sein Einsatz gegen Funklöcher und für eine Pkw-Maut. Doch wie kam es dazu, dass der beliebte Politiker von „Steigbügelhaltern der Bösartigkeit“ zum Rücktritt aus dem Passauer Stadtrat gedrängt wurde? Eine Glosse.

Menschen schauen in Kamera
Ein Bild aus glücklichen Zeiten: Andreas Scheuer (links) in prominenter Runde. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / SKATA

Es war die Personalie des Jahres im Passauer Stadtrat. Eine Starbesetzung. Ein Mann von ganz oben. Der ehemalige Verkehrs- und Digitalminister Andreas Scheuer, seit 2002 auch ehrenamtliches Mitglied des Stadtrats seiner Heimatstadt, sollte Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Passau werden.

„Wir haben die Ausschüsse nach Vorlieben und Fähigkeiten besetzt“, sagte im Vorfeld Evi Buhmann, Fraktionsvorsitzende der CSU im Stadtrat. Die Rechnungsprüfung der Stadt Passau prüft nach eigener Aussage „die Jahresrechnung und die Bilanzen der Eigenbetriebe und damit das gesamte Tätigwerden der Stadt Passau im Hinblick auf Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.“

Und wer hätte eben bessere Fähigkeiten im Umgang mit Geld, Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit als ebenjener frühere Doktortitelbesitzer Andreas Scheuer? Jener Mann, der es mit den Finanzen so genau nimmt, dass er bei der – mit Ansage – nicht zustande gekommenen Einführung der Pkw-Maut einen Verlust von 243 Millionen Euro für den Staat eingefahren hat? Scheuer ist also einer, der die ganz großen Beträge prüfen kann. Einer, der gerne mit viel Geld umgeht, wenn es nicht sein eigenes ist. Der ideale Mann für die Rechnungsprüfung!

Wirtschaftlichkeit hat einen Namen: Scheuer!

In Sachen Wirtschaftlichkeit kann in diesem Land kaum jemand mehr vorweisen als Andreas Scheuer, dessen staatliche Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft 5.000 Mobilfunkmasten bundesweit errichten sollte – und nach vier Jahren und mit immerhin 70 Mitarbeitern erst letzte Woche den ersten staatlich geförderten Mast in Betrieb genommen hatte. Das ist Wirtschaftlichkeit allererster Güte, ein Leuchtturm der Wirtschaftlichkeit möchte man gar sagen. Scheuer ist ein Mann, der Innovationen auch dann vorantrieb, wenn er dabei Rückschläge einstecken musste.

Am Ende haben die „Steigbügelhalter der Bösartigkeit“ – ein Grüner, ein fraktionsloser CSU-Neustadtrat und die Medien, wie Scheuer auf Facebook ausführt – in einem „abgekarteten Spiel“ verhindert, dass ebenjener qualifizierte, gute Mann in Amt und Würden des Passauer Rechnungsprüfungsausschusses kam.

Bundes- und Kommunalpolitik „unsachlich vermengt“

Denn zwei Stadträte hatten die Besetzung von Scheuer im Rechnungsprüfungsausschuss als „Bankrotterklärung“ bezeichnet, welche „Stadtrat und Stadt der Lächerlichkeit preisgegeben“ würde. Und die Passauer Neue Presse hatte es gar gewagt, darüber zu berichten. Da musste Andreas Scheuer reagieren, obwohl er laut eigener Aussage nach dem Motto „Wer die Hitze nicht aushält, darf nicht in die Küche gehen“ lebt.

Andreas Scheuer nennt die Vorgänge „undemokratisch“ und „unkollegial“, dabei habe er sich doch trotz neuerlicher beruflicher Ausrichtung und internationaler Verpflichtungen in den Dienst der Sache der freien Kreisstadt gestellt. Ohnehin sei es nur um ein Gremium gegangen, das „dreimal im Jahr“ tage. Doch die Medien hätten Bundespolitik und Kommunalpolitik „unsachlich vermengt“ und „faktenfrei dargestellt“, schrieb Andreas Scheuer auf Instagram. Das alles spiele in die Hände der Extremisten! „Wer Hass und Hetze provoziert, wer streitlüstern, spaltend und diabolisch auftritt, der schadet“, so der frischgebackene Ex-Politiker.

Dem guten Mann blieb am Ende nichts anderes übrig als zurückzutreten. Ein trauriger Schritt, den Andreas Scheuer sonst immer gut zu vermeiden wusste.


Dokument


Wir dokumentieren an dieser Stelle Andreas Scheuers Erklärung, die er am 8. Oktober 2024 auf Instagram und auf Facebook verbreitete.

 

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