Übernahme von EMTRheinmetall steigt wieder ins Geschäft mit Drohnen ein

Die Ausrüstung der Heeresaufklärungstruppe mit neuen LUNA-Drohnen scheint gesichert, ein Verkauf des insolventen deutschen Herstellers nach Israel ist damit vom Tisch. Die Bundeswehr hat außerdem eine Studie für Kamikazedrohnen beauftragt, ein solches System bietet auch Rheinmetall an.

Das Bild zeigt eine weiße Starrflügler-Drohne auf einer Startrampe auf einer ausgedörrten Wiese.
Das Heer fliegt die LUNA unter anderem in Mali, die insolvente Firma EMT sollte die Drohne durch ein verbessertes Nachfolgesystem ersetzen. Bundeswehr/PAO DEU EinsKtgt MINUSMA

Der Rüstungskonzern Rheinmetall übernimmt wesentliche Teile des insolventen Drohnenherstellers EMT aus Penzberg in Bayern. Das teilte die Düsseldorfer Firmenzentrale diese Woche in einer Pressemitteilung mit. Die 1978 von dem Diplomingenieur Hartmut Euer gegründete Gesellschaft hat die taktische Drohne LUNA für die Bundeswehr gebaut. Ursprünglich sollte Rafael Advanced Defence Systems aus Israel die Konkursmasse der Firma aufkaufen, diese Option ist demnach vom Tisch.

Rheinmetall will die vier EMT-Standorte in Bayern und Schleswig-Holstein erhalten und mit den rund 200 Mitarbeiter:innen in die Konzernstruktur integrieren. Damit kehrt das Unternehmen ins Drohnengeschäft zurück. Rheinmetall hatte in den 90er Jahren das KZO („Kleinfluggerät Zielortung“) entwickelt und davon 61 Systeme an das Heer verkauft. 2010 erhielt der Konzern außerdem den Zuschlag für Flüge mit der israelischen HERON 1 für die Luftwaffe, gab diesen Vertrag jedoch zwei Jahre später an EADS-Cassidian ab. Das gemeinsam gegründete Unternehmen ging 2014 im neu strukturierten Airbus-Konzern auf.

Neue Drohne mit vierfacher Nutzlast

Die Abkürzung LUNA steht für „Luftgestützte, Unbemannte Nahaufklärungsausstattung“. Mit einem Zweitaktmotor und einer Flügelspannweite von über vier Metern erreicht die Drohne nach einem Katapultstart eine Fluggeschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern. Ihre Landung erfolgt mit einem Fallschirm oder in einem Fangnetz. Zur Ausrüstung gehören eine elektro-optische Videokamera, außerdem eine Wärmebildkamera oder eine digitale Kamera für hochauflösende Standbilder. Die Überwachungstechnik wurde durch eine Bildauswertungsplattform des Fraunhofer-Instituts IOSB optimiert.

Die LUNA ist seit 2003 im Bestand der Heeresaufklärungstruppe, damit ist sie die am längsten genutzte Drohne bei der Bundeswehr. Derzeit soll die Einheit über 84 Systeme verfügen, bis 2013 mussten jedoch mindestens 52 Luftfahrzeuge nach Abstürzen ersetzt werden. Im Rahmen des Projekts HUSAR („Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite“) soll ein Nachfolgesystem die Drohne ablösen. Das maximale Abfluggewicht dieser LUNA NG („Next Generation“) erhöht sich auf 110 Kilogramm, die Nutzlast beträgt mit 20 Kilogramm ein Vierfaches gegenüber dem Vorgängermodell. Insgesamt sollten 65 LUNA NG beschafft werden, in einer späteren Version wollte EMT auch Fähigkeiten für senkrechte Starts integrieren.

Laut Rheinmetall soll die LUNA NG auch im Verbund mit bemannten Luftfahrzeugem fliegen können, die Bundeswehr forscht im Bereich dieses „Manned-Unmanned Teamings“ an der Integration von bewaffneten und unbewaffneten Drohnenschwärmen. Rheinmetall will die Drohne außerdem international vermarkten. Ein solcher Deal hatte nach „erheblichen Einnahmeausfällen“ zum Konkurs von EMT geführt, nachdem gegen einen ungenannten ausländischen Kunden ein Embargo verhängt worden war.

Bundeswehr interessiert sich für „herumlungernde Munition“

Einst wollte Rheinmetall auch ein bewaffnetes Drohnensystem an die Bundeswehr verkaufen. Dieses WABEP („Wirkmittel zur Abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen“) hätte aus zwei verschiedenen Flugdrohnen bestanden: Rheinmetalls KZO sollte Ziele markieren, diese wären dann mit einer HAROP von IAI aus Israel zerstört worden. Derartige Kamikazedrohnen werden als „herumlungernde Munition“ („Loitering Munition“) bezeichnet.

Die Einsatzbereitschaft von insgesamt WABEP-42 Drohnen war ab 2013 anvisiert, nach „praktischen Tests“ und der probeweisen Bekämpfung von „besonders bedeutsamen Zielen“ entschied sich das Verteidigungsministerium jedoch 2012 dagegen. Laut dem Parlamentarischen Staatssekretär Thomas Silberhorn hätte das WABEP erst sieben Jahre später finanziert werden können, nach damaligem Stand wäre es dann „technisch veraltet gewesen“.

Vor dem Hintergrund, dass die HAROP auch heute noch in militärischen Konflikten eingesetzt wird und im Falle des aserbaidschanischen Angriffskrieges auf Armenien sogar zu dessen Erfolg beigetragen haben soll, könnte die Bundeswehr die damalige Entscheidung bedauern. Nun liegt eine mögliche Beschaffung von „Loitering Munition“ wieder auf dem Tisch. Das Verteidigungsministerium lässt einen Fahrplan zur Forschung und Entwicklung erstellen, die Bundeswehr hat den deutschen Rüstungsdienstleister AMDC mit der Erstellung einer Studie zur Sichtung marktverfügbarer Systeme beauftragt. Einer der Anbieter ist Rheinmetall, dabei werden polnische Kamikazedrohnen von einem neu entwickelten Drohnenpanzer abgeschossen.

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