Instagram-Fakes: Wenn die Wolken immer gleich schön aussehen

Glatte Haut ist nicht genug: Eine Instagrammerin geht viral, weil jemandem auffällt, dass der Himmel auf ihren Bildern immer der gleiche ist. Sie sieht darin kein Problem.

Frau posiert vor und im Wasser vor blauem Himmel mit Wolken
Überführt wurde der Account wegen immergleichen Wolkenformationen aus der Fotobearbeitungsapp „Quickshot“. – Alle Rechte vorbehalten Screenshot: instagram.com/tupisaravia/

Schöne Instagram-Welt. Es gibt nicht nur auf der Foto-Plattform selbst Filter, die Bilder goldener, farbenfroher oder dynamischer erscheinen lassen. Es gibt daneben zahllose Apps, mit denen sich Gesichter verschönern lassen: weißere Zähne, größere Augen, reinere Haut. Und dann gibt es Apps, mit denen man sich schminken kann. Wieder andere Apps versprechen längere Beine, Wespentaille, Idealfiguren. Alles, damit wir uns mit mehr Likes von unserer idealisierten Schönheit überzeugen.

Und dann gibt es noch Apps, um Umgebungen und Hintergründe von Bildern zu verändern. Eine dieser Apps hat eine Funktion namens „Sky Control“, mit der die Nutzer:innen den Himmel noch aufregender machen können. Denn was wäre das Bild vom thailändischen Strand schon wert, wenn nicht die Wolken zum türkisblauen Wasser passen würden?

Die argentinische Reise-Influencerin Tupi Saravia ist mit immer gleichen Wolkenformationen aufgefallen. Auf Twitter posteten Menschen Bilder von ihr, auf denen sie vor immer gleichem Himmel posierte. Buzzfeed News ging der Sache nach.

Sie habe doch nur eine App genutzt, um die Bildkomposition zu verbessern, sagte sie gegenüber Buzzfeed. Auf Twitter löste der Fall eine Debatte über die Integrität von Bildern und Influencern aus. Die Instagrammerin ist sich keiner Schuld bewusst, sie habe immer ihren Followern offengelegt, dass sie Bilder bearbeite.

Banale Scheinwelt mit negativen Folgen

Instagram steht schon länger in der Kritik, weil das Netzwerk einerseits zu einer Fixierung auf Körper und Schönheit und außerdem zu einem Auseinanderklaffen von inszeniertem Bild und Realität führt. So entsteht eine Scheinwelt, in der das Besondere banalisiert wird.

Es gibt zahlreiche Studien dazu, wie Instagram auf Menschen wirkt. Die Royal Society for Public Health in Großbritannien hatte 2017 in einer Umfrage unter knapp 1.500 jungen Menschen festgestellt, dass Instagram von allen untersuchten sozialen Netzwerken die negativsten Effekte auf die Psyche der Befragten habe. Junge Frauen, die Influencern oder Models folgen, machen sich in der Fotonachbearbeitung die Zähne weißer und fühlen sich weniger wohl im eigenen Körper (PDF). Durch das Fotografieren für soziale Netzwerke machten sich die Nutzerinnen selbst zum Objekt, das sie dann für die Evaluation durch andere Nutzer mit Foto-Effekten optimierten, sagt die Autorin Rachel Cohen.

Der argentinischen Influencerin hat das Fälschen der Bilder übrigens nicht geschadet. Die Zahl ihrer Follower stieg seit dem Vorfall von 280.000 auf 292.000. Wer durch ihre Bilder scrollt, merkt schnell, dass der Himmel nicht das einzige Inszenierte ist.

9 Ergänzungen

  1. Die gleichen Wolken auf verschiedenen Fotos …
    Das ist so alt! Das haben sie in der DDR auch ohne irgendwelche „Apps“ schon gekonnt. Mir ist das damals auf Ansichtskarten aufgefallen. Da wundere ich mich eher, dass sich Leute heute noch darüber aufregen. Glauben die auch noch an den Weihnachtmann? Was erwarten die?
    Wenn es wirklich noch interessiert, suche ich die alten Karten mal raus.

