Will Steve Jobs Theora angreifen?

Gestern hat Steve Jobs einen Artikel über Flash veröffentlicht. Das hat mein Kollege Hugo Roy zum Anlass genommen, ihm heute Mittag einen offenen Brief zu schreiben.

Hugo weißt in dem offenen Brief Herrn Jobs auf Offene Standards hin und fragt warum Apple H.264 statt des Offenen Standards Theora umsetzen will:

May I remind you that H.264 is not an open standard? This video codec is covered by patents, and „vendors and commercial users of products which make use of H.264/AVC are expected to pay patent licensing royalties for the patented technology“ (ref). This is why Mozilla Firefox and Opera have not adopted this video codec for their HTML5 implementation, and decided to chose Theora as a sustainable and open alternative.

Steve Jobs Antwort per E-Mail lautet wie folgt (zumindest legen die E-Mail-Header der Nachricht nahe, dass die E-Mail von ihm ist):

All video codecs are covered by patents. A patent pool is being assembled to go after Theora and other „open source“ codecs now. Unfortunately, just because something is open source, it doesn’t mean or guarantee that it doesn’t infringe on others patents. An open standard is different from being royalty free or open source.

Dass Freie Software nicht vor dem Unsinn von Softwarepatenten geschützt ist wissen wir. Deshalb arbeitet die FSFE mit dem FFII und anderen Organisationen dafür, dass Softwarepatente weiterhin in Europa verhindert werden.

Aber weiß jemand von euch etwas von dem Patentpool, der sich formiert um Theora und andernen Freien-Software-Codecs den Garaus zu machen?

37 Ergänzungen

  1. Da gibt es auch ein Argument gegen, das man mal Steve Jobs zukommen lassen sollte:

    Nur dass es für H264 einen Patenthalter gibt, heißt nicht, dass es noch weitere unbekannte Patente gibt, die die H264-Nutzung bedrohen, selbst wenn man von den Haltern der bekannten Patente keine Bedrohung zu erwarten hat.

  2. Die Überschrift ist irreführend.

    Steve Jobs schreibt nur, dass er von der Vorbereitung eines Angriffs weiß, nicht, dass dieser Angriff von ihm ausgeht.

  3. Halte die Überschrift auch irreführend. Glaube kaum, dass SJ sich einen Schmutz um Theora schert. Mit missfällt bei der Debatte außerdem, dass H.264 qualitativ mit Theora auf einer Stufe gestellt wird, als wenn Apple (oder wer auch immer) bei der Auswahl der Codecs eine rein „politische“ Wahl zu treffen hätte.

  4. Sorry, aber Theora ist keine Alternative zu H.264. Theora liefert durch die Bank schlechtere Ergebnisse. Desweiteren ist H.264 einfach am weitesten verbreitet, dass haben bisher auch alle außer Mozilla eingesehen.

  5. Natürlich kann es da noch Untiefen geben, aber wer legt sich mit der ganzen MPEG-Gruppe an? Die Mitglieder selber schon mal gar nicht, und dies sind finanziell sogar in der Lage eine Niederlage auszugleichen.

    Wer will das bei Theora übernehmen?

    Natürlich wäre es nicht verkehrt, das den \Patenttrollen\ selber den Garaus zu machen. So lange das aber nicht Fall ist, kann man das ja nicht einfach ignorieren. Es wäre ja nicht das erste Mal, das Unternehmen ganze Frameworkwechsel (Opensource zu Opensource) machen, nur weil die Patenttrommel wirbelte..

  6. Verstehe ja, dass das Apple-Skandalmeldungen pageviews bringen, aber von netzpolitik.org erwarte ich etwas mehr als von 0815 Techblogs. Wenn ihr wirklich ueber Technologie berichten wollt, dann bitte fundiert und mit Hintergrundwissen.

