Letzte GenerationGericht weist Journalisten-Beschwerden wegen abgehörten Pressetelefons zurück

Der Streit um das abgehörte Pressetelefon der Letzten Generation geht weiter. Ein Münchner Landgericht wies eine Beschwerde gegen die Abhörmaßnahme von zwei Journalisten zurück, die deshalb nun weitere Schritte prüfen.

Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation bringen Tempo-100-Schilder zum Verkehrsministerium.
Straßenproteste und öffentlichkeitswirksame Aktionen zeichnen die Letzte Generation aus. CC-BY 2.0 Stefan Müller

Ab Oktober 2022 bis April 2023 hatte die bayerische Polizei mehrere Telefone der Gruppe Letzte Generation abgehört. Darunter war auch das offizielle Pressetelefon der Klima-Aktivist*innen. Dementsprechend betrafen die Abhörmaßnahmen auch Medienschaffende, die sich mit ihren Fragen an die Letzte Generation wandten.

Gegen diesen Eingriff in die Pressefreiheit wehrten sich unter anderem Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gemeinsam mit betroffenen Journalisten. Im November 2023 bestätigte das Amtsgericht München die Maßnahme als rechtmäßig. Jörg Poppendieck vom RBB und Jan Heidtmann von der SZ beschwerten sich daraufhin gemeinsam mit den beiden Organisationen beim Landgericht München I. Nun wies auch diese Instanz die Beschwerden zurück.

Die Niederlage empört die Beschwerdekoordinatoren. „Journalist*innen müssen gerade auch bei Recherchen zu kontroversen Protestformen vertrauliche Gespräche führen können, ohne damit rechnen zu müssen, dass die Sicherheitsbehörden mithören“, so der Jurist Benjamin Lück von der GFF. Der Eingriff in Fernmeldegeheimnis und Pressefreiheit sei hier nicht gerechtfertigt.

Pressefreiheit unzureichend berücksichtigt

Schon zuvor war kritisiert worden, dass gerade die Pressefreiheit bei der ursprünglichen Anordnung nicht erwähnt worden sei. „Die Pressefreiheit und in diesem Fall das Fernmeldegeheimnis hätten daher bei den strafrechtlichen Ermittlungen schon vom Amtsgericht unbedingt besonders berücksichtigt werden müssen“, so Nicola Bier von RSF. Nun habe das Landgericht München I die Abhörmaßnahme immerhin als einen tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit bezeichnet, sie aber dennoch als verhältnismäßig eingestuft. Die Beschwerdeführer prüfen nun gemeinsam mit GFF und RSF weitere rechtliche Schritte.

Neben den Beschwerdeführern von GFF und RSF war auch der Bayerische Journalistenverband gegen die Abhörmaßnahme vorgegangen. Journalist*innen haben bei Abhörmaßnahmen eigentlich einen besonderen Schutz. Sie dürfen bei ihrer beruflichen Tätigkeit nur dann abgehört werden, wenn es um Straftaten von erheblicher Bedeutung geht. Zwar wurden nicht die betroffenen Medienschaffenden direkt abgehört, durch das Abhören des Pressetelefons war jedoch klar, dass viele Journalist*innen zu den Betroffenen der Maßnahme gehören würden.

Bei den Ermittlungsmaßnahmen ging es um den Anfangsverdacht, die Letzte Generation habe eine kriminelle Vereinigung gebildet. Ob ein solcher Anfangsverdacht berechtigt ist, wird unterschiedlich ausgelegt. In Berlin etwa wurde dies verneint, das Amtsgericht München oder die Staatsanwaltschaft Neuruppin sehen dies anders. Mehrere Rechtsfachleute kritisierten diese Einschätzung.

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