Zahnpasta kann nicht zurück in Tube

Die Taz schreibt über die Kulturflatrate-Debatte: Zahnpasta kann nicht zurück in Tube.

Wie kann Vergütung für Kultur im Internet funktionieren? Das Modell einer Pauschale für den Download von Musik, Literatur und Film wirft viele Fragen auf.

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9 Ergänzungen

  1. Gibt es doch schon längst:
    – wir zahlen Verwerter-Abgaben auf Medien
    – wir zahlen Verwerter-Abgaben auf CD-Brenner
    – wir zahlen GEZ-Gebühren für Rechner
    – wir zahlen GEZ-Gebühren für Radio und Fernsehen
    – wir finanzieren Konzerte und Filme mit Steuergeldern über die Film- und Kulturförderung

    …nur man darf trotzdem nichts, und wenn das Ende des Urheberrechtsschutzes naht, werden die Fristen verlängert.

    Nehmen wir mal ein Beispiel: 1. Weltkrieg. Also Anno Aspach. Da gibt es ein masurisches Volkslied, dessen deutscher Text von Karl Pletzat 1917 besorgt wurde „Zogen einst fünf wilde Schwäne“. Lebzeiten des Herrn: 1882–1945. Rechnen wir also 70 Jahre drauf, und erst 2015, rund 100 Jahre nach der Entstehung, wäre der Text gemeinfrei, wenn nicht in den nächsten 6 Jahren die Politik anders entscheidet, zum Beispiel damit Hitler nicht gemeinfrei wird hahahahaha.

    Nehmen wir den nächsten: Ernst Jünger. 1920 verfasste er sein provozierendes Werk „In Stahlgewittern“. Jünger starb 1998 im 104 jährigen Alter. Mit 70 Jahren post mortem Urheberrechtsschutz wird das Buch also 2068 gemeinfrei, 174 Jahre nach der Geburt des Autors. Dann wäre ich selbst über 90.

    Man beachte, was so alles in der Zwischenzeit geschehen ist. Neulich haben wir ein uraltes Bank-Sparbuch gefunden aus Leipzig, das war ja in der Zone, ob ich da wohl mal vorbeigehen kann und die Goldmark meine Urgroßvaters abheben als rechtmässiger Erbe mitsamt Zinsen?

  2. @1, Andre:
    Gute Beispiele.
    Ich habe überhaupt nie verstanden, wieso die Lebensdaten des Autors irgendeine Relevanz für das Urheberrecht haben können.
    Wenn überhaupt, dann kann doch nur der Zeitpunkt zählen, an dem das Werk veröffentlicht wurde. Und dann X Jahre drauf, und fertig.

  3. @ R.A.

    Ich denke schon, dass es durchaus Sinn macht, die Lebensdaten des Künstlers in Betracht zu ziehen. Ein Patent bzw. Lizenz sind ja dazu da, dem Entwickler / Endecker eine Belohnung zu geben, dafür dass er etwas geschaffen hat – und viel mehr noch – ihm einen Anreiz zu geben, weiterhin auch diese Tätigkeiten durchzuführen. Wenn also ein Musikstück nicht nur 3 Monate in den Charts verbringt, sondern auch noch Jahre danach immer wieder gecovert wird, dann ist es wirklich gut – und der Künstler sollte auch etwas davon abbekommen. Eine Tod+70 Variante finde ich aus diesem Grund auch wenig nachvollziehbar.

    Ich finde es zumindest super, dass weiterhin Druck aufgebaut wird und die Debatte über ein alternatives Bezahlungsmodell geführt wird. Der Erfolg von iTunes zeigt ja durchaus, dass es Menschen gibt (und nicht wenige), die möchten dass der Künstler für seine Arbeit honoriert wird. Das Problem liegt eher darin, dass (1) die meisten Leute nicht sehen, dass die Mehrheit des Geldes dort auch wirklich ankommt oder (2) die Höhe des fixen Betrags nicht der Leistung entspricht. An diesen Punkten sollte man eher ansetzen.