    1. Natürlich ist das alt, nur heute kann und macht es nicht nur der professionelle Bildbearbeiter wie damals sondern per billiger/kostenfreier und kinderleichter App auch die Masse der Influencer:innen oder jene, die Influencer:in sein möchten. Das ist auch nicht erst seit dem Veröffentlichungsdatum dieses Artikels so. Darum geht es dem Autor vermutlich auch nicht, sondern wohl eher um das einmal mehr vor Augen führen, wie selbstverständlich heute das Erschaffen von Traumwelten ist und wie schnell wir dem immer wieder unbewusst erliegen, selbst wenn wir es eigentlich wissen oder wissen müssten. Nur weil ein Umstand dem Einzelnen sehr bewusst sein mag, gilt das nicht für jeden und zu jeder Zeit.

  2. Man kann und soll die im Artikel erwähnte Körper- und »Schönheits«-Fixierung kritisieren, keine Frage. Aber das an ein paar »Photoshop-Wolken« aufzuhängen, finde ich albern. Und was bitteschön ist an diesem Himmel »aufregend«? Ihr schreibt von der »Banalität des Besonderen«, aber hier scheint es so, als würde etwas Banales zum Besonderen manipuliert.

  3. Bei dem Profil dieser Dame ist doch auch so offensichtlich, dass die Szenen gestellt und die Fotos stark nachbearbeitet sind. Der Kanal soll außerdem sowieso nur eine heile Welt zeigen und hat keinen imho keinen Anspruch auf Seriosität. Warum also die Aufregung? Wir reden doch hier nicht von National Geographic.

  4. Die negativen Effekte von Instagram auf die eigenen Psyche kann ich leider nur bestätigen. Influencer leben ein Leben vor, dass man selber nie erreichen wird. Weil selbst die Influencer dieses nicht wirklich erreichen. Es wird eine heile Welt vorgegaukelt, die so nicht existiert. Das Ergebnis ist die Frustration am eigenen Leben, weil man denkt, dass das eigenen Leben langweilig ist.
    Da ich selber ganz gerne fotografiere, finde ich die Diskussion um Bildmanipulation bei Influencern sehr spannend. Meineserachtens macht Fotografie ohne manipulation gar keinen Sinn. Ein einfaches Landschaftsbild kann nie wiederspiegeln, wie man sich beim betrachten der landschaft gefühlt hat. Die „Stimmung“ kommt oft erst durch das nachträgliche Bearbeiten zustande. Bilder sind nicht nur eine einfache Dokumentation, sondern können auch eine Geschichte und ein Gefühl vermitteln.

    1. Ich freue mich immer wieder gerne über Fotos, die für sich zumindest irgendetwas ausdrücken, oder andersherum: sich ausducken lassen.

    2. „Das Ergebnis ist die Frustration am eigenen Leben, weil man denkt, dass das eigenen Leben langweilig ist.“ (SIC)

      Das ist m.E. nicht ganz korrekt. Die Frustration kommt wenn dann nicht vom Foto, sondern aus einem selbst. Zudem IST das eigenen Leben zum Großteil langweilig. Fakt. Man muss halt damit klarkommen und nicht irgendwelche Instagramer für sein eigenes (Un-)Glück verantwortlich machen. Sonst könnte man auch sagen „Mist, ich hab nachts geträumt, ich könnte fliegen und jetzt find ich mein Leben doof.“ Oder „Ich stell mir die große, unsterbliche Liebe vor, finde sie aber nicht und jetzt ist also Shakespeare an meinem Elend schuld.“

      Immerhin kann man jetzt sagen, der besagte Wolkenhimmel ist langweilig, weil „schon gesehen“.

      PS: Mann, der Artikel hat mir 10 Minuten meines Lebens versaut! ;)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.