Schweiz: Referendum gegen Netzsperren gestartet

In einem Gesetz zur Regelung des Glückspiels verstecken sich Netzsperren. Gegen die Einführung einer Zensurinfrastruktur machen mehrere Schweizer Bürgerrechtsorganisationen mit einem Referendum mobil.

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In der Schweiz wenden sich Bürgerrechtsorganisationen gegen die Einführung von Netzsperren. Diese sind im Geldspielgesetz enthalten und sollen gegen illegale Online-Casinos wirken. Das Gesetz verpflichtet Internet-Zugangsprovider, eine Zensurinfrastruktur aufzubauen, damit Zugriffe auf bestimmte Webseiten blockiert werden können.

Im Verbund engagieren sich nun die Digitale Gesellschaft Schweiz, die Internet Society Schweiz, die Piratenpartei und der Chaos Computer Club Schweiz mit einem Referendum gegen die Netzsperren durch das Geldspielgesetz, das seit vergangenem Dienstag gezeichnet werden kann.

Eingriffe in die grundlegende Kommunikationsinfrastruktur seien das falsche Mittel, komplexe gesellschaftliche, wirtschaftliche und rechtliche Probleme lösen zu wollen. Die Aufgabe der Kommunikationsinfrastruktur bestehe darin, zuverlässig, nicht-diskriminierend und kostengünstig Daten zu transportieren. Eine Regulierung des Glücksspiels müsse möglich sein, ohne diese kritische Infrastruktur durch Netzsperren grundlegend zu beeinträchtigen.

Weiter heißt es in der Pressemitteilung:

Die vorgesehenen Netzsperren gefährden die Stabilität des Internets, untergraben Sicherheitsmechanismen und zerstören damit das Vertrauen der Internet Benutzer in der Schweiz. Netzsperren sind weitgehend unwirksam, da die geplanten DNS-Sperren problemlos umgangen werden können. Erfahrungen zeigen, dass durch diese Art der Sperren neben dem eigentlichen Ziel oft auch weitere Angebote unabsichtlich mitblockiert werden. Zusätzlich funktioniert die im Gesetz vorgesehen Umleitung auf eine Informationsseite bei verschlüsselten Verbindungen, wie sie von Online-Casinos verwendet werden, technisch nicht.

DNS-Sperren könnten nur der Anfang sein

Die Bürgerrechtler merken zudem an, dass die Benutzer von Apps der Online-Casinos keine staatliche Informationsseite angezeigt bekommen dürften – oder von der DNS-Sperre überhaupt betroffen sein werden. Da das Gesetz die Zensurmaßnahmen nicht genau umschreibe, sei deshalb damit zu rechnen, dass nach kurzer Zeit weitaus einschneidendere Zensurmaßnahmen (wie IP-Sperren, Deep Packet Inspection, Erschweren des Zugangs zu VPN und weiteren Diensten zum Schutz der Privatsphäre) zur Anwendung kommen könnten.

Die Bürgerrechtler schlagen vor: Statt Netzsperren einzuführen, sollte mit dem Strafrecht (Art. 127 E-BGS) gegen unkonzessionierte Glückspiel-Anbieter vorgegangen werden.

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Eine Ergänzung

  1. Ist die Piratenpartei die einzige Partei in der Schweiz, welche dagegen ist? Das sieht nicht gut aus.

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