Facebooks neue Privatsphäre-Einstellungen

Facebook hat gestern neue Privatsphäre-Optionen eingeführt. Die 350 Millionen User des Social Networks werden beim Einloggen aufgefordert, ihre Einstellungen neu festzulegen.

Die Privatsphäre-Optionen werden deutlich vereinfacht. Unter anderem werden regionale Netzwerke abgeschafft, die bisher dazu führten, dass Personen Informationen teilweise unfreiwillig mit einer ganzen Stadt oder einem Land teilten. Für einige Daten werden Einstellungsmöglichkeiten ganz abgeschafft.

Von Seiten des Unternehmens hieß es, man wolle Nutzern mehr Kontrolle über ihre Privatsphäre geben. Kritiker allerdings sehen in den neuen Optionen einen Versuch, Aktivitäten in dem Social Network sichtbarer zu machen und so den Traffic zu erhöhen.

Read Write Web titelt: „Facebook Pushes People to Go Public“. Das Blog stützt sich darauf, dass Nutzer standardmäßig dazu aufgefordert würden, von den „Old Settings“ zu „Everyone“ zu wechseln. Das betrifft insbesondere die Posts, die sie erstellen – Status Updates, Photos, Videos etc.

Allerdings wird nicht an allen Nutzern empfohlen, ihre Informationen öffentlich zugänglich zu machen. Read Write Web mutmaßt, dass nur Personen, die ihre Privatsphäre-Einstellungen nie verändert haben, zu einer Offenlegung aufgefordert werden. Wer bereits eigene Einstellungen getätigt hat, bekommt dagegen die Beibehaltung der alten Auswahl vorgeschlagen.

Es wäre durchaus im Sinne von Facebook, wenn mehr Nutzer die Sichtbarkeit ihrer Daten erhöhen würden. „Facebook confirmed to us in a press call earlier this year that the company does in fact want users to post more publicly“, schreibt Read Write Web. TechCrunch sieht die „Everyone Updates“ als „Facebook’s answer to Twitter“:

Unlike other content posted to Facebook which is managed by the privacy features the social network built its reputation on, ‘Everyone’ updates are accessible to the web at large. That means Facebook can leverage it for real-time search, and can also syndicate it to other places, like Google and Bing. The feature has been available in the site’s privacy settings since last summer, but most people didn’t use it (and probably didn’t even know it was there). The new privacy launch today puts this as the default option for many users.

Dass „Everyone“ als Standard eingestellt ist, wird dazu führen, dass Personen aus Versehen mehr Informationen öffentlich machen, als sie vorhaben. Die Voreinstellung verleitet zudem dazu, der Veröffentlichung zuzustimmen.

Jason Kincaid beschreibt zudem auf TechCrunch ein weiteres Problem. Diese Informationen werden in Zukunft für Suchmaschinen zugänglich werden, die Caches verwenden. Damit wird es noch schwieriger als zuvor, auf Facebook veröffentlichte Informationen wieder zu entfernen.

Einige Daten werden in Zukunft sogar grundsätzlich öffentlich sein, schreibt die EFF in einem ausführlichen Review der Änderungen. Bisher konnten Nutzer unter anderem die Liste ihrer Freunde nur einem beschränkten Kreis zugänglich machen. Diese Option wurde nun aus den Privatsphäre-Einstellungen entfernt. Damit werden diese Informationen, zusammen mit Name, Profilbild, Wohnort, Geschlecht, Netzwerken und „Fan“-Seiten, als „öffentlich verfügbare Informationen“ (Public Available Information, PAI) behandelt.

Letztlich gilt allerdings weiterhin, dass auf Facebook veröffentlichte Informationen immer schon öffentlich waren. Die Privatsphäre-Einstellungen stellen eine gewisse Hürde für ihre Verbreitung dar, Schutz bieten sie nicht.

13 Ergänzungen

  1. Ich hatte bereits an meinen Privacy-Einstellungen herumgespielt, und habe trotzdem den Vorschlag bekommen, manche Dinge für „Everybody“ sichtbar zu machen. Das hat mich auch ein wenig geärgert.

    Gut finde ich dagegen das neue(?) Feature, für jedes Status Update direkt daneben einstellen zu können, für wen es sichtbar ist.

  2. „Wer bereits eigene Einstellungen getätigt hat, bekommt dagegen die Beibehaltung der alten Auswahl vorgeschlagen.“

    Kann ich bestätigen, hatte vorher alles auf „Nur Freunde“ gestellt und die Standardauswahl beim einlogge heute war es die alten zu behalten.

  3. Dass man durchaus auch die „Everyone“-Einstellungen vorgeschlagen bekommt, selbst wenn man davor speziell angepasste und sehr restriktive Einstellungen vorgenommen hatte, kann ich jedenfalls bestätigen. Ich musste in mehreren Kategorien explizit auf „Old Settings“ o. ä. gehen.

    Dass die Freundesliste (und auch die Fan-Pages) nun zwangsweise öffentlich ist, halte ich für äußerst problematisch. Um das zu verhindern, muss man sein Profil schon ziemlich zumachen, evtl. mehr als einem eigentlich lieb ist.

    Über meine persönliche Einschätzung des Updates habe ich vergangene Nacht ein paar Zeilen geschrieben.

  4. Ich habe keinen Facebook Account, aber trotzdem täglich Kontakt mit all meinen Freunden. Dafür bezeichne ich auch nicht 300++ Leute als meine Freunde. Für Web 2.0 Verhältnisse, bin ich wohl ein Einzelgängen.

  5. Mit Privatsphäre hat das leider nichts mehr zu tun. Zu viele Einstellungen auf die man keinen Einfluss mehr hat. Freunde und Fanseiten kann jeder auch außerhalb von FAcebook sehen, in Facebook selber, kann man einige Dinge auch nicht mehr verbergen, die einem das Profil vollspammen oder einfach nicht für alle Augen gedacht sind etc. Ich überlege meinen Account zu löschen. Ich möchte nicht bei allem, was ich mache 3 prüfen, ob es jetzt für alle Augen sichtbar ist, was es ja dann zu 90% ohnehin ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.