In einem beherzten und teils sehr emotionalen Vortrag ermahnte Andrew Rasiej heute auf der re:publica zu einem verstärkten Engagement für den Kampf um ein offenes Internet.
Rasiej skizzierte das Internet einerseits als treibende Kraft hinter Protesten rund um die Welt, seien es die Proteste gegen das Mubarak Regime in Ägypten oder die Proteste gegen SOPA in den USA sowie ACTA in Europa. Andererseits sei das Internet aber nicht nur ein Werkzeug im Kampf gegen Missstände, sondern auch ein Werkzeug um sich für etwas einzusetzen. Rasiej nannte hierfür ein von Bürgern betriebenes Erdbebenfrühwarnsystem in Haiti, Internetkampagnen in Afrika mit dem Ziel die breite Bevölkerung über Krankheiten wie AIDS, Malaria oder Tuberkulose aufzuklären, aber auch einfache Anwendungen wie ParkPal oder FixMyStreet.
Entscheidend für Rasiej ist es jedoch, dass sich durch all jene Anwendungen eine „Internet Public“ gebildet hat. Eine Öffentlichkeit welche sich durch das Internet gebildet hat, aber nicht ausschließlich daran gebunden ist. Rasiej nannte hier wieder das Beispiel der Proteste in Ägypten. Nachdem Mubarak Vodafone anordnete das Internet in Ägypten abzuschalten, verstummten die Proteste keineswegs. Im Gegenteil, die Menschen setzten ihren Protest auf der Straße fort, wo er noch größer wurde.
Rasiej betont, dass das Internet ein unglaublich wichtiges und auch faszinierendes Werkzeug der heutigen Gesellschaft ist. Doch sieht er darin auch ein grundlegendes Problem: die Nutzer würden das Internet, beziehungsweise seine Angebote, größtenteils vollkommen sorglos nutzen. Auf die Frage wer denn die AGBs von Facebook gelesen hätte, meldeten sich so auf der Mainstage keine 5 Zuhörer. Diese Einstellung wurde von Rasiej anschließend scharf kritisiert, führe sie doch dazu, dass wir die Kontrolle an verschiedenste Unternehmen abgeben. Ähnliche Entwicklungen sieht er auch bei Protesten gegen ACTA, SOPA und Co. So sei es zwar gut und wichtig, dass so viele Menschen gegen jene Gesetzesentwürfe auf die Straße gingen. Doch hätten nur die wenigstens dieser Protestler die Gesetzesentwürfe auch gelesen. Bei ACTA und SOPA sei dies zwar nochmal gut gegangen, da die Regierungen unvorbereitet gewesen seien. Doch die Regierungen hätten daraus gelernt und würden solche Schwächen oder Fehler bei Folgeprojekten wie CISPA ausnutzen.
Was Rasiej dementsprechend fordert, scheint das inoffizielle Motto der diesjährigen re:publica zu sein: Engagiert euch! Und nicht oberflächlich, sondern ernsthaft. Fragt nach bei Regierungen und Unternehmen und klickt nicht einfach auf jeden „Accept“-Button, ohne zu wissen was genau akzeptiert wird. In dem Sinne: „You can turn off the public internet but you can’t turn off the internet public!“
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