Heute fand in der Landesvertretung von Thüringen in Berlin die Tagung „Digitaler Verbraucherschutz“ statt. Gastgeber waren das „Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft“ und der Bundesdatenschutzbeauftragte.
Die Einladung stand lange aus, das gab auch Verbraucherministerin Renate Künast zu. Sie lud zum heutigen Donnerstag den Bundesbeauftragen für Datenschutz, Peter Schaar zu einer Veranstaltung über den „Gläsernen Kunden“ ein. Der Einladung sind über hundert Interessierte in die Landesvertretung Thüringens gefolgt.
Die Einführungsrede hielt Renate Künast, die fünf Thesen zum digitalen Verbraucherschutz vorstellte:
1) Der Datensammler des 21. Jahrhunderts ist nicht der Staat. Die Datensammler des 21. Jahrhunderts sind die Unternehmen. Die Zielgruppe sind nicht mehr Bürgerinnen und Bürger, sondern die Verbraucherinnen und Verbraucher. Und damit istd er Datenschutz in der digitalen Welt zu einer zentralen Frage der wirtschaftlichen Verbraucherpolitik geworden.
2) Sind Kundenkarten und RFID-Chip die „Tante Emma Läden“ des 21. Jahrhunderts?
3) Meine Daten gehören mir! Wahlfreiheit und Transparenz müssen sicher gestellt sein.
4) Daten dürfen nicht dazu missbraucht werden, gesellschaftliche Gräben zu ziehen. Keine moderne Gesellschaft kann sich ein „Redlining“ leisten
5) Neue Märkte brauchen Vertrauen. Digitaler Verbraucherschutz ist moderne Wirtschaftspolitik, die Vertrauen schafft und damit den Weg ebnet für Innovationen und Wachstum.
Renate Künast führt in ihrer Eröffnungsrede an, dass die Diskussion über den Datenschutz neu und umfassender weitergeührt werden muss. Sie schilderte bewusst nicht die Vision eines orwellsche Überwachungstaates, sondern führte an Hand einer fiktiven Pizzabestellung an, welche persönlichen Daten für den Kauf Im Gegensatz zu der Debatte zu Volkszählung in den 80er, müsse der Datenschutz vermehrt gegenüber Unternehmen und Betrieben gewahrt werden. Es würden heute täglich mehr Daten erhoben und verarbeitet, als 1983 erhoben wurden.
Im Netz ist jetzt auch die Rede von Renate Künast in voller Länge zu finden.
Danach sprach Peter Schaar. Er nannte einige Beispiele, wo personenbezogene Daten missbräuchlich verwendet wurden, wie z.B. den „Choice Point Fall“ in den USA. Dort gab es einen „Unfall“. Ein Mitarbeiter verwendete die Datenbanken für persönliche Zwecke und verkaufte viele hunderttausende Daten. Diese Daten wurden massenweise in zehntausender Mengen missbraucht, um mittels Identitätsdiebstahl Waren im Internet zu bestellen.
Er warf die Frage auf, welche technischen Vorkehrungen man treffen kann, bevor es überhaupt zu Identitätsdiebstahl kommt und erinnerte an die Grundprinzipien des Datenschutzes:
– Daten können erhoben werden, sofern es erforderlich ist (Kaufvertrag)
– Wenn Daten für Kaufabwicklung erhoben werden, jetzt für andere Zwecke verwendet werden, inkl. Weitergabe an Dritte für Marketingzwecke, dann ist das ein anderer Zweck als ursprünglich gewollt (Kaufvertrag). Im Regelfall ist dies nicht zulässig ohne Einweilligung. Und Einwilligung heisst, dass der Betroffene freiwillig entscheidet. Dafür muss man aber erstens wissen, was genau gemacht wird und zweitens muss die Wahlmöglichkeit vorhanden sein. Deswegen reicht es nicht, wenn bei Kundensystemen (Rabattsystemen) einfch nur „für Marketingzwecke“ steht.
Was kann man dagegen tun? Peter Schaar empfahl: „Seien es wachsam!“ Man müsste erkennen, dass die Datenschutz zweiteilung heute nicht mehr so funktioniert (konsumenten und datensammler). Auch Nutzer und Betroffene wachsen zusammen. Es geht vor dem Schutz des Nutzers selbst, wenn er im internet ist, Kundenkaten nutzt oder per Handy telefoniert. Alles muss transparent verlaufen und Technik muss weiterentwickelt werden, dass bei der Systemkonzeption darauf geachtet wird, dass der Nutzer nicht nachvollziehbar wird. Natürlich sei es laut Schaar zwar legitim, als Unternehmen zu fragen, ob eine Person kreditwürdig ist. Nur stellt sich die Frage, wie weit dabei gegangen werden darf. Inakzeptabel erscheint ihm, Kreditwürdigkeit und Zahlungsmodalitäten eines Kunden durch seinen sozialen Kontext, etwa den Durchschnittsgehalt oder die zugelassenen Autotypen in seiner Straße, zu bestimmen. Und „es liegt im Eigeninteresse der Wirtschaft, einen guten Datenschutz zu gewährleisten!
Und auch Schaars Redetext steht schon im Netz.
Anschliessend folgten noch Debatten zu Kundenrabattsystemen, RFID und Scoring-Systemen mit unterschiedlichen Refenten. Aber da war mein Akku dann zu Ende. Stefan Krempl von Heise war auch da und hat einen Artikel verfasst: „Der digitale Verbraucher: gläsern mit RFID, Kundenkarten und Scoring?“
Presseberichterstattung zu der Tagung:
Bundesregierung.de: Künast fordert digitalen Verbraucherschutz
Spiegel: Scharfe Kritik an Schily
N24: Künast fordert von Wirtschaft mehr Datenschutz
N24: SPD offen für Datenschutz-Pflicht bei Firmen
de.internet.com: Künast stützt Bundesdatenschützer im Streit mit Schily
Futurezone: Kundendaten-Verhaltenskodex gefordert
1 Ergänzungen
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