  7. Denke, das Thema ist kompliziert, selbst wenn man sich eingehend damit auseinandersetzt.

    Wenn ich es recht verstanden habe geht es wohl um US-Patente, die Apple gehören. Neben dem MPEG4. Soweit ich mich an die Diskussion im letzten Jahr erinnern kann. Infos dazu hatte ich auch auf Hacker News gefunden.

    Ist halt Mixed was hier auf der Webseite angeboten wird. Nicht so knochentrocken wie auf anderen Seiten. Zudem sind die meisten Kommentare lesbar.

  8. Schaut mal was Microsoft heute vom Stapel gelassen hat ;)
    Die sind der selben Meinung über Flash wie Apple.
    Der IE 9 wird auch kein Flash sondern nur HTML5 wie das ipad haben ! Die Begründung ist die Selbe wie die von Steve Jobs.

  9. Ne, also das mit Theora wird wirklich nichts und ich wäre auch strikt gegen eine Adoption von diesem. Theora ist in jeder Beziehung ein Knallbonbon – qualitativ funktioniert er mal besser mal schlechter und patentbefreit ist er nur solange wie potentielle Patenthalter glauben, dass das nicht gewinnbringend ist sich sein Recht zu erstreiten – die Methoden, die hinter Videokodierverfahren stecken sind begrenzt und garantiert alle bereits in irgendeiner Form abgedeckt. Dann soll die Mozilla Foundation lieber eine Möglichkeit schaffen, dass der Endnutzer seine 2 EUR für nen H264-Decoder Plugin entrichtet und alle sind glücklich. Im Zweifelsfall also lieber die klar technisch bessere Lösung als eine Halblösung, die vielleicht sowieso hinterher Ärger bringt.

  10. @Gregor P.

    Ja, das Thema ist kompliziert. Deshalb und weil ich netzpolitik.org wegen seiner hervorragenden Informationen zur Netzpolitik schaetze, hat mich dieser Beitrag ja so geaergert.

    Und auch bei der Qualitaet der Kommentare stimme ich Dir zu – sie sind inklusive der Links in diesem Fall sogar viel besser als der Artikel ;-)

  11. @Hanno Zulla

    > Steve Jobs schreibt nur, dass er von
    > der Vorbereitung eines Angriffs weiß,
    > nicht, dass dieser Angriff von ihm ausgeht.

    Apple ist Mitglied der MPEG-LA, verdient an den H264-Patentlizenzen also selbst mit.

  12. Ich fürchte, Theora kann mit h264 nicht wirklich mithalten. Offene Standards sind im Laienbereich ganz nett, aber im Profibereich würde ich immer auf High Level setzen.

  13. Die Diskussion über „offene Standards“ ist in dem Zusammenhang eh irreführend. H.262 ist sowohl standardisiert als auch offen dokumentiert.
    Es fallen allerdings bei bestimmten Implementierungen Lizenzgebühren an, in Zukunft könnte dies noch ausgeweitet werden.

  14. Man darf ja nicht vergessen wofür Theora dann herhalten sollte.
    Eigentlich nur für WebVideos.
    Da sollte das mit seiner Qualität doch noch ohne Probleme mithalten können. Gerade bei HD scheint doch eher der Vorteil bei Theora zu liegen, was die Prozessorauslasstung angeht.
    Da Google mit der Unterstütztung des ARM Ports von Theora quasi bestätigt das Theora „patentfrei“ ist aus ihrer sicht, wird wohl die Ankündigung von Apple (in Person von Steve) ausschließlich auf den Kampf mit dem ungeliebten „Nachbarn“ Google ausgelegt sein.
    Das wird mal spannend, neben den Browser Wars gibts nun Company Wars. Also back to the roots :P
    Hmm… wobei eigentlich sieht es doch momentan so aus:
    Alle gegen Apple bzw. Apple gegen alle

