Das deutsche Lieferunternehmen Flink entlässt 50 Fahrer:innen in seiner Freiburger Niederlassung. Das gab das Unternehmen vergangene Woche bekannt, wie die Gruppe „Flink Workers Collective“ auf Twitter schreibt. Die Schließung sei notwendig für die laufende Entwicklung des Unternehmens, teilte das Unternehmen laut der Gruppe mit. Die Arbeiter:innen bezweifeln das und machen eher eine anstehende Betriebsratswahl verantwortlich.
Laut bisherigen Äußerungen des Freiburger Managements sei die Niederlassung – bei Flink und ähnlichen Unternehmen als „Hub“ bezeichnet – profitabel gewesen, so die Gruppe. Das hätten verschiedene Führungspersonen bestätigt, sagte ein Vertreter der Gruppe gegenüber netzpolitik.org. Außerdem seien bis in die vergangene Woche hinein neue Fahrer:innen angestellt worden. netzpolitik.org liegen Dokumente vor, die belegen, dass Flink mindestens bis Anfang Oktober in Freiburg noch neu einstellte. Flink selbst antwortete nicht auf Anfrage von netzpolitik.org
Kurz davor gab es noch Pizza
Es gebe nur einen möglichen Grund für die überraschende Schließung, so das Flink Workers Collective gegenüber netzpolitik.org: Dass die Freiburger Flink-Angestellten sich bei einer Betriebsversammlung Anfang des Monats entschlossen hatten, am 16. Oktober einen Betriebsrat zu wählen. Bei der Betriebsversammlung sei die Stimmung noch gut gewesen, sagt die Gruppe – Flink habe Pizza und Getränke bereitgestellt.
„Flink hat in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass es Betriebsräten gegenüber feindlich eingestellt ist“, sagte ein Vertreter des Flink Workers Collective. Die Schließung des Hubs während Angestellte zeitgleich ein Betriebsrat gründen wollten, könne „ein unglücklicher Zufall“ sein. Wesentlich wahrscheinlicher sei aber, dass „die Leitung von Flink sich entschlossen hatte, die Demokratie im Unternehmen zu unterdrücken“.
Auch aus anderen Städten gab es Berichte, laut denen Flink sich gegen Betriebsratsgründungen einsetzte. In Berlin kündigte das Unternehmen etwa einem Fahrer, der sich für einen Betriebsrat einsetzte, nachdem dieser der taz ein Interview gegeben hatte. Eine Vertreterin von verdi kritisierte damals, das Unternehmen würde einen mangelnden Kündigungsschutz für Angestellte ausnutzen, die gerade einen Betriebsrat gründen. Momentan gebe es bei dem Unternehmen keine Betriebsräte, sagt das Flink Workers Collective.
„Das ist für mich eindeutig Union Busting“, sagt auch Elmar Wigand von der Aktion Arbeitsunrecht zu netzpolitik.org. Die Gruppe begleitete bereits den Versuch, in Berlin einen Betriebsrat zu gründen. Sobald es in einem Betrieb einen Betriebsrat gebe, könne dieser bei Kündigungen auch einen Sozialplan aushandeln – wenn Flink also sowieso schon geplant hätte, den Freiburger Hub zu schließen, wäre vor der Betriebsratswahl die letzte gute Gelegenheit dafür gewesen, meint Wigand. Er wird den Fall weiter verfolgen.
Wichtig für ausländische Studierende
Viele der nun gekündigten Fahrer:innen befanden sich noch in der Probezeit, ihre Verträge enden am 31. Oktober. Sie sind bereits freigestellt und können damit nicht mehr arbeiten, werden aber bis zum Ende ihrer Verträge weiter bezahlt. Viele der Fahrer:innen seien ausländische Studierende, so das Flink Workers Collective. Sie seien deshalb besonders abhängig von dem Job gewesen, um etwa die hohen Mieten in Freiburg zu finanzieren. „Für viele von ihnen ist es jetzt besonders schwer, einen neuen Job zu finden.“
„Manche von uns werden eine Kündigungsschutzklage einreichen und dafür kämpfen, unsere Jobs zurückzubekommen und den Hub wieder zu eröffnen“, so die Gruppe zu netzpolitik.org. „In der Zwischenzeit können wir nur auf das Ganze aufmerksam machen, vielleicht hilft es ja anderen, sich zu organisieren. Wäre es nicht toll, wenn alle Flink-Hubs in Deutschland sich koordinieren und gleichzeitig Betriebsratswahlen beginnen würden? An irgendeinem Punkt können sie nicht mehr weiter Hubs dichtmachen.“
Schlechte Marktlage
„Ich habe es geliebt, mit dem E-Bike durch Freiburg zu fahren, die schweren Taschen Treppen hochzutragen“, sagte ein Ex-Flink-Fahrer. „Ich habe es geliebt, alle möglichen Wohnungen zu sehen, alle möglichen Leute zu treffen und am Ende des Tages immer viele lustige Geschichten erzählen zu können. Wenn ich mir die zwei anderen Radlieferunternehmen anschaue, muss ich sagen, dass wir es ziemlich gut hatten.“
Der Lieferdienstmarkt befindet sich in Deutschland und auch im Rest von Europa seit dem Ende der Corona-Pandemie im Niedergang: Unternehmen schließen in einzelnen Ländern oder geben gleich ganz auf. Ende vergangenen Jahres hatte in Deutschland Getir den Konkurrenten Gorillas übernommen, der zuvor wegen seiner Arbeitsbedingungen in die Kritik geraten war. Getir befand sich im Frühjahr auch in Verhandlungen mit Flink wegen einer möglichen Übernahme, wie die Financial Times berichtete.