  4. Auf die MI bezogen

    „und der Künstler sollte auch etwas davon abbekommen.“

    Richtig, der Künstler – nicht seine Erben und nicht die Musikindustrie.

    Also folgende Maßnahmen:
    – Alle Rechte an musikalischen Werken bleiben auf Lebenszeit beim Künstler, danach werden die Werke gemeinfrei
    – Die Musikindustrie kann vom Künstler die Rechte zum Verkauf seiner Musik für x Jahre mieten – Miete abhängig von Einnahmen/Gewinn
    – Verwertungsgesellschaften werden komplett überarbeitet: Jeder Künstler bekommt 90% der Einnahmen, die er generiert, 10% sind Gebühr; auf Konzerte des Künstlers fallen keine GEMA(etc)-Gebühren an – der Künstler kann mit dem Veranstalter regeln, wie viel Geld er bekommt

    um Ergänzungen wird gebeten

  5. Und zur Kulturflatrate:

    Wie gesagt, bezahlen wir doch schon längst. Dann lieber ein Portal über das man auf qualitativ hochwertige, nich kopiergeschützte Inhalte zugreifen kann – Musik, Filme, Serien, Spiele, Bilder. Meinetwegen für den Einzelmedienzugang (also nur Musik oder nur Film…) je 5€ und für Zugriff auf alles 20€ im Monat.

    Und evtl Zuschläge bei übermäßiger Nutzung (mehr als 100, 200, 500GB Download je Monat – Streaming keinen Kostenaufschlag)

    So würde nicht wieder jeder für die Möglichkeit etwas zu tun bezahlen müssen, sondern nur die, die es auch Nutzen.

  6. Dann möchte ich dazu gerne noch einmal auf die ökonomische Forschung verweisen bzgl optimaler Urheberrechtsschutz. Mein Bekannter Pollock von der Universität Cambridge gilt als Experte in meiner Wissenschaft und kommt auf optimale Schutzdauern um die 15 Jahre:

    http://rufuspollock.org/economics/papers/optimal_copyright_over_time.pdf

    —-

    Wohlgemerkt, die Urheberschutzdauer steht ja derzeit gar nicht zur Debatte. Zum Teil ist sie durch internationale Verträge festgezurrt. Was aber recht schlimm ist: wie neue Medien und Künstler durch alte, ungeklärte Rechte an der Entfaltung gehindert werden. Prominentes Beispiel ist wohl der Filmprojekt-Pechvogel Orson Welles.

    Also ungeklärte Rechte, drakonische neue Durchsetzungsinstrumente usw. Das amerikanische Urheberrecht und Abmahnrecht ist relativ flexibel. Ein Dienst wie Youtube hätte in Deutschland gar nicht erst in seine heutige Bedeutung wachsen können, weil schon vorher abmahnwütige Anwälte und Rechtsdurchsetzer das Videoportal totprozessiert hätten. Oder nimm Podcasting. Da hat die GEMA so eine progressive Preisgestaltung, dass du ausser Creative Commons gar nichts anderes nutzen solltest, wenn Du nicht vollkommen behämmert bist. Prohibitive Rechtsrisiken und besitzstandswahrende Lizenzierungssysteme.

    Der derzeitige politisiche Druck geht klar in Richtung einer Verschärfung bei den Urheberrechten, also mehr Risiken, mehr Einschränkungen usw.

  7. @I3git:

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    Mhm. Also, wenn jemand ein Haus baut, dann können die Erben das erhalten. Wenn jemand eine Firma gründet, kann er die vererben. Malt jemand Bilder, können seine Erben die erhalten. Warum soll das nun ausgerechnet bei Musikschaffenden nicht gelten?

    <>

    Also so eine Art Vertrag, nachdem ein Unternehmen das Recht erwirbt, Werke des Künstlers zu vertreiben, während das Urheberrecht am Werk selbst beim Künstler verbleibt?
    Dazu ist keinerlei Veränderung des Urheberrechts notwendig. Es sind nur Verwertungsrechte verkaufbar. Zu welchen Bedingungen dies geschieht, ist ganz allein Sache der Vertragspartner.

