Journalistenverbände kritisieren BND-Gesetz als Angriff auf die Pressefreiheit

Am Freitag wird das BND-Gesetz in erster Lesung im Bundestag diskutiert. Journalistenvertreter bezeichnen das geplante Gesetz zur Legalisierung und Ausweitung der Massenüberwachung als Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit.

Pressefreiheit ist Grundrecht CC-BY 2.0 Stefanie Eisenschenk

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert, dass durch die Massenüberwachung des BND das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit außerhalb Deutschlands missachtet werde: Nein zur Journalisten-Hatz!

„Mit ihrem Ja zum BND-Gesetz würden die Abgeordneten ja zur Überwachung und Ausspähung von Journalistinnen und Journalisten im Ausland sagen“, warnt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. „Damit würden die gleichen Politiker, die sich über die Aktivitäten der NSA in Deutschland aufgeregt haben, dem Bundesnachrichtendienst grünes Licht für Spionageaktivitäten gegen Journalisten und ihre Informanten geben.“ Der DJV-Vorsitzende kritisiert insbesondere, dass die im bisherigen Gesetz vorhandenen unzureichenden Schutzbestimmungen für Journalisten durch die Reform gänzlich beseitigt werden sollten. Es gehe nicht an, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit außerhalb Deutschlands missachten dürfe. Das müsse der Bundestag bei seiner Entscheidung unbedingt berücksichtigen.

Reporter ohne Grenzen fordert die Regierungsfraktionen im Parlament auf, den Entwurf für das neue BND-Gesetz unverzüglich zu überarbeiten und Journalisten vor Überwachung durch den deutschen Auslandsgeheimdienst zu schützen: BND darf ausländische Journalisten überwachen.

„Es ist ein Skandal, dass deutsche Politiker unseren Geheimdiensten erlauben wollen, ausländische Journalisten zu überwachen“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Bisher findet sich in jedem deutschen Überwachungsgesetz eine Ausnahmeregel für Journalisten. Im neuen BND-Gesetz aber ist an keiner einzigen Stelle ein Hinweis darauf zu finden, dass Journalisten nicht ausgespäht werden dürfen. Besonders Journalisten aus Nicht-EU-Ländern geraten damit in das Visier des Nachrichtendienstes. Offenbar betrachtet die Bundesregierung Pressefreiheit als ein deutsches Exklusivrecht, um das sie sich im Ausland nicht zu scheren braucht“, sagte Mihr.

Thorsten Wetzling hat für die Stiftung Neue Verantwortung einige Schwachstellen und Verbesserungsvorschläge (PDF) herausgearbeitet.

Allerdings sind wichtige Korrekturen vonnöten, um rechtsstaatliche Defizite abzustellen und Rechenschaftslücken zu schließen. Andernfalls bliebe das Ausspähen zu spärlich beschränkt, der Grundrechteschutz zu unvollkommen und die Kontrolle zu bruchstückhaft.

Die wichtigsten Regelungen des neuen BND-Gesetzes

Vergangene Woche hatten wir bereits die wichtigsten Regelungen des neuen BND-Gesetzes zusammengestellt.

  1. Inland: Bisher durfte der Auslandsgeheimdienst BND innerhalb Deutschlands eigentlich nicht abhören. Der Internet-Knoten DE-CIX klagt dagegen, dass er seit 2009 vom BND abgehört wird. Das wird jetzt einfach legalisiert, der BND bekommt einen Vollzugriff.
  2. Masse: Bisher durfte der BND nur einzelne Leitungen abhören, z. B. eine Glasfaser der Telekom zwischen Luxemburg und Wien – und davon eigentlich nur 20 Prozent der Kapazität. Jetzt fallen beide Grenzen und der BND darf ganze Telekommunikationsnetze abhören, also sämtliche Leitungen von Telekom und DE-CIX. Damit wird das „Ausmaß der Überwachung erheblich steigen“.
  3. Anlass: Die Überwachung wird immer mit Terror, Krieg und Proliferation begründet. Das waren schon bisher nur einige von insgesamt acht Abhör-Zielen, inklusive „Cyber-Gefahren“ wie DDoS-Angriffen. Aber auch diese „Beschränkung“ gilt nur für EU-Bürger. Den Rest der Welt darf der BND abhören, um „die Handlungsfähigkeit der BRD zu wahren“ und „Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung“ zu gewinnen. Das „erlaubt die Überwachung zu annähernd beliebigen Zielen“.
  4. Metadaten: Die „beliebigen Überwachungsziele“ gelten nur für Inhaltsdaten. Metadaten darf der BND von allen sammeln, die nicht eindeutig als Deutsche erkennbar sind – also im Zweifel immer. Der BND selbst soll Metadaten nur ein halbes Jahr speichern dürfen. Aber der BND darf Metadaten auch massenhaft und automatisch an „Partner“ wie die NSA geben. Schon bisher gibt der BND der NSA mindestens 1.300.000.000 Metadaten – jeden Monat. Das wird jetzt legalisiert.
  5. Kontrolle: Die Kontrolle der Geheimdienste ist bisher zersplittert in drei Gremien, die jeweils nur einen Ausschnitt sehen. Jetzt wird ein viertes Gremium geschaffen, das als „unabhängig“ bezeichnet wird, aber von der Regierung ernannt wird. Auch weiterhin gibt es keine Kontroll-Instanz, die ein vollständiges Bild über die Aktivitäten des BND hat. Effektive Kontrolle ist so unmöglich.

