Im Jahr 2021 durften Polizei und Ermittlungsbehörden in Deutschland 55 mal IT-Geräte mit Staatstrojanern hacken und haben es 32 mal getan, wie das Bundesjustizamt heute mitteilt. Das sind zehn Einsätze mehr als im Vorjahr. Das Bundesjustizamt veröffentlicht jedes Jahr Statistiken zur Telekommunikationsüberwachung, die wir regelmäßig aufbereiten.
Anlass für den Einsatz von Staatstrojanern waren wie immer vor allem Drogen, so das Justizamt in der Pressemitteilung: „Wie in den vergangenen Jahren war es vor allem der Tatverdacht bezüglich Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, der den Anlass für die Überwachungsmaßnahmen lieferte.“
Laut den offiziellen Angaben gab es 35 Anordnungen, den Staatstrojaner „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ einzusetzen, um laufende Kommunikation abzuhören. Davon „wurden 23 Überwachungen tatsächlich durchgeführt“. Die Polizei Nordrhein-Westfalen hat damit 16 mal gehackt, die Polizei Berlin vier mal, der Generalbundesanwalt sowie Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern je einmal.
Drogen weiterhin Spitzenreiter
Der Staatstrojaner „Online-Durchsuchung“ wurde 20 mal angeordnet, um alle Daten auf dem gehackten Gerät auszuleiten. Neun mal wurde der Einsatz „tatsächlich durchgeführt“. Der Generalbundesanwalt hat damit fünf mal gehackt, wegen krimineller oder terroristischer Vereinigungen. Das könnten Rechtsterroristen wie die Patriotische Union sein, oder auch die Letzte Generation.
Die Polizei Sachsen-Anhalt wollte vier mal hacken, immer wegen Betäubungsmittelgesetz, war aber nur einmal erfolgreich. Die Polizei Nordrhein-Westfalen wollte ebenfalls vier mal hacken, wegen Hoch- und Landesverrat sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit, war aber nie erfolgreich. Die Polizei Sachsen wollte drei mal hacken, zwei mal wegen Betäubungsmittelgesetz und einmal wegen Mord und Totschlag, war aber nur einmal erfolgreich. Die Polizei Hamburg wollte ebenfalls drei mal hacken, wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit sowie Einschleusen von Ausländern, war aber nur einmal erfolgreich. Die Polizei Bayern wollte einmal wegen Hochverrat hacken, war aber nicht erfolgreich.
Trojaner für und gegen innere Sicherheit
Politisch werden Staatstrojaner meist mit Terrorismus, Mord und Totschlag oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begründet. Tatsächlich wurde die Online-Durchsuchung erstmals auch deshalb eingesetzt. Spitzenreiter sind jedoch auch weiterhin Drogendelikte. Damit verhindert der Staat, dass Sicherheitslücken geschlossen werden, um ein paar Drogen-Dealer zu bekämpfen.
Die Polizeibehörden besitzen mehrere Staatstrojaner, die sie einsetzen können. Das BKA hat selbst einen Trojaner „Remote Communication Interception Software“ (RCIS) programmiert. Seit 2013 hat das BKA den Trojaner FinSpy von FinFisher. Seit 2019 hat und nutzt das BKA auch Pegasus von NSO. Welche weiteren Trojaner Polizei und Geheimdienste besitzen, will die Ampel-Regierung nicht öffentlich sagen.
Erst seit drei Jahren gibt es offizielle Statistiken, wie oft die deutsche Polizei Staatstrojaner einsetzt. Seitdem steigen die Zahlen Jahr für Jahr. Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die Eingriffsschwellen für Staatstrojaner hochzusetzen. Justizminister Buschmann hat kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Polizei Staatstrojaner etwas seltener nutzen dürfen soll. Ob und wie das Gesetz tatsächlich verabschiedet wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.
Wenn es bei „alle 11 Tage“ bleibt wäre ich zufrieden. Meine Angst ist, dass auch beim Staatstrojaner bald inflationäre Verhältnisse eintreten werden wie bei Bestandsdatenauskunft und Funkzellenabfrage, etc.
Kurze Frage: Im Text steht „war aber nur x-mal erfolgreich“. Ist die technische Ebene gemeint oder wurde nichts strafrechtlich Relevantes gefunden?
Technisch: „tatsächlich durchgeführt“. Wie die Ermittlungen ausgingen, geht daraus nicht hervor.
Ich frage mich wie belastbar diese behördlichen Statistiken sind. Weiß jemand, auf welcher Grundlage diese Daten erhoben werden? Ich kann mir nicht vorstellen, dass manche Bundesländer gar keine Online-Durchsuchung gemacht haben…
Das Bundesjustizamt fragt die Landesjustizverwaltungen, die fragen ihre Staatsanwaltschaften. Aus der Übersicht: