EU-Experten erklären den Begriff Fake News für tot

Die EU-Kommission bestellte bei einer hochrangigen Gruppe von Wissenschaftlern und Branchenvertretern einen Bericht zu Fake News. Die Experten schafften erstmal gleich den Begriff ab und wollen nur noch von Desinformation sprechen. Ihr Bericht bleibt in seinen Empfehlungen vage. Immerhin: Die Experten fordern die Social-Media-Plattformen zu mehr Transparenz bei ihren Algorithmen auf.

Falschnachrichten wie jene von der angeblichen Unterstützung des Papstes für Donald Trump im US-Wahlkampf 2016 verbreiten sich weiterhin munter auf Youtube. Dabei helfen ihnen auch die Empfehlungsalgorithmen der Plattform. – Public Domain Screenshot/Youtube

Eine Expertengruppe der EU-Kommission zum Thema Fake News möchte als erstes Ergebnis ihrer Arbeit diesen Begriff abschaffen. Der Begriff Fake News, der sich seit der US-Wahl 2016 stark verbreitet, sei einschränkend und irreführend. Stattdessen sprechen die Experten lieber von Desinformation, heißt es im heute in Brüssel vorgestellten Bericht der Gruppe. Gemeint sind damit alle Formen von falscher, ungenauer und irreführender Information, die mit der Absicht, der Öffentlichkeit zu schaden oder Profit zu machen, veröffentlicht oder vertrieben wird. EU-Digitalkommissarin Mariya Gabriel betonte, sie wolle künftig den Begriff Desinformation verwenden.

Der Expertenbericht macht einige Vorschläge, um stärker gegen Desinformation vor allem im digitalen Raum vorzugehen. Die Experten drängen darauf, den Qualitätsjournalismus zu stärken und mehr für die Medienbildung („media literacy“) zu tun. Aber auch Social-Media-Plattformen wie Facebook und Youtube sollen bei der Verbreitung von Desinformation stärken in die Verantwortung genommen werden. Eine Reihe von Maßnahmen wurde in einem Verhaltenskodex zusammengefasst, dem sich die Plattformen künftig verschreiben sollen. Der Expertengruppe gehören Wissenschafter, Vertreter der Medienbranche und der Internetplattformen an.

Was die Plattform in den Feed spült

Eine Forderung im Bericht der Gruppe sticht besonders hervor: Die Plattformen sollen transparenter damit umgehen, wie ihre Algorithmen Nachrichten auswählen und verstärken. Im Bericht heißt es, Faktchecker und Medienorganisationen wollen besser verstehen, wie die Nachrichten verbreitetet werden und wünschen sich, die Plattformen würden bei wesentlichen Änderungen ihrer Algorithmen die Öffentlichkeit im Voraus informieren. Damit spricht die Kommission einen wunden Punkt an, denn bisher ist unklar, wie genau die Empfehlungsmaschinen von Plattformen wie Facebook und Youtube funktionieren. Untersuchungen machten in letzter Zeit aber deutlich, dass den Algorithmen bei Facebook und Youtube eine große Rolle dabei zukommt, problematische Inhalte massiv weiterzuverbreiten.

Der Verhaltenskodex nennt insgesamt zehn konkrete Vorgaben an die Plattformen. Mehrere davon fordern einen transparenteren Umgang damit, wie die Internetkonzerne mit Werbung Geld verdienen. Auch wünschen sich die Experten den (datenschutzkonformen) Zugang zu Daten der Plattformen für Forschungszwecke, um die Verbreitung von Missinformation genauer zu verstehen. Nutzern soll zudem mehr Kontrolle darüber eingeräumt werden, was ihnen angezeigt wird. Bei viralen Inhalten müsse weiter die Möglichkeit geprüft werden, zusätzlich Nachrichten aus vertrauenswürdigen Quellen anzubieten. Der Kodex soll ab 1. Januar 2019 umgesetzt werden.

Vorsichtiger Optimismus

Der Vertreter der Wikipedia-Stiftung Wikimedia in der Expertengruppe, Dimitar Dimitrov, äußerte sich vorsichtig optimistisch zu dem Ergebnis. In einer Stellungnahme an netzpolitik.org schrieb er:

Die vorgeschlagenen Maßnahmen wie Transparenz bei Plattformen und mehr Investitionen in Medienkompetenz und Qualitätsjournalismus hören sich zwar sehr gut an, aber es liegt an allen Beteiligten, ob sie auch tatsächlich sinnvoll umgesetzt werden. Auch einige Ideen zum Aufbau von Vertrauensmechanismen (Verifizierungs-, Rating-, Flaggingsystemen) klingen spannend, müssten allerdings in Pilotprojekten erst einmal getestet werden.

Die Vorschläge der EU-Kommission bleiben erstmal nur Vorschläge. EU-Kommissarin Gabriel stellte klar, dass die Kommission vorerst keine neuen Gesetze gegen Desinformation plant. Die Vorsitzende der Expertengruppe, Madeleine de Cock Buning, sagte, die Vorschläge sollten keinesfalls auf eine Form der Zensur von Inhalten hinauslaufen. Ohne neue Regulierungsinitiative wird aber wohl – abseits der gutgemeinten, aber schwach formulierten Empfehlungen – vorerst kein zusätzlicher Druck auf die Plattformen aufgebaut, tatsächlich transparenter mit ihren Empfehlungsalgorithmen umzugehen. Der Newsfeed von Facebook und andere Mechanismen, die für Millionen von Menschen in Europa mediale Realitäten schafft, bleiben eine Black Box.

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6 Ergänzungen

  1. Hab ich das richtig gelesen: Experten schaffen einen Begriff ab? – Wie anmaßend. Ob Menschen Begriffe gebrauchen oder nicht: DAS können Experten nicht entscheiden, gar bestimmen. Da sind die Leute frei, ob denen das passt oder nicht. Womit ich die inhaltliche Einschätzung gar nicht in Frage stelle…

    1. Ging mir auch gerade durch den Kopf. Fraglich ist jetzt z.B., ob „Experten schaffen einen Begriff ab“ fortan News, Fake News, Information, Desinformation, Neusprech oder schlicht Undenk ist. #doppelplusungutdesinformiert

  2. Gniffke als „Experte“ für Fake News…
    …was kann da schon schiefgehen?

    Wie werden solche Truppen eigentlich zusammengewürfelt?

    PS: Führt jemand eine Liste der Installationsversuche eines Wahrheitsministeriums?

  3. Wieder ein Verhaltenskodex?
    Zerschlägt die Bevormunder!
    Vor denen hat schon Sarrazin gewarnt. Folgt nicht den linksgrünen Vergiftern! Zurück zu Freiheit und Selbstverantwortung!

    1. Na, ob deine braunversifften da die Alternative sind…?
      Wohl im Geschichtsunterricht nicht so richtig aufgepasst, was?

  4. Statt „Fake News“ jetzt Desinformation, das eine klingt umgangssprachlich schon nach einer unschönen Änderung eines Inhalts, das Andere klingt aber so schön nach Terrorismus!
    Desinformation, Nachrichten von Terroristen und Geheimdiensten für die Massenhysterie interpretiert und neu aufbereitet.
    Mit dem neuen Begriff darf man endlich einen Cyberkrieg vom Zaune brechen, Picket Fences eben!
    https://de.wikipedia.org/wiki/Picket_Fences_%E2%80%93_Tatort_Gartenzaun

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