Nachdem Dirk von Gehlen binnen weniger Tage über die Crowdfunding-Plattform startnext € 5.000,– für sein Buchprojekt „Eine neue Version ist verfügbar“ eingeworben hat, ist seit heute ein weiteres innovatives Buchprojekt dort am Start, diesmal im Bereich Open Education. Unter dem Titel „Schulbuch-O-Mat“ möchten der Biologielehrer Heiko Przydhodnik und der Sozialwissenschaftler Hans Hellfried Wedenig eine Plattform zur kooperativen Entwicklung offener Schulbücher starten. Als erstes Projekt soll damit ein lehrplankonformes, elektronisches Schulbuch „Biologie“ für die Klassenstufe 7/8 bis Mitte Juli 2013 fertiggestellt und unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung (CC-BY) veröffentlicht werden. Die Ziele des Projekts sind ambitioniert:
Das E-Book „Biologie“ ist nur der Anfang. Wenn dieses Buch erfolgreich produziert wird, dann werden andere (aus anderen Fachbereichen, für andere Schulstufen) folgen. Wir möchten mit unserem Projekt eine Kultur der freien Bildungsmaterialien einläuten.
Mit dieser Vision befinden sich Przydhodnik und Wedenig aber in guter Gesellschaft. Erst vergangene Woche gab es eine Anhörung des Bildungsministeriums zum Thema Open Educational Resources (OER) und im Juni wurde in Paris eine Deklaration anlässlich des 10jährigen OER-Jubiläums verabschiedet.
Was den technischen Unterbau des Projekts betrifft, so soll eines der folgenden drei Open-Source-Tools zum Einsatz kommen:
- Booktype (www.sourcefabric.org)
- eLML (www.elml.org)
- Booki/FLOSS Manuals (www.flossmanuals.org / www.booki.cc)
Geplant ist, für das Projekt binnen 60 Tagen €10.000,– einzusammeln. Das Ziel ist sportlich, weil es sich beim Schulbuch-O-Mat – im Unterschied beispielsweise zum Buch von Dirk von Gehlen – quasi um ein öffentliches Gut handelt, die angebotenen „Dankeschöns“ sind deshalb auch vor allem symbolischer Natur. Gleichzeitig geht es bei dem Projekt um ein Proof-of-Concept, das die verschlafene und bislang ausschließlich auf proprietäre Lernunterlagen setzende Bildungsmedienbranche in Deutschland vielleicht zum Aufwachen bringt.
Warum nicht einfach de.wikibooks.org als Plattform nehmen?
Ja, schlag es ihnen vor.
Bisher habe ich nur Dinge im Netz finanziell unterstützt die ich auch schon benutzen konnte. Aber das Vorhaben finde ich wirklich klasse und da konnte ich mich auch durchringen mich mal bei der Crowdfunding Webseite anzumelden.
Löbliches Vorhaben, aber ist ein Buch überhaupt noch eine zeitgemäße Antwort auf heutige und zukünftige Bildungsanforderungen? Wäre nicht eine Mischung aus Texten, Videos, interaktiven Lernprogrammen und Ausflügen in die Flora und Fauna sinnvoller?
Natürlich ist ein Buch die richtige Antwort. Versuche mal eine Webseite aus dem Jahr 2000 auf einem iPad oder ähnlichen anzuschauen – das geht nicht wirklich gut. Aber ein Buch von 1900 kann ich auch heute noch anschauen.
Das meiste Wissen in den Schulbüchern ist relativ konstant. Und muss nur an wenigen Stellen regelmäßig angepasst werden.
Sicher Videos und Lernprogramme wären sicher auch schön sind aber wesentlich teurer und war in der Pflege wesentlich intensiver.
Bücher allgemein sind prima – keine Frage. Jedoch frage ich mich, ob Schule, Kreide und Buch heutzutage noch ausreichen, um junge Menschen für Bildung zu begeistern. Was nützt den Schülern ein Buch, das die Lehrer mögen und der Bürokratie genehm ist weil lehrplan-konform? Gunter Dueck z.B. fordert ein grundsätzliches Umdenken was Schule und Lernen angeht.
Bei der OER-Anhörung im BMBF vor einer Woche wurde auf das Kuriosum hingewiesen, dass offenbar viele OER-Projekte erstaunlich „Contentzentriert“ seien. Das finde ich nicht überraschend, dass die Entwicklung und Übernahme einer modernen Didaktik eine der größeren Hürden bei der der Entwicklung von OER darstellt. Der Pragmatiker in mir rät, einfach bei den naheliegenden Dingen anzufangen und sich dann in die technisch und didaktisch sinnvollen neuen Punkte einzuarbeiten.
Bücher werden aus meiner Sicht noch lange die wichtigste Quelle für unser Wissen bleiben. Klar kann man sich heute im Internet und dank Google innerhalb von Sekunden oder Minuten über etwas informieren. Nur wird da meistens die eigentliche Suche zum Problem, weil einem niemand an die Hand nimmt und die Zusammenhänge erklärt, was bei einem Buch anders ist und man im Internet auch viele Infos findet, die nicht verifiziert sind.