In Belgien feiern CC-Aktivisten heute nicht nur die Anerkennung von Creative-Commons-Lizenzen in einem Präzedenzfall vor Gericht, sondern auch den Schadensersatz, den der Richter den Klägern zugesprochen hat.
In einem Werbespot für das Festival de Théâtre de Spa wurde ein unter CC-BY-NC-ND stehendes Lied der Gruppe Lichôdmapwa verwendet. Dabei wurden sowohl der NC-Teil (nichtkommerziell) als auch der BY-Teil (Namensnennung) verletzt. Die Musiker wurden auch nicht informiert und staunten wohl nicht schlecht, als sie den Spot sahen.
Die Veranstalter des Festivals brachten zu ihrer Verteidigung vor, man hätte die Lizenz auf dem Musikportal Dogmazic nicht erkennen können. Eine Ausrede mit wenig Substanz, denn Dogmazic kennzeichnet jeden Song sehr gut sichtbar.
Die Musiker verlangten 10.038€ Schadensersatz und beriefen sich auf den branchenüblichen Satz der belgischen Vereinigung von Komponisten. Dieser Logik folgte das Gericht allerdings nicht, und wies auf die nichtkommerzielle Ethik der Lizenz hin. Sich auf kommerzielle Vereinigungen zu berufen, empfand das Gericht in dem Zusammenhang als „paradox“ und urteilte auf 4.500€ für das Sextett.
Das Urteil in belgischer französischer Sprache gibt es auch auf scribd. Einen ähnlichen Fall gab es auch schon mit Adam Curry in Holland, der aber soweit ich das verstehe seine Kompensation nicht vom Gericht zugesprochen, sondern außergerichtlich bekommen hat. Er ließ sie übrigens an Warchild und STOP AIDS NOW! spenden.
Gesetzt den Fall, man hätte die CC-Lizenz tatsächlich nicht erkennen können – muss dann nicht eigentlich davon ausgegangen werden, dass der Inhalt (in diesem Falle das Lied) nicht frei nutzbar ist? Insofern ist die Argumentation doch gleich doppelt fadenscheinig.
nur ein kleiner kommentar am rande: eine „belgische“ sprache gibt es nicht. das urteil ist auf französisch, eine der drei offiziellen landessprachen in belgien, neben niederländisch/flämisch und deutsch.
kurz einige Anmerkungen:
– Dass die Rechteinhaber nicht gesondert informiert werden, ist erlaubt und normal bei Verwendung von CC-lizenzierten Inhalten (lizenzkonforme Nutzung dabei natürlich vorausgesetzt).
– Bei aller Mühe, die sich das Portal bei der Kennzeichnung gemacht hat, war die Benennung dort (in diesem Falle einer CCPL 2.5) nicht wirklich reine Lehre. Dennoch war allerdings erkennbar, was die Bedingungen sind.
– So wie ich es verstanden habe, haben die Kläger deutlich mehr gefordert, als die Regelsätze der SABAM.
– Die Ausführungen des Gerichts zur „NC-Ethik“ finde ich skandalös.
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Weil ich meine Werke nicht kostenlos für kommerzielle Sachen rausgeben will, bekomme ich weniger geld wenn ich das kommerziell vermarkte?
Sprich: Die Begründung warum das kommerziell weniger wert ist als wenn der Künstler es „normal“ verkauft ist dass der Künstler sich das Recht vorbehalten hat es zu vermarkten? o0
Naja, das ist halt das Risiko. Wahrscheinlich ist es billiger so. Wenn es keiner mitbekommt, kann auch keiner Geld einklagen. Bei geschickter (geographischer) Auswahl der Urheber dürfte es sicherer sein (bspw. südamerikanische Musiker in einem nordeuropäischen Werbespot oder so) und lohnen würde sich das in der Menge sicherlich.
Und nebenbei… die „belgische“ Sprache ist in diesem Fall ganz schnödes Französisch.
>Dieser Logik folgte das Gericht allerdings nicht, und wies auf die nichtkommerzielle Ethik der Lizenz hin.
Das ist recht absurd. Das ist so, als wenn ich eine Frau vergewaltige und dann sage: „Na gut, ich hab sie vergewaltigt, aber ich möchte Strafmilderung, denn sie war eine promiskuitive Schlampe, sie hat sich doch sowieso jedem für lau hingegeben.“
Danke an Dr. Azrael Tod und Marcus Buck.
@Katrin Karussell
gern geschehen… äh.. was eigentlich? :-)
4000 euro ist viel unkommerzieller als 10000, was? :D
Marcus Buck: Vergleiche mit Vergewaltigung, Hitler oder Tokio Hotel sind selten erhellend.
2. Versuch:
Was gibt es denn da bitte zu feiern?
1. Toller Pyrrhussieg – zwei Kulturschaffende (eine Band vs ein Theaterfestival) verklagen sich wegen einer Songnutzung?
2. Super, das Gericht sagt also, CC-Lizenzen sind weniger wert als andere Lizenzen.
3. Ist es auf der Website Dogmazic eben NICHT „deutlich sichtbar“ (oben im Player), stattdessen steht auf der Erklärungsseite „hören, ohne Einschränkungen, und vor allem zu teilen“.
