Nicht nur in Deutschland wurde über eine Erneuerung des Urheberrechts abgestimmt: In Frankreich wurde heute ohne weitere Änderung der häufig geänderte Gesetzesentwurf durchs Parlament verabschiedet, im Mai muss das Oberhaus darüber entscheiden. Die Opposition, voran die Sozialisten, haben den Entwurf heftig kritisiert und kündigten an es auf den Prüfstand zu stellen, sollte sie nach den Wahlen im kommenden Jahr die Macht übernehmen.
Der Entwurf sieht vor, dass Anbieter digitaler Musik dafür sorgen müssen, dass diese auch auf allen Plattformen abspielbar ist – selbst auf solchen, die keinen Kopierschutz unterstützen. Die französische Regierung befindet, dass es jedem Nutzer möglich sein muss, Musik auf jede beliebige Art abzuspielen. „Ein Verbraucher, der ein Werk legal erworben hat, muss es auf jedem beliebigen Gerät abspielen können“, so der französische Kulturminister. Sollte die Technik dem Nutzer ein Schnippchen schlagen, so kann sich dieser an ein Gremium wenden, welches sein Anliegen überprüft. Dieses zwingt gegeben falls den Anbieter dazu eine technische Möglichkeit zu schaffen, die gekaufte Musik auch auf andere Art abspielen zu können. Wie arbeitsfähig das Gremium ist, wenn sich Millionen von Betroffenen dort melden muss sich in der Realität zeigen.
Um zu bestimmen, wie viele Privatkopien erlaubt sind, wird in dem Entwurf ein Mediationskomitee einberufen, welches über die Anzahl entscheidet. Es kann sich auch dafür entscheiden, dass keine Privatkopien möglich sind und damit da Recht auf Privatkopie in Frankreich abschaffen.
Die Abschwächung von Kopierschutzsystemen steht mehr unter dem Vorzeichen der Interoperabilität, als dem Recht auf Privatkopie. Denn wer Kopierschutzmaßnahmen in Frankreich umgeht, macht sich nun auch dort nach dem Entwurf strafbar. Stefan Krempl schreibt dazu im heise newsticker:
Auch über die Folgen eines mit verabschiedeten Änderungsantrags, für den sich vor allem Firmen wie der Mediengigant Vivendi Universal stark machten, rätseln Beobachter noch. Ihm zufolge soll mit bis zu drei Jahren Haft und Geldstrafe von bis zu 300.000 Euro belegt werden, wer „wissentlich“ und öffentlich Software verbreitet, die „offensichtlich darauf ausgerichtet ist“, den unautorisierten Zugang zu geschützten Werken oder anderen Objekten zu gestatten. […]
Konkret gegen Filesharer richtet sich ein ebenfalls beschlossener abgestufter Strafkatalog. Es sieht für Privatleute, die Musik nur zum Eigenbedarf herunterladen, ein anfängliches Bußgeld von 38 Euro vor. Die Strafen erhöhen sich beim stärkeren Konsum an sich kopiergeschützter Werke aus Tauschbörsen immer weiter. Wer Nutzer in großem Stil zum illegalen Treiben in P2P-Netzen anleitet oder Raubkopien gewerblich unters Volk bringt, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 300.000 Euro und zwei Jahren Gefängnis rechnen.
Widersprüchlich: Die Interoperabilitätsklausel soll explizit das Dekompilieren von DRM-Software ermöglichen – aber die Umgehung von DRM ist verboten.
Unsere erste Einschätzung: Drüben gibt’s damit schon mal ein bisschen mehr Liberalität, als hier. Aber den heutigen gesellschaftlichen Realitäten trägt auch der französische Entwurf nicht Rechnung – oder warum muss für die Umgehung eines Kopierschutzes, um Privatkopien zu erstellen, individuell ein Gremium entscheiden?
Mittlerweile liegt auch eine erste Stellungnahme von Apple vor. Heise druckt die entsprechende dpa-Meldung ab. Das Unternehmen ist als weltweit führender Online-Musikhändler von der Interoperabilitätsklausel am meisten betroffen, denn danach müssen via iTunes gekaufte Songs auch auf MP3-Playern der Konkurrenz abgespielt werden können. „Die französische Umsetzung der EU-Direktiven wird zu staatlich geförderter Piraterie führen“, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg eine Stellungnahme des Unternehmens.
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