Smex und Dawn beschuldigen die saudische Regierung in einem gemeinsamen Bericht, mit Hilfe von Administratoren die Plattform Wikipedia infiltriert zu haben. Auf diese Weise habe Riad versucht, Inhalte über politisch Inhaftierte in Saudi-Arabien zu manipulieren. Dawn hat seinen Sitz in Washington, D.C. und wurde von dem im Jahr 2018 ermordeten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi gegründet. Die libanesische NGO Smex setzt sich für digitale Rechte in der arabischen Welt ein.
In ihrem Bericht berufen sich die Organisationen auf „Interviews mit unternehmensnahen Quellen“ sowie auf Gespräche mit zwei inhaftierten ehemaligen Administratoren. Die beiden Admins hatten saudische Gerichte bereits Ende 2020 zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Laut Gericht hätten sie regierungskritische Informationen über die staatliche Verfolgung von Regimegegner:innen veröffentlicht. Die Administratoren wurden zu Haftzeiten von 32 bzw. 8 Jahren verurteilt.
Plattformverweis wegen „Interessenskonflikten“
Die Vorwürfe an die saudische Regierung knüpfen an eine Untersuchung der Wikimedia Foundation an. Die Stiftung ist Eigentümerin des Internetportals Wikipedia. Anlass der Untersuchung waren laut Wikimedia „mutmaßliche Interessenskonflikte […] in der MENA-Region“. Nach Abschluss der Untersuchung wurden im vergangenen Dezember 16 Wikipedia-Nutzer:innen aufgrund von „Interessenskonflikten“ lebenslang der Plattform verwiesen. Als Begründung gab Wikimedia an, sie hätten „enge Verbindungen zu externen Parteien“ gepflegt und das Ziel verfolgt, deren Interessen auf Wikipedia zu unterstützen.
Die Wikimedia Foundation widerspricht laut Medienberichten der Behauptung, wonach Wikipedia explizit von der saudischen Regierung infiltriert worden sei. Prüfen lässt sich dies nicht, da die Stiftung die detaillierten Ergebnisse ihrer Untersuchung bislang nicht veröffentlicht hat. Ebendies fordern Smex und Dawn in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.
Die Beiträge auf Wikipedia werden von Freiwilligen erstellt und bearbeitet. Die Editor:innen sind nicht bei der Wikimedia Foundation angestellt, sondern arbeiten in der Regel ehrenamtlich. Administrator:innen verfügen im Vergleich zu ihnen über mehr Rechte: Sie können unter anderem Autor:innen oder bestimmte Artikel für die weitere Bearbeitung sperren.
Die saudische Regierung hat mutmaßlich nicht nur Wikipedia ins Visier genommen. Erst im vergangenen Dezember wurde ein ehemaliger Twitter-Manager in den USA zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er soll im Auftrag Riads Daten von Regimekritiker:innen ausspioniert haben.
Update, 6. Januar: Artikel um weitere Informationen ergänzt.
Fast wie PR-Unternehmen. Schlimm diese modernen Überwacher und Modifizierer!
PR-Agenturen sperren weder unbequeme Leute weg noch bringen sie unliebsame Leute um. Das saudische Herrscherhaus hat bei beidem keinerlei Skrupel oder Scham.
Da hat eine interne Kontrolle bei wikimedia also funktioniert?