EU-Kommission (nicht-)beantwortet Informationsfreiheitsanfrage zum „EU-USA Ministertreffen über Justiz und Inneres“

US-Minister Holder und Staatssekretär Mayorkas in Athen. Kurz vorher traf sich IM de Maizière mit Mayorkas in Barcelona.
US-Minister Holder und Staatssekretär Mayorkas in Athen. Kurz vorher traf sich IM de Maizière mit Mayorkas in Barcelona.

Über die Geheimdienstzusammenarbeit europäischer Regierungen und der USA ist mit den Snowden-Enthüllungen einiges bekannt geworden. Entsprechende Absprachen oder gemeinsame Projekte lassen sich häufig nur schwer nachweisen, die Regierungen geben hierzu bekanntlich kaum Auskünfte.

Etwas transparenter ist da die Zusammenarbeit von Polizei- und Zollbehörden, die unter deutscher EU-Präsidentschaft 2007 auf ein neues Fundament gestellt wurde (und so Rückschlüsse auch auf die Geheimdienstzusammenarbeit zulässt): Der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble träumte von einem „transatlantischen Sicherheitsraum“ – eine Linie, die von den beiden Nachfolgern Schäubles beibehalten wurde. Auch der deutsche Inlandsgeheimdienst hat etwas davon: Die Zusammenarbeit der USA mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz wird seit 2008 in einer „Security Cooperation Group“ ausgestaltet. Schäuble damals:

Wir streben ein deutsch-amerikanisches Abkommen zur Intensivierung des Informationsaustausches an, denn wir brauchen einen gut funktionierenden Informationsaustausch zwischen unseren Staaten. Nur auf diese Weise ist es möglich, ein höchstmögliches Maß an Sicherheit für unsere Bürger zu gewährleisten.

Bald tritt ein ebenfalls unter Schäuble gestartetes Abkommen zum Tausch von biometrischen Daten in Kraft. Es dient als Vorbild ähnlicher Abkommen der USA mit anderen EU-Regierungen.

Protokolle werden angeblich nicht geführt

Über den Umweg der Europäischen Union hat sich die Sicherheitszusammenarbeit mit den USA nun institutionalisiert. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Treffen der G6-Staaten, in denen sich die Innenminister (und nur diese) sechs einwohnerstärksten EU-Regierungen zusammengeschlossen haben. In regelmäßigen Treffen werden innenpolitische Themen und gemeinsame Strategien besprochen. Die G6 haben sich mittlerweile zu den „G6+1“ gemausert: Ebenfalls auf Initiative des früheren Innenministers Schäuble darf der jeweils amtierende US-Heimatschützer und/ oder deren Staatssekretäre an den Treffen teilnehmen.

Ebenfalls mehrmals im Jahr wird ein „EU-USA Ministertreffen über Justiz und Inneres“ abgehalten, an denen seitens der EU die Kommissarinnen für Inneres und Justiz teilnehmen, außerdem der Innenminister der jeweiligen EU-Präsidentschaft. Das letzte „EU-USA-Ministertreffen“ fand kürzlich in Athen statt, aus den USA reisten der Generalbundesanwalt Eric Holder und der Heimatschutz-Vizeminister Alejandro Mayorkas an.

Über die Treffen wird wenig bekannt, Protokolle werden angeblich nicht geführt. In deutschen Medien wurden angebliche Fortschritte bei einem Datenschutzabkommen in den Mittelpunkt gestellt, andere Themen eher verschwiegen. Auf der Webseite des US-Heimatschutzministeriums war immerhin erwähnt, dass auch Maßnahmen gegen Terrorismus auf der Tagesordnung standen, etwa die geplante EU-Passagierdatensammlung, Cybersicherheit oder die Nutzung von Datensammlungen gegen „ausländische Kämpfer“.

Dokument in weiten Teilen geschwärzt

Micha Ebeling hatte sich genauer für das Treffen interessiert und bei der EU eine Informationsfreiheitsanfrage gestellt. Viel heraus kam nicht: Die Kommission hatte lediglich eine in weiten Teilen geschwärzte Zusammenfassung geschickt. Es handelt sich dabei um ein offizielles EU-Dokument, das mit der niedrigsten Klassifizierung „Limite“ versehen ist. Die Schwärzung begründet die Kommission mit dem Hinweis, eine Weitergabe entsprechender Informationen würde „die Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika beeinträchtigen bzw. die Position der EU im Rahmen dieser Beziehungen schwächen“.

Besonders großzügig war die Antwort der Kommission also nicht, dennoch lohnt ein Blick hinein. Denn die Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden der USA und der EU wird als „robust“ gelobt. Auf beiden Kontinenten würde an ähnlichen Entwicklungen gearbeitet:

Man hielt fest, dass es viele Parallelen zwischen der Agenda des EU-Rats und der EU-US-Minister-Diskussion gäbe, wonach es bezüglich der Prioritäten, Herausforderungen und Bedrohungen beider Verhandlungspartner keine großen Unterschiede gibt. (Übersetzung: Devianzen)

Vielfach werden hierzulande aber Entwicklungen nachgeholt, die in den USA längst Praxis sind. Hierzu gehören die Einrichtung und Analyse neuer Vorratsdatenspeicherungen zu Finanz- und Reisedaten (SWIFT und PNR) oder eine Vorabregistrierung bei Einreisen: Auch die EU diskutiert unter dem Rubrum „Intelligente Grenzen“ nun über entsprechende Systeme.

Insofern kann der Blick auf die Agenda des Treffens durchaus als flüchtiger Eindruck für kommende Sicherheitstechnologien und die transatlantische Zusammenarbeit verstanden werden. Unter italienischer EU-Präsidentschaft soll sich das nicht ändern:

The Italian Presidency intended to strengthen cooperation with the US, particularly in the fight against radicalisation and terrorism, as well as on border security, immigration and legal migration.

2 Ergänzungen

  1. Der Link auf das eigentliche Dokument ist noch fehlerhaft – da ist fälschlicherweise die Zeichenkette „netzpolitik.org“ enthalten.

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