Google für den Journalismus: 150 Millionen mit „Geschmäckle“

Ein Kommentar

150 Millionen Euro stellt Google seit gestern für journalistische „Innovation“ in Europa zur Verfügung. Über drei Jahre wird diese Summe in mehreren Runden für rein digitale Vorhaben verteilt. „It is Google’s attempt to help incentivise innovation and risk-taking in the European digital news ecosystem“, heißt es auf der dazugehörigen Website. Keine Frage, wenn das hiesige journalistische Verlagswesen eines gebrauchen kann, dann sind es Anreize zum „risk-taking“.

Die Summe klingt weniger beeindruckend, teilt man sie durch die drei Jahre und die 32 Länder, aus denen sich Unternehmen, Initiativen und Einzelpersonen um das Geld bewerben dürfen. So gerechnet verteilt sich die Summe pro Land und Jahr auf knapp 1,6 Millionen Euro. Angesichts der Milliarden, die Google im Jahr in Europa erwirtschaftet und deren Besteuerung durch Steuertricks in weiten Teilen dem Fiskus bislang entzogen hat, könnte der Eindruck aufkommen: Es handelt sich hier nicht zuletzt auch um eine PR-Aktion. Die Querelen um das Leistungsschutzrecht und Google News dürften dabei eine Rolle gespielt haben.

Davon abgesehen, ist der „Innovation Fund“ in seiner Anlage recht eng an Google gekoppelt. Das wird in seiner „Governance“-Struktur deutlich, die wohl im Wesentlichen über die Vergabe der Mittel bestimmt. Sie besteht aus einem „Council“ und einem „Project Team“. Von den insgesamt fünfzehn Mitgliedern, darunter fünf Frauen, sind sieben Angestellte von Google. Ob „Innovationen“ zugelassen werden, die konträr zu den Interessen von Google/des Alphabet-Konzerns laufen, wird sich zeigen müssen.

Um den Eindruck eines solchen „Geschmäckles“ zu verhindern, hätte Google besser daran getan, eine unabhängige Stiftung zu gründen und versuchen können, andere Unternehmen zu finden, die deren Stiftungskapital aufstocken. So wäre eine nachhaltige Struktur geschaffen worden, die über drei Jahre hinaus wirken könnte. Vorbild hätte etwa die Knight Foundation aus den USA sein können, die ein wesentlicher Treiber in der US-amerikanischen digitalen Medienlandschaft ist – nicht zuletzt durch deren deutliche Betonung des Open-Source-Gedankens. Beispielsweise wurde ein Editor für die OpenStreetMap durch die Stiftung finanziert.

Nun, 150 Millionen Euro sind selbstredend besser als nichts. Wir werden hoffentlich einige tolle digitale Journalismusprojekte und -produkte in Europa sehen. Doch der Eindruck bleibt, dass Google seine „Digitale News Initiative“ allzu hektisch aus dem Boden stampfte, um schnell schlechte Presse in Europa zu kontern.

3 Ergänzungen

  1. Google hat durch seine , allstaatlicherseits geförderte, Steuerpolitik 73Milliarden US-$ an Barvermögen angehäuft. Im Moment kaufen sie ihre Firmenaktien zurück weil sie nicht wissen wohin mit dem Geld. Ich finde das total pervers.

  2. Google muss uns erst einmal helfen den Monopolisten und grössten Lobbyisten der Welt, Microsoft, zu überwinden. Danach kümmern Wir uns um Google und die anderen.

    1. > Google muss uns erst einmal helfen

      Wer mit Hunden das Bett teilt, darf sich über Flöhe nicht beklagen.

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