In dem Artikel finden sich auch viele Statements aus Politik und Zivilgesellschaft.

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11 Ergänzungen

  1. Es gibt am Freitag (08.07.2016) eine
    „Doppel-Demo gegen Überwachung“,
    initiiert von Digital Courage,
    ab 8:00 Uhr gegen das „Anti“-Terror-Paket vor dem Bundesrat
    ab 10:00 Uhr gegen das BND-Gesetz am Bundestag.

  2. Ihr seit das doch selbst Schuld mit eurer Regierungsfreundlichen Berichterstattung. Jetzt jammern die Journalisten. Denkt mal an die Berichterstattung über die NSA und Snowden. Ich glaube Ihr Journalisten merkt nix mehr. Ihr dürft doch garnix mehr schreiben was sich gegen die Regierung und die USA und Konsorten richtet. Ihr seit doch zur Nato und Russland Hetzpresse verkommen.

      1. Lügenpresse gibt es nicht, es kann unmöglich etwas geben, dessen Meinung ein Nazi ist. Die fordern oft auch das Deutschland souverän wird. Alles Blödsinn, Deutschland ist natürlich vollkommen souverän, es gibt keine Zusätze im Grundgesetz, die den Siegermächten bestimmte Rechte einräumen. Alles Lüge, jetzt wo es Nazis behaupten. Der Begriff Lügenpresse ist ein Segen für Journalisten, um von ihrer arschkriecherischen Hofberichtserstattung abzulenken.

  3. Die Bundesregierung und der Bundestag schaffen damit die Werkzeuge für die kommende Diktatur durch die Afd oder eine andere neofaschistoide Partei, die damit unerwünschte Minderheiten überwachen, verfolgen, oder auch wieder töten wird. Nein, sooo etwas wird es in Deutschland niiie wieder geben…

  4. Langsam hat man/frau die Überzeugung, dass kritische/unbequeme Journalismus nicht mehr gewünscht wird!!! Man kann auch hier im Lande nur angepaßte Presse fördern – und dann sind wir auch nicht anders als die von Orbán und co.

  5. Statt immer mehr pseudolegalisierte Spitzel- und Überwachungsgesetze bräuchten wir eher mindestens ein Jahr ohne Bewährung für jede Person, die an gegen die Verfassung verstossenden
    Gesetzen beteiligt ist.
    Dann hätte die Bundesregierung auch mehr Zeit, was sinnvolles zu erarbeiten…….. .

  6. Ich werde mich mit einem Schreiben bei Herrn Gauck bedanken. Er unterzeichnet die Gesetze immer vorbehaltlos und stellt sich vor die Presse und erzählt, dass er aus einem Unrechtstaat (ex. DDR) kommt. Aber vielleicht ist dies auch das Ziel, mit der Achse Merkel/Gauck diese wieder zu erschaffen. Man kann nicht aus der Haut, wenn man im Stasi-Land aufgewachsen ist und viel Erfahrung jetzt einbringen kann. Und die Abgeordneten, die an den Honigtöpfen sitzen machen da gerne mit. Wie unter Honecker hatte jeder gute Parteisoldat ein gutes Leben in der DDR und mußte auf nichts verzichten. Und dass das Stasi-Gen bei unseren Überwachungsbehörden vorhanden ist, dafür muß man nicht studiert haben. Man braucht sich nur die Lichtgestallten des Verfassungsschutzes/BND und von der Polizeigewerkschaft anzusehen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.