  15. Zur Qualität: Theora1.2 (immer noch bitstreamkompatibel) wird nochmal deutlich besser als Theora1.1, welches zu h.264 deutlich aufgeholt hat im Vergleich zur ersten Version. Siehe die PNGs auf http://people.xiph.org/~greg/video/ptalarbvorm/
    (Theora 1.1: http://people.xiph.org/~greg/video/ptalarbvorm/parkrun_b_thusnelda.png — Theora 1.2-pre: http://people.xiph.org/~greg/video/ptalarbvorm/parkrun_b_ptalarbvorm.png )

    Theora war vor 4 Jahren eher bescheiden, aber es hat wesentlich mehr Potential zum aufholen gehabt, und dieses wird jetzt auch genutzt.

    Bei h.264 Codecs gibt es zwar auch kompatible Verbesserungen, die meisten Verbesserungen benötigen mittlerweile h.264-Funktionen, die nicht jeder Codec enthält. Da es soviele Einzelfunktionen in h.264 gibt (der nächste Link geht ein wenig darauf ein, wie sowas zustande kommt), hat man Profile definiert, damit es überhaupt erst einmal was gibt, womit man arbeiten kann..
    Schwache Geräte (zB die iPod/iPhone/iPad-Reihe) und eigentlich alle hardwarebeschleunigten Decoder bleiben beim Baseline-Profil, das nicht so wirklich viel hergibt (im Vergleich zu „supertollen“ h.264 Demovideos), weil einige fortgeschrittene Funktionen deaktiviert bleiben – auch, weil diese Funktionen zuviel Rechenleistung benötigen. Wenn Theora _damit_ konkurrieren kann (und das kann es mittlerweile), ist es für den Web-Bereich bestens geeignet.

    Für Datenaustausch zwischen Studios (bei immer noch akzeptabler Bandbreite) oder für Digitalkinos ist h.264 (mit allen seinen optionalen Features) vermutlich immer noch die bessere Wahl.

    Zu „mal 2EUR bezahlen, damit das Thema erledigt ist“: Die gängigen h.264-Codecs in Endbenutzersoftware enthalten keine Lizenz für Streaming, und selbst die Kodierung ist nur für „private Nutzung“, sogar bei Programmen wie „Final Cut Pro“, die schon im Namen suggerieren, dass man sie professionell (sprich: für Geld) einsetzen kann/soll.
    Für die kommerzielle Nutzung darf man dann schon wieder extra bezahlen.

    Es geht hier nicht nur darum, dass die Benutzer den Kram auch angucken können – mit h.264 ist langfristig sichergestellt, dass man für das Bereitstellen solcher Videos bezahlen muss.

    Zu Patenten: Es gibt Patente zu Theora, die On2 (jetzt Google) gehören. Für diese gibt es eine saubere Lizenz, sie sind also unkritisch.
    Patente von dritten, die auf Theora zutreffen, dürften bereits VP3 dessen Nachfolger bei On2 betreffen – zum Beispiel VP6, das jahrelang als „Flash Codec“ verwendet wurde, bevor h.264 eingesetzt wurde.
    Es hätte also schon mehr als genügend Gelegenheiten für Patentinhaber gegeben, mit den Patenten bei On2 (oder Adobe für Flash) abzukassieren.

    Zu Patentdrohungen: Diese haben mittlerweile schon Tradition. Vor 10 Jahren hat Thomson angekündigt, dass Vorbis (ebenfalls ein Xiph.org Codec) Patente aus dem MP3-Pool (der von Thomson verwaltet wurde) verletzt. Daraus ist nie etwas geworden, und das wurde auch nie irgendwie konkretisiert.
    Dieselbe Drohgebärde gibt es auch bei MPEG-4 und h.264 vs. Theora immer mal wieder – nun halt auch mal von Steve Jobs.
    Mal schauen, ob nach all den Jahren endlich mal was kommt. _Das_ wäre wirklich was Neues.