    <>

    Schwieriges Feld. Bei der GEMA liegt einiges im Argen, eine komplette Neubearbeitung tut da wirklich Not. Ich habe nur wenig Hoffnung, daß die Kreativen da gegen die Lobby der unterhaltungsindustrie durchkommt und einen großen politischen Willen, gegen die Lobby Veränderungen durchzusetzen, sehe ich nicht. Vielleicht hilft da noch ein wenig Druck aus der Öffentlichkeit. Prinzipiell sind die VG aber eine gute Sache.
    Die Sache mit den Konzerten hätte aber noch einen Haken: Die GEMA-Gebühren, wie gesagt, unabhängig davon, daß es so, wie es jetzt ist, nicht weiter gehen kann, sichern ja die Originalkünstler vor Coverbands. Erfindungen wie die Hermes House Band, deren Modell ja auf dem Erfolg und der kreativen Leistung anderer beruht, zahlen vollkommen zu Recht einen Großteil ihrer Einnahmen.

    So, zum Schluß noch eine Sache, die mir ein wenig zu kurz kommt:
    Bei allen Fehlern, die die Verwertungsindustrien machen, sie zahlen immerhin auch erkleckliche Summen in die KSK – und ohne die, dessen seid versichert, wäre es einer erheblichen Zahl an Künstlern überhaupt nicht mehr möglich, als Künstler zu arbeiten. Es ist ja keineswegs so, daß immer nur „wir“ zahlen. ;)

    1. @Gachmuret
      Firmen und Bilder sind materielle Werte. Ein Bild kann immer nur bei einer Person an der Wand hängen bzw im Museum. Firmen sind als Vergleich extrem schlecht geeignet, da sie aus einem ganz anderen Feld kommen. Der Erbe kann die Struktur erheblich verändern oder erweitern und trotzdem ist es noch die selbe Firma. Wenn man das aber bei einem Musikstück macht, kommt ein ganz neues Werk zustande.

      Warum werden dann Filesharer & Raubmordkopierer wegen „Urheberrechtsverletzung“ angeklagt? Sie verletzen vielleicht die Verwertungsrechte, aber doch nicht das Urheberrecht, so lange sie nicht behaupten, dass betreffende Musik von ihnen kommt.
      Das Problem ist, dass diese Verträge so gut wie immer zum Nachteil des Künstlers gereichen, sie intransparent und schwer/nicht wirklich kündbar sind. Wenn man sie nur Mieten(incl. Kündigungsschutz 3 Monate oder sowas in die Richtung) könnte wäre dies durchaus zum Vorteil des Künstlers.

      Ich habe auch kein Problem damit, das fürs Covern von Liedern Gebühren hermüssen, die sollten dann aber die Bands bezahlen und nicht die Veranstalter, die ja schon die Bands bezahlen. Und auch hier könnte man wieder prozentuale Anteile an der Gage fordern.
      Bei „Musik aus der Dose“ sieht die Sache natürlich anders aus. Allerdings sollte auch hier die Möglichkeit gegeben sein, wenn nur Musik von 2 Künstlern gespielt wird, dass diese dann auch die Einnahmen bekommen. – Dann würden diese nämlich auch von der Qualität abhängen.

      Wenn die Künstler auch ordentlich an den Einnahmen, die sie generieren beteiligt werden, bräuchte man die KSK gar nicht. Und wieso müssen Künstler immer von ihrer Musik leben können? Sie können auch so lange nebenbei Musik machen, wie sie benötigen um sich komplett über Konzerte und Musikverkäufe zu finanzieren. Wenn sie gut sind, ist dieser Zeitraum nicht allzu groß, wenn sie es nicht sind – warum sollten sie dann von ihrer Musik leben können?

      Es sollte dann allerdings auch ein Portal geben, wo die Künstler sich vorstellen und ihre Musik präsentieren können, um bekannter zu werden. So alà Jamendo. Nach einer gewissen Berichterstattung wäre auch die Community bei weitem groß genug um für eine schnelle Verbreitung guter Musik zu sorgen.

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