4. Ist ja selbst Linus nicht ganz klar, unter welcher Lizenz der Song steht: „wurde ein unter CC-BY-NC (-ND?) stehendes Lied“
5. Zeigt das ganze, dass die CC-Lizenzen eine dringende Überarbeitung brauchen – so dermaßen unterschiedliche Lizenzen unter einem Namen zu promoten führt genau zu solch einer Verwirrung, insbesondere bei der Unklarkeit von ND und NC und der nicht-standardisierten BY-Behandlung.
6. Würde ich soweit gehen zu sagen, dass BY-NC-ND keine CC Lizenz sein sollte – das ist das Gegenteil von Commons!
@Berliner2: Die 6 Lizenztypen bestehen aus 4 verschiedenen Elementen und haben alle 1 Element gemeinsam, nämlich eine klar ausformulierte Nennung. Ich kann da keinen Auslöser für Verwirrung entdecken.
Aufgehoben gehört m.E. vielmehr die unnötige Trennung in Deed und eigentliche Lizenz, deretwegen die meisten meinen, die eigentliche Lizenz nie lesen zu müssen.
@Berliner2:
Schau mal auf der Seite der Band: Direkt unter jedem Titel steht die Lizenz.
Ansonsten wäre ich in der Angelegenheit der Meinung von #1 T.Illing
Es mag sein, dass es nicht „reine Lehre“ ist, aber es sit zumindest ausreichend gekennzeichnet, dass niemand behaupten kann, er habe es nicht bemerkt.
zu:
Richtig ist: CC-BY-NC-ND. Sieht man hier. Ich war mal so frei, den Artikel dahingehend zu korrigieren.
Ich sehe das Haupt-Problem ganz so wie John
@Linus
Es geht mir um Deine Einschätzung: „Eine Ausrede mit wenig Substanz, denn Dogmazic kennzeichnet jeden Song sehr gut sichtbar.“
Wenn man sich die Seite aber anschaut, sieht man, dass sie in ihrer ganzen Aufmachung eben nicht „gut sichtbar“ kennzeichnet – und das sie vor allem die dem Nicht-Laien bekannten Fallstricke der CC-Lizenzen nicht explizit genug erwähnt.
Im Detail:
Im Player steht nix davon, oben auf der Seite steht ein Fettes CC – das dann zur Erklärung führt, man könne die Sachen “hören, ohne Einschränkungen, und vor allem zu teilen”.
http://translate.google.com/translate?hl=de&ie=UTF-8&sl=auto&tl=de&u=http://www.dogmazic.net/Lichodmapwa&prev=_t&rurl=translate.google.de
Insofern das genaue Gegenteil von #1 T.Illing – Es ist eine Seite, die das Ziel des freien Weiterverteilens promoted – insofern ist die Annahme der Nichtnutzbarkeit absurd.
Aber in der Tat, unten steht ein nicht als Link erkennbarer Hinweis auf die Lizenz, Menschenlesbar das „Creative Commons“ nur den eingeweihten erkennbar die kryptische „by-nc-nd 2.5“-Abkürzung. WENN man checkt, dass das ein Link ist, dann kommt man auf eine mehr Infos Seite, die aber genau wieder zum erwähnten Problem führt:
Der Nicht-Experte checkt nicht, was nun ein „Abgeleitetes Werk“ ist, wo die „Kommerzielle Nutzung“ anfängt etc pp.
Und das ist auch das von mir oben erwähnte Problem mit CC generell – es deckt zu viele unterschiedliche Fälle ab, wird aber als „einfach nutzbar“ promoted.
Genau deswegen empfehle ich Künstlern, dass sie besser doppelt und dreifach prüfen, bevor sie „CC-Werke“ benutzen.
Ich finde das Verhalten der Band deswegen unseriös, wenn sie ein Theaterfestival für die Nutz.
@Berliner2
„Frei hören und frei teilen“ ist für mich immer noch etwas erheblich anderes, als „frei kommerziell nutzen“. Gerade eine kulturschaffende Institution sollte nicht der Mär aufsitzen, das Internet sei generelle „Public Domain“ und alles, was unter einer irgend gearteten CC-Lizenz steht sei automatisch kostenlos nutzbar.
Soviel Verantwortung muss gerade von einer Kulturinstitution erwartet werden. Wenn sie „freie“ Musik im Rahmen von CC-Lizensierungen nutzen wolllen, sollten sie sich auch umfassend genug mit dem rechtlichen Hintergrund jener Lizenzen auseinandersetzen.
Auch hier gilt: Unwissenheit schützt vor Schaden nicht.
@ Marcus Buck: Dein Vergleich ist nicht passend. So geht das:
Jemand vergewaltigt eine Frau und fordert dann Strafminderung, weil diese Frau bereits Geschlechtsverkehr hatte und somit den Geschlechtsverkehr mit ihm doch nicht überzeugend ablehnen könne. Das entspricht der Interpretation der Richter der CC-NC-Lizenz.
Ich habe mal eine Frage zu den Creative Commons: Kann ich für einen Film, den ich unter der CC-Lizenz BY-NC-ND veröffentlichen möchte, Musik verwenden, die BY-NC lizenziert ist?! Musik, die unter BY-NC-ND steht, kann ich ja nicht verwenden, da ich sie nicht bearbeiten darf… Und eigentlich muss ich das Ergebnis ja unter der gleichen Lizenz veröffentlichen?! Oder gibt es eine Kompabilität zwischen den beiden Lizenzen?
Ich hoffe ein CC-Profi hat für mich eine Antwort parat :)
Lg