    Das hat aber ein Risiko für die Patentinhaber, da die Patente dann ggf. geprüft werden. Und das Risiko, dass der Codec evtl. mit wenig Aufwand und kompatiblem Bitstream angepasst werden kann, so dass das Patent keine Rolle mehr spielt. Und dann gibt es eine Drohkulisse weniger.

    Zu Patentdrohungen, Teil 2: Es gibt viele Möglichkeiten, einen Codec zu gestalten. Es ist einfacher, ein Patent präzise für ein bestimmtes Szenario zu schreiben (weniger Aufwand, weniger Risiko, dass das Patent bei der Prüfung abgelehnt wird, weil es allzu allgemein gehalten ist). Mehr dazu: http://lists.xiph.org/pipermail/theora/2010-April/003769.html

    Zu „alle Codecs enthalten patentierte Technologien“: MPEG-1 ist so alt, da dürfte es kaum noch Patente geben, die noch gelten.

    Zu IE9: Ein Theora-Codec auf Silverlight-basis, der video-tags mit Theora abgreift, ist in Arbeit. Der wird dann wohl in den meisten Internet-Explorern arbeiten können. Auch in den älteren, die eigentlich keinen video-tag können.
    Es gab auch mal die Idee, einen Theora-Decoder in Actionscript (Flash) zu schreiben. Damit wäre jeder Flashplayer Theora-fähig.
    In Java gibts das ja schon.

    Zu „Microsoft und Apple sind sich ausnahmsweise mal einig, also wird da schon was dran sein“: Beide sind im h.264-Patenthalterpool, von daher profitieren beide davon, wenn viele Leute h.264 benutzen und der Markt so aussieht, als gäbe es keine Alternative.

  16. Apple mag Flash doch auch nur nicht, damit Entwickler mehr exklusive Programme für ihre Plattformen produzieren.

    Unglaublich wie sich scheinbar fast das ganze Netz von dem Marketingmist dieser Firma blenden lässt.

  17. „Aber weiß jemand von euch etwas von dem Patentpool, der sich formiert um Theora und anderen Freien-Software-Codecs den Garaus zu machen?“

    Vielleicht heißt der Patentpool ja einfach Apple? Würde aber nicht erklären, warum sie auf H.264 setzen ;)

  18. 1. ist h264 eine Entwicklung, die Apple auch nur lizensiert. Und MPEG nicht Entwickler, sonder auch nur Lizenznehmer – allerdings hat die MPEG es in ihren Standard übernommen.
    2. H264 wurde unteranderem am HHI entwickelt.
    3. Zum anderen ist h264 wirklich hinsichtlich Effizienz kaum zu schlagen.
    4. Theora ist totaler Müll. Da können wir auch gleich wieder Windowsformate nutzen.

  19. compuserve hatte lange ein patent auf gif-dateien. dieses ist inzwischen abgelaufen, aber compuserve hat, soweit ich weiß, nie von jedem internetuser geld verlangt, wenn er selbstgenerierte gif-animationen veröffentlicht hat.

    normalerweise gab es immer eine lösung gegen patent-trolle und die opensource community hat sich fast immer vor gericht durchsetzen können.

  20. Ich weiß nur eins: Egal welcher Codec sich durchsetzen sollte, es sollte ein freier Codec sein. Alles andere wäre eine vermurkste Lösung und fern einem offenen Web.

  21. Wenn man die Probleme um die Video Codecs sieht mit H.264 und Ogg Theora, versteht man, warum Software-Patente der Weiterentwicklung des Webs schaden…
    Ich hoffe Googles WebM-Projekt mit VP8 ist endlich mal ein Lichtblick für HTML5 Medien-Elemente.

  22. @OpenProfiles:

    Anfang der 90er haben wir in San Francisco bei einem Straßenfest einen Stand der „Gay Macintosh User Group“ gesehen. Auf die Frage, was denn das eine mit dem anderen zu tun hätte, hiess es nur „keine Ahnung, ist aber so“… ;-)

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