Informationsfreiheits-Ablehnung des Tages: Freihandelsabkommen CETA hat Nachteile auf internationale Beziehungen

Das Bekanntwerden des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA hätte „nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen“. Mit dieser Begründung verweigert das Wirtschaftsministerium unsere Informationsfreiheits-Anfrage nach dem Verhandlungstext. Auch Politiker und Ministerien geben sich wortkarg: Von zehn angefragten Stellen haben uns nur drei geschrieben, aber ohne Aussage.

Steve Verheul, chief negotiator of Canada. Picture: The Polish Institute of International Affairs. License: Creative Commons BY-NC-ND 2.0.

Vor zwei Wochen hatte Tagesschau den fertig verhandelten Text des geplanten europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA veröffentlicht. Wir hatten bereits vorher eine Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz gestellt, die das Wirtschaftsministerium aber abgewiesen hatte, weil das Dokument angeblich noch nicht offiziell da war.

Also haben wir die Anfrage einfach nochmal gestellt. Diese wurde jetzt wieder abgelehnt, mit einer neuen Begründung: Das Bekanntwerden der Information hätte „nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen“. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie schreibt uns:

Mit Ihrem Antrag begehren Sie die Übersendung eines Dokuments, das die Bundesregierung von der Europäischen Kommission im Rahmen der Verhandlungen über das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) zwischen der EU und Kanada erhalten hat. Dabei handelt es sich um ein Dokument, das von der Europäischen Kommission als „limited“ gekennzeichnet wurde und deshalb grundsätzlich nicht an Personen außerhalb der EU-Institutionen weiter gegeben werden darf. Es handelt sich um das Dokument eines EU-Organs, über das die Bundesregierung und auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nicht verfügungsberechtigt ist und dessen Charakterisierung als sensibles, der Geheimhaltungspflicht unterliegendes Dokument auch nicht einseitig von einem EU-Mitgliedstaat verändert werden kann.

Also probieren wir es direkt bei der Europäischen Kommission nochmal und beantragen das Dokument auf AsktheEU.org direkt von der Generaldirektion Handel. Wir sind gespannt, ob diese ein längst veröffentlichtes Dokument herausgeben, oder weitere Ausreden finden.

Immerhin hat Geheimhaltung bei Freihandelsabkommen Tradition, wie auch die ARD-Dokumentation „Der große Deal – Geheimakte Freihandelsabkommen“ verdeutlicht. Diese Abkommen haben Auswirkungen auf alle Bürgerinnen und Bürger, diese dürfen den Inhalt der Abkommen aber gar nicht erfahren – während sich Lobbyisten laut Eigenauskunft sehr gut informiert fühlen.

Als das verhandelte Dokument vor zwei Wochen veröffentlicht wurde, haben wir die Obleute der Parteien im Bundestagsausschuss Digitale Agenda, die drei „Internet-Ministerien“ (Innen, Wirtschaft, Verkehr) sowie die EU-Abgeordneten Julia Reda und Jan Philipp Albrecht nach einer Bewertung gefragt. Konkret fragten wir: „Was ist netzpolitisch relevant? Was ist gut, was ist schlecht? Sollte Deutschland im Ministerrat für oder gegen die Annahme stimmen?“ Und das sind die „Antworten“:

Bundesministerium des Innern:

Der Text von CETA, der in der von Ihnen genannten Quelle bei weitem nicht vollständig abgebildet wird (Gesamtlänge weit über 1000 Seiten), liegt dem Bundesministerium des Innern erst seit kurzer Zeit vor. Das Bundesministerium des Innern wird im Rahmen der durch das federführende BMWi eingeleiteten Ressortabstimmung gegenüber diesem Haus Stellung nehmen. Dieser Stellungnahme kann ich nicht vorgreifen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Thomas Jarzombek (CDU):

Danke für Ihre Anfrage, bislang kannte ich den Text nicht, wir werden uns das anschauen. Bei 1500 Seiten kann ich Ihnen aber keine Bewertung im ‚Vorbeigehen‘ geben.

Lars Klingbeil (SPD):

Wir werden uns die Details jetzt sehr genau ansehen. Unsere kritische Haltung zum Thema Investorenschutz und möglichen Schiedsgerichtslösungen sind bekannt. Die Diskussion über das Abkommen wird jetzt sowohl im Parlament als auch auf Seiten der Bundesregierung mit Sicherheit an Fahrt aufnehmen.

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