FYI
wenn Startup Unicorns in die Pübertät (no Typo:) kommen https://www.crunchbase.com/organization/flink-food-gmbh , dann verbrennt das Geld der Investoren schneller als die Feuerwehr erlaubt. Dieses typische Startup Verhalten geht immer zu Lasten der Mitarbeiter.
Mal sehen, wann DoorCash bzw die ReweGroup „den Stecker“ ziehen.
Mehr zu Mr. Goldfinger https://www.northdata.de/Merkel,+Oliver,+Potsdam/h5y and friends
Dazu die taz am 10.05.2024:
Die Story des Stücks ist immer die gleiche: Ein geniales Start-up kommt und will irgendetwas Alltägliches von Grund auf revolutionieren – in diesem Fall den Supermarkteinkauf. Mit der Idee werden astronomische Profitmöglichkeiten in der Zukunft beschworen. Kurzfristige Verluste können da schon mal in Kauf genommen werden, denn am Ende winkt ein Monopol – das „The winner takes it all“-Prinzip; eine heile Welt, in der niemand mehr in den Supermarkt geht, sondern nur noch stündlich per App Chips, Nudeln und Pesto bestellt.
Je glaubwürdiger die Start-ups ihr Theater spielen, desto mehr Kapital ziehen sie an. Und je mehr Kapital sie anziehen, desto glaubwürdiger werden sie – eine Spirale, die zusammenbricht, sobald sie auf die Realität trifft.
Arbeiter:innen werden in diesem Spiel zu Statisten degradiert. Anfangs stellten Getir und Co möglichst viele Fahrer:innen ein, um Wachstum zu simulieren. Ganz egal, dass die Lohnkosten in Deutschland viel zu hoch und die Fahrer:innen einen Großteil der Zeit nichts zu tun hatten. Wenig später entließen sie viele, um Profitabilität vorzutäuschen. Funktionierende Fahrräder, warme Winterkleidung und rückenschonende Transportboxen hatte die Fahrer:innen aber nur selten. Böse Zungen behaupten, es sei den Lieferdiensten nie darum gegangen, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu etablieren.
https://taz.de/Online-Supermaerkte/!6007043/
Wirtschaftlich gescheitert. Geplant gescheitert? Wieviel bleibt am Ende dann übrig, um sich die Taschen voll zu stopfen?
Haben Eure Eltern Bedienstete gehabt, die ihre Besorgungen erledigten? Nein?
Warum gönnt Ihr Euch dann diese Dekadenz.
Wenn man gesundheitlich extrem eingeschränkt ist, ist diese „Dekadenz“ eine gute Möglichkeit an frische Lebensmittel zu kommen ohne anderen zur Last zu fallen.
Die Frage nach dekadenter Bequemlichkeit sollte schon ernst genommen werden.
Wie viele der Kunden benutzen den Dienstleister wegen einer Einschränkung?
Wie viele der Kunden benutzen den Dienstleister wegen Bequemlichkeit, die sie per Aufschlag bezahlen (können)?
Wie Unterscheidet sich der Anspruch bezüglich Schnelligkeit der Lieferung zwischen Leuten, die eine Einschränkung haben und jenen, die dekadent konsumieren?
Öhm, weil das Essen für einen Aufpreis geliefert wird?
Dass die Kalkulation nicht stimmt, das Unternehmen bösartig geführt wird, und gegen uns lobbyiert, unterscheidet die Sache nicht wesentlich davon, sich eine Zahnpasta selbst zu kaufen, oder einen Keks. Mit Eltern hat das einen Keks zu tun.
In diesem Sinne: Keks auf!
Als Dauerkunde von Flink bin ich über die Schließung sehr überrascht und auch sehr traurig, da es keine Alternative gibt.
Allerdings gab es im Freiburger Hub auch Schwierigkeiten. Es gab fast nie Tomaten. Rindfleischfilet ist auch immer gleich ausverkauft.
In den Wochen vor der Schließung merkte man schon das etwas nicht stimmt. es gab kaum mehr Fahrer. > 70 Minuten Wartezeit und an manchen Tagen gar keine Lieferung da alle Rider ausgelastet oder der Laden als geschlossen angezeigt wurde.
dann auf einmal die Meldung der Standort wird dauerhaft geschlossen :(
bitte kämpft für eine Wiedereröffnung!
Es gibt doch Alternativen: Die eigenen Beine oder gegebenenfalls ein Gefährt, mit dem man zum nächsten Supermarkt kommt. Sollte man tatsächlich nicht aus der Wohnung rauskommen, gibt es gerade im Südwesten der Republik Hilfe aus Kirchengemeinden heraus oder Nachbarschaftsinitiativen.
Mir geht es auch so, dass ich Flink echt vermisse – nachdem Bringman (Edeka) hier im August dicht gemacht hat, war Flink noch die einzige Alternative, wenn auch das Sortiment nicht so groß war. Wir bestellten 1x pro Woche, waren quasi auch Dauerkunden. Da meine Partnerin nicht mehr so gut zu Fuß ist und ich öfter gesundheitliche Probleme habe, waren die Lieferdienste ein Segen.
Hoffentlich gibt es hier bald wieder etwas vergleichbares.