Die Wissenschaftlerin und Datenschutzexpertin Sarah Spiekermann schreibt in einem lesenswerten Beitrag auf futurezone.at gegen das Ende der Privatsphäre an und macht konkrete Verbesserungsvorschläge (Stichwort: EU-Datenschutzreform). Sie argumentiert, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung heute wichtiger ist als je zuvor – und zwar gegenüber Staaten UND Unternehmen. Argumente wie „Werbung kann nicht meine Wohnung stürmen und mich ins Gefängnis werfen.“ sind im Datenzeitalter blanker Hohn und sehen gegen Sarah Spiekermanns Text alt aus. Danke für diesen Beitrag!
Wir befinden uns derzeit ganz sicher noch im Kindergarten des elektronischen Zeitalters. Trozt allem was schon an Überwachungsinfrastruktur geschaffen worden ist, werden in den nächsten Jahrzehnten sehr viele Weichen dahingehend gestellt, wer wen in welchem Grad überwachen kann. Und warum sollte da bereits alles entschieden sein? Insbesondere die Abschaffung von einem so bedeutsamen Menschenrecht wie dem auf elektronsiche Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung?
Ganz im Gegenteil: Es ist wichtiger denn je, dass die Bedeutung der informationellen Selbstbestimmung besser verstanden wird und dass Fehler der Vergangenheit unterbunden werden. Der Grund dafür ist, dass wir – ganz abgesehen von Geheimdienstaffären – in einer Zeit leben, in der viele Firmen, mit denen wir tagtäglich interagieren, sich mittlerweile in gigantischen Netzwerken engagieren, in denen sie die gesammelten Daten ihrer Kunden kommerzialisieren. Märkte für personenbezogene Daten (zu Englisch „Personal Data Markets“) haben sicherlich ein Volumen und vor allem eine Qualität erreicht, dass Herr Snowdens Enthüllungen erblassen.
Datenboykott + Tugendhaftes Lügen
Was Sarah Spiekermann vorschlägt würde die Geschäftsgrundlage der Internet Unternehmen zerstören (von groß und klein). Die leben ausschließlich davon die gesammelten Daten ihrer Kunden zu kommerzialisieren.
Kommt das hier gekannt vor?
https://www.infonline.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/DoubleClick
Es hat niemand ein Interesse daran (zumindest kurzfristig) die Privatsphäre zu schützen. Weder etablierte Internet Unternehmen, noch Startups, noch die Rezipienten, die eine Abnahme des (kostenlosen) Angebot befürchten müssten.
Ein erhöhter Datenschutz hat scheinbar nur Nachteile. Sich hin und zurück durchs Internet tracken zu lassen, ob durch Staat ODER Unternehmen, scheinbar nicht.
Um es provokativ zu formulieren: Sarah Spiekermann bietet die Lösung für ein Problem an, das es so nicht gibt (Es gibt schon die Überwachung, nur nicht ein Problem damit).
Die Probleme hat Spiekermann ganz gut umrissen und beschrieben. Auch die Kernaussage ist treffend:
Aber was die vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten angeht, habe ich da so meine Bedenken: 1) „Eigentumsähnliches Recht auf Daten“; Mit den dadurch implizierten Abwägungsfragen für Ein- bzw- Zugriffe von Beteiligten (Staat etc.) wird bereits das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Außerdem glaube ich nicht eine wirkliche Partizipation an den Märkten möglich ist; wie schlecht das bereits jetzt funktioniert, zeigen die Liberalisierungen in verschiedenen Sektoren und z.B. der Handel mit CO2-Zertifikaten. 2) „Technische Lösungen vorhanden“; okay, aber das wird langfristig ein Wettrüsten, wobei die Ressourcen dafür nicht bei den Menschen sondern bei den Institutionen liegen.
Vielleicht kommen wir mit einem erweiterten Integritätsbegriff und der Behandlung der Problemstellung als soziale Frage weiter:
http://kritikresistenz.blogsport.de/2013/10/12/post-privacy-ist-sowas-von-eighties/
Mich interessieren die Nebenwirkungen, so zum Beispiel:
würde ich jetzt ständig eingeloggt mit Google suchen, ginge dann nicht der Nutzen von Google für mich irgendwann verloren, weil immer mehr darauf abgestimmt wird, mir Seiten vorzulegen, die laut Algorithmus für mich interessant sind? Wird somit Google nur noch für genau zielgerichtete Suchen nutzbar sein, und damit für mich und viele andere